1. Flammende Nacht

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Das zischen der Kanonen riss mich aus dem Schlaf. Es war mitten in der Nacht, als meine Leibgarde in mein Zelt stürmte, um mich in Sicherheit zu bringen. Doch ich war nicht dort: nachdem ich  stundenlang an meinem Schreibtisch im Arbeitszelt über den Protokollen gehockt hatte, war ich über den Unterlagen eingeschlafen, die nun teils auf dem Boden, teils auf meinem Schoß lagen. Doch erst einige Sekunden später wurde ich aus dem Tranceartigen Zustand wach, als ich das klirren von Metall und das Knallen der Luntenschlosspistolen vernahm. Wir wurden angegriffen und alles was ich zur Hand hatte, war das Breitschwert, das noch an meinem Gürtel hing und eine Laterne, dessen Kerze man nur noch als Stummel bezeichnen konnte, da sie seit beginn meiner Schreibtischarbeiten brannte. Ich sprang auf, griff nach dem Henkel der Lichtquelle und schritt in Richtung Ausgang. Als ich nach draußen trat, merkte ich jedoch, dass letztere vollkommen unnötig war und ließ sie fallen. Der ganze östliche Flügel des Lagers stand in Flammen, die das Schlachtfeld vollends erleuchteten. Die Kanonenkugeln flogen als brennende Geschosse durch die Luft und ich ahnte, was passiert sein musste: eine Kugel hatte die Waffenkammer getroffen und das Schießpulver hatte eine Explosion verursacht, die in ein Feuer ausgeartet war.

Die feindlichen Truppen waren schon weit in unser Territorium vorgedrungen und lieferten sich eine Schlacht mit unseren Soldaten, während die Toten immer mehr wurden und die Wiese anfing, sich rot zu färben. Soldaten drängelt sich an mir vorbei, um ihren Kameraden beizustehen und auch, wenn Anzahl an Kämpfern auf jeder Seite ausgeglichen war, so war der Feind besser vorbereitet. Die meisten unserer Soldaten hatten keine Zeit mehr gehabt, ihre Rüstung anzulegen oder sich genügend Waffen zu greifen, bevor die Waffenkammer explodiert war. Es glich mehr einem Massaker als einem Kampf und ein Entkommen war unmöglich: von Norden und Osten hatten die Feindlichen Soldaten uns eingekesselt, im Süden breitete sich das Feuer immer mehr aus und im Westen lagen die reißenden Fluten des Meeres, die zu dieser Jahreszeit unmöglich ohne Schiff zu überqueren waren, bei denen jedoch einige Tage zuvor die Triebwerke eingefroren waren und die damit vollends zum erliegen gekommen waren. Wir saßen fest und hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera. Und in diesem Moment überkam mich ein Schauer der Angst, wie ich ihn nicht mehr hatte, seit meiner ersten Nacht an der Front. Mir wurde klar, dass ich noch nicht sterben wollte. Ich war wie gelähmt, während weitere Männer fielen und der kalte Wind das Blut in meinen Adern gefrieren ließ.

Plötzlich riss mich jemand am Arm nach hinten, zerrte und zog an meinem Ärmel und da kam wieder Leben in meinen Körper: ich wollte mich gerade losreißen, als ich erkannte, das es kein Feindlicher Soldat war, sondern einer unserer Männer. Und er zog mich weg vom Schlachtfeld in Richtung Meer.

«Bei allem Respekt euer Majestät, aber wenn ihr euren königlichen Hintern lebendig hier raus bekommen wollt, dann müssen wir einen Zahn zulegen.»erklang seine dumpfe Stimme, die erstaunlich hoch war. Aber das erste was mir in diesem Moment auffiel, war seine schroffe Art. Normalerweise behandelten mich gemeine Soldaten wie einen Gott, hießen alles gut was ich tat, rissen mich nicht hinter sich her und erwähnten schon gar nicht meinen königlichen Hintern. Obwohl ich dazu geneigt war, ihn auf sein unverschämtes Verhalten hinzuweisen, war es nicht der richtige Zeitpunkt. Denn obgleich er unverschämt war, wurden wir gerade attackiert und meine Priorität galt es, den Tod weiterer Menschen zu verhindern.

«Ich kann meine Männer hier nicht zurücklassen!» schrie ich über den Lärm hinweg. «Sie werden alle sterben, wenn ich gehe.»

Wir näherten uns dem eingefrorenen Ufer, während der Wind uns ins Gesicht schlug, doch er zögerte nicht einen Moment, im Gegenteil, sein Griff wurde fester und die Schritte schneller, und er zerrte mich einfach weiter.

«Sie werden sterben, egal ob ihr bleibt oder nicht. Der einzige Unterschied ist, dass auch ihr sterben würdet und das ganze Land in Chaos stürzen würdet. Deshalb hat eure Sicherheit nun oberste Priorität. »erwiderte er. Ich hatte mühe ihn zu verstehen, da der Wind die Worte davontrug und das brüllen und klirren immer lauter wurde, obwohl wir uns vom Getümmel entfernten.

Long Love The King >>slow updates<<Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt