EINS

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Kren drückte die breite Taste, die mit ﭺ beschriftet war.
Nichts geschah.
Widerwillig ließ er den Verschluss seines Sicherheitsgurtes aufschnappen und segelte langsam nach oben.
„Mist!", jammerte er, „Auch das noch!"
Die künstliche Schwerkraft war ausgefallen. Nun würde er sich an der Notreling entlang zur Schleuse hangeln müssen.

Langsam breitete er die Arme aus und klatschte dann die Hände über seinem Kopf zusammen.
Der Impuls trieb ihn seinem Pilotensessel entgegen, den er schnell ergriff. Nun hatte er eine sichere Startposition. Kren schnaufte zufrieden.

Der Anfang der Reling war rechts vom Sessel an der Wand befestigt und sie führte durch den gesamten Gleiter. 'Ariadnes Faden' nannten sie die Piloten scherzhaft.
Kren griff nach der Stange , sicherte seinen Halt und begann, den Handlauf entlang zu hangeln. Er musste die Schleuse beim Reaktorraum erreichen. von dort aus konnte er nach draußen gelangen, um die defekte Steuerdüse reaktivieren zu können. Genau diese hätte der Tastendruck zünden sollen.

Gelang ihm das nicht, war er verloren. Mit dem Langstreckentriebwerk ließen sich keine Feinkorrekturen durchführen. Selbst wenn er den Antimaterieblaster nur für einige wenige Nanosekunden hätte einschalten können, wäre der Schub unkalkulierbar.
Auch rein technisch bestand keine Möglichkeit, denn die Steuerung des Haupttriebwerks war nicht für Ultrakurzzeit-Aktivierung konzipiert. Es gab nur ein 'EIN' oder ein 'AUS'. Der Rest wurde über Ausstoßrichtung und Steuerfelder kontrolliert.

Kren hangelte durch den Tunnel, den Fußboden im Rücken. Wichtig war allein, die Steuerdüse flott zu bekommen. Misslang das, würde er sein Ziel verfehlen und ewig durch das All treiben.
Hinter der nächsten Biegung musste die Schleuse liegen. Ihm blieben maximal sieben Minuten zur Korrektur. Anschließend wäre die Kursabweichung so groß, dass die Steuerdüse nicht ausreichen würde, sie zu korrigieren. Er wäre verloren, auf Hilfe von einem anderen Schiff angewiesen.

Zu alledem bekam er nun auch noch Kopfschmerzen. Das konnte er sich jetzt nicht leisten. Sein Skaphander verfügte über eine Einrichtung, mit deren Hilfe man sich verschiedene Medikamente injizieren konnte. Er wählte ein leichtes Schmerzmittel und spürte den Stich der Nadel im Oberschenkel. Das Serum wirkte sofort, unterdrückte das Hämmern in seinem Hirn.

Endlich gelangte er zu dem Kombinationsschloss, das die innere Schleusentür öffnen musste. Er gab die Kennzahl ein.
Genau in Augenhöhe leuchtete plötzlich ein Signal auf.
|Schleuse belegt. Keine Dekompression möglich. Override?|
Was sollte denn das bedeuten? Außer ihm befand sich niemand an Bord! 'Schleuse belegt' konnte nur heißen, es befand sich bereits etwas oder jemand in der Kammer.

Mit fliegenden Fingern erteilte Kren den Befehl zur Anzeige der Innenansicht.
Als sich der Monitor erhellte, fuhr der Pilot erschreckt zurück. In der Dekompressionskammer schwebte eine Art rotpelziges Wesen, etwa katzengroß, mit kleinen runden Ohren.
Das Ding schien zu schlafen.
Mit einiger Mühe gewann der Astronaut die Fassung wieder und dachte nach.
Wie kam das Ding in die Schleuse? Der Bordrechner hatte ihm keinerlei Aktivitäten gezeigt.

Was konnte man tun? Das Wesen konnte unbekannte Erreger einschleppen, ließe er es in das Innere. Es konnte gefährlich sein, es konnte ... einfach krepieren, wenn er etwas falsch machte.
Kren begann, einen Extraktionsplan zu schmieden. Er würde einen Hermetic-Container kommen lassen, das Viech hinein bugsieren und es dann in die Krankenstation befördern.
Was aber, wenn es intelligent war?
Daran mochte Kren nicht denken. Es galt das strenge Verbot, intelligente Rassen in irgendwelche Behälter zu sperren. Also musste er vorher eine Kontaktaufnahme versuchen.
Schweiß bildete kleine Perlen auf der Stirn, so viele Gedanken stürmten auf ihn ein.

* * *

Zrrgll war hoch konzentriert. Ganz plötzlich war ein Bewusstsein in seinem Perzeptionsbereich aufgetaucht. Es nahm Unsicherheit wahr, ein wenig Erschöpfung, vielleicht?
Vorsichtig streckte es seine mentalen Fühler aus, erfasste das Wesen und analysierte seine Bewusstseinszentren.
Wie in einem Zeitraffer-Film liefen Erinnerungen und Emotionen ab.
Da gab es ein pelziges Wesen, dem sein Exemplar offenbar sehr zugetan war. Schnell nahm Zrrgll eine Gestalt an, von der es meinte, sie sähe dem Partner des Wesens ähnlich.

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