Das kurze Leben der Sophie Scholl

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Ich glaube es zu gerne, daß Du mir, wenn wir auf weltanschauliche, und davon schlecht zu trennen, politische Gespräche kommen, nur aus Opposition widersprichst. Ich kenne dies, man tut es sehr gerne. Aber ich habe nie aus Opposition gesprochen, wie Du vielleicht auch heimlich glaubst, im Gegenteil, ich nahm unbewußt immer noch etwas Rücksicht auf Deinen Beruf, in dem Du gebunden bist, der es vielleicht auch letzten Endes ausmacht, saß Du diese Dinge vorsichtiger wägst, vielleicht auch Zugeständnisse machst, hierhin und dorthin.
Ich kann es mir nicht vorstellen, daß man etwa zusammenleben kann, wenn man in solchen Fragen verschiedener Ansicht oder doch zumindest verschiedenen Wirkens ist.
Der Mensch soll ja nicht, weil alle Dinge zwiespältig sind, deshalb auch zwiespältig sein. Diese Meinung trifft man aber immer und überall. Weil wir hineingestellt sind in diese zwiespältige Welt, deshalb müssen wir gehorchen. Und seltsamerweise findet man diese ganz und gar unchristliche Anschauung gerade bei den sogenannten Christen.
Wie könnte man da von einem Schicksal erwarten, daß es einer gerechten Sache den Sieg gebe, da sich kaum einer findet, der sich ungeteilt einer gerechten Sache opfert. Ich muß hier an eine Geschichte des Alten Testaments denken, wo Mose Tag und Nacht, zu jeder Stunde, seine Arme zum Gebet erhob, um von Gott den Sieg zu erbitten. Und sobald er einmal seine Arme senkte, wandte sich die Gunst von seinem kämpfenden Volk ab. Ob es wohl heute noch Menschen gibt, die nicht müde werden, ihr ganzes Denken und Wollen auf eines ungeteilt zu richten? Ich möchte mich damit jedoch nicht auf die Seite stellen, die einfältigen Sinnes ist in der wahren Bedeutung des Wortes. Ich kenne kaum eine Stunde, in der nicht einer meiner Gedanken abschweift. Und nur in einem einzigen Bruchteil meiner Handlungen tue ich, was ich für richtig halte. Oft graut es mir vor diesen Handlungen, die über mir zusammenwachsen wir dunkle Berge, so daß ich mir nichts anderes wünsche als Nicht-Sein, oder als nur eine Ackerkrume zu sein, oder ein Stückchen einer Baumrinde. Aber schon dieser oft überwältigende Wunsch ist wieder schlecht, denn er entspringt ja nur der Müdigkeit.
Die Müdigkeit, sie ist das größte, was ich besitze. Ihretwegen schweige ich, da ich reden sollte, da ich Dir bekennen sollte, was uns beide angeht. Ich verschiebe es auf später. Ach, ich wünschte, eine Zeitlang auf einer Insel zu leben, wo ich tun und sagen darf, was ich möchte und nicht immer Geduld haben muß, unabsehbar lange. ~Sophie Scholl zu Fritz Hartnagel.

Ja Hey also falls sich viele Fragen, wieso ich daß anstatt dass geschrieben habe, liegt es daran, dass das Buch von 1986 ist und man da halt noch so geschrieben hat! Also bitte nicht wundern ^^

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