Kapitel 2 - Von Salbeibonbons und Schmuckschatullen

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"Komm schon, Mari!"

"Nein."

"Bitteee!"

"Nein."

"Maaaariiiiiii!"

"Nein, Nici! Du weißt, dass ich Tanzen hasse. Wieso sollte ich dann auf eine Party in einem Club?"

"Weil es Spaß macht? Komm schon, jeder wird heute Abend da sein. Wirklich jeder! Das wird die größte Party des Jahres!", quietscht sie aufgeregt.

"Das macht es nicht besser", entgegne ich genervt. Schnell wende ich mich ab und gebe vor, etwas auf dem Boden zu suchen. Ich will nicht, dass Nici mein Gesicht sieht.

Jeder wird da sein.

Also auch Ahrend.

Eine Begegnung mit dem fehlt mir jetzt gerade noch. Mein Leben zieht mich gerade sowieso total runter, da muss ich es nicht auch noch drauf anlegen, meine große Liebe zu treffen.

Meine unglückliche große Liebe, wohlgemerkt. Nein danke, ich verzichte.

Als ich mich wieder umdrehe, sehe ich, dass Nicole, meine Freundin, mich mitleidig anschaut.

"Ahrend?", fragt sie und sticht mir erbarmungslos mitten ins Herz. Schon allein seinen Namen zu hören tut weh. Mein Gesichtsausdruck verrät meine Gefühle wohl, denn Nicole seufzt und legt mir ihre Hände auf die Schultern.

"Du musst ihn endlich vergessen. Es ist jetzt was, zwei Jahre?, her, dass du ihm deine Gefühle gestanden hast, langsam solltest du mal drüber wegkommen."

Jedes Wort schneidet mir in die Brust, schlitzt mein Herz auf und zerfetzt meine Lunge. So fühlt es sich jedenfalls an.
Ja, es ist zwei Jahre her. Ja, jeder normale Mensch hätte die Sache längst vergessen. Aber ich kann es nicht vergessen. Ich liebe ihn immer noch, und das weiß Nicole ganz genau.

"Mariella", spricht sie mich mit meinem vollen Namen an. "Das kann so nicht weitergehen. Es ist mir klar, dass du dein Leben grade scheiße findest. Ich weiß, dass bei dir daheim nicht alles rund läuft, hast du das vergessen?"

Wie denn, du erinnerst mich doch regelmäßig daran. Dabei habe ich ihr noch gar nicht von dem Baby erzählt. Ich weiß nicht warum, irgendwie hat sich in den letzten zwei Wochen nie eine passende Gelegenheit ergeben.

"Aber du kannst nicht ständig einen auf miesepetrig machen. Das machen wir anderen doch auch nicht, auch wenn bei uns auch mal was daneben geht."

Wie bitte?

"Einen auf miesepetrig machen?", herrsche ich sie an. "Wie würdest du denn reagieren, wenn dich erst die Liebe deines Lebens allerhöchstpersönlich abserviert, du dann eine neue Mutter vor die Nase gesetzt bekommst, die du nicht ausstehen kannst, die dein Vater aber trotzdem heiratet, weil es ihm plötzlich scheißegal ist, wie's dir geht und sich nur noch einen Scheißdreck um dich kümmert, du dann zusehen musst, wie sich die besagte Liebe deines Lebens an deine eigentlich beste Freundin ranschmeißt und sie ein so zuckersüßes Paar werden, dass es einem schlecht wird und du dann auch noch erfährst, dass dein Vater ein neues Kind in die Welt setzt, ohne sich ein kümmerliches bisschen dafür zu interessieren, was du oder dein Bruder davon haltet und einfach eine neue Familie gründet und du dich fühlst, als hätte sich plötzlich alle Welt von dir abgewandt?"

Ich bin während meinem Monolog immer lauter geworden, aber beim letzten Satz bricht mir die Stimme weg und ich schluchze trocken auf.

Nicole starrt mich geschockt und sprachlos an. Ich wurde noch nie laut. Ich herrsche oder schreie niemanden an, bin immer höflich und behalte die meisten meiner Gedanken und Gefühle für mich. Normalerweise bin ich die Beherrschtheit in Person, weshalb mich meine Freundin jetzt anschaut, als sei ich klein und grün und hätte gesagt, ich käme vom Mars.

Hinter dem SturmDove le storie prendono vita. Scoprilo ora