Snow

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》 Write a scene that starts outside, in the snow, and ends in a car with silver eyeshadow. (Stay in present tense.) 《

"Komm schon Mel, wir müssen uns beeilen, der Laden macht gleich zu."
Genervt verdrehe ich die Augen, vergrabe mein Gesicht noch tiefer in meinem überdimensionalen Schal und lege May zuliebe, einen Schritt zu. Der Schnee knirscht unter meinen Stiefeln und verwandelt sich, je näher man den Geschäften kommt, immer mehr in eine braune Matsche. Es ist einfach ekelig. May hingegen rennt hoch erhobenen Hauptes durch die Straßen, auf der Suche nach ihrem Lieblingsladen. Die vom Himmel fallenden Schneeflocken können ihr nichts anhaben, setzen sich in ihrer Mütze fest und bringen die Spitzen ihrer blonden Haare zum Glitzern. Sie schlängelt sich mühelos durch die Menschenmassen, ohne auch nur jemanden anzurempeln. Sie liebt einkaufen, vor allem zur Weihnachtszeit. Ich hasse einkaufen, besonders zur Weihnachtszeit. Lieber sitze ich daheim auf meinem Bett und klicke mich durch sämtliche Onlineshops, um am Ende doch wieder nichts zu bestellen, weil ich genau weiß, wie blöd die Klamotten an mir aussehen. Ich bin Melanie. Sie ist May. Ich bin durchschnittlich, sie reißt jeden vom Hocker.
"Meeel, jetzt komm schon!", ruft sie und packt mein Handgelenk. Es ist kurz vor Ladenschluss, das kann ich auch beurteilen, wenn ich keine Uhr habe. Die Dämmerung legt sich bereits über die Stadt. Wie gut dass es in wenigen Minuten geschafft ist. Höchstens eine Stunde plus Heimweg, dann sitzte ich wieder in meinem Zimmer und kann lesen. Bei dem Gedanken an mein warmes, gemütliches Zimmer mit den vielen Büchern, macht sich gleich Vorfreude in mir breit. Doch meine Schwester schleift mich förmlich mit und lässt meine Tagträumerei wie eine Seifenblase zerplatzen. Ich stolpere über einen Stein des Kopfsteinpflasters, welcher etwas höher ist, als die Anderen und strauchle. Keine Sekunde später prallt mein Gesicht gegen einen schwarzen Mantel. "Hey! Pass doch auf!", schnautzt mich eine tiefe, männliche Stimme an. Ich blicke auf und höre May kichern. Vor mir steht ein Mann mit einem Schnauzbart und einem Bauch, der so groß ist, dass man ihn nicht übersehen kann. Die Mütze hat er tief in die Stirn gezogen, sodass sie fast die oberen Ränder seiner kugelrunden Brillengläser berührt. Die fast schwarzen Augen funkeln bedrohlich, und etwas stört mich daran. Irgendetwas stimmt mit seinen Augen nicht. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, walzt er weiter. Seine kleinen, kurzen Beine kann er kaum bewegen, so dick ist er. Kaum ist er außer Sichtweite kriegt sich May nicht mehr ein. "Das, Mel, war echt episch. Du hättest dein Gesicht sehen sollen."
Ich verdrehe die Augen, und bin dieses Mal diejenige, die May hinter sich herzieht. Je schneller wir fertig sind, desto schneller kann ich lesen und mich in meinem Bett verkriechen. Genau vierundvierzig Minuten und achtundzwanzig Sekunden vor Ladenschluss (laut May), kommen wir an einem kleinen, schnuckeligen Vintage Laden an.
"Ein echter Geheimtipp!"
Sie zwinkert mir zu, ehe sie volle Energie in den Laden spaziert. Offensichtlich mit einer Mission.
Nach genau fünfzehn Minuten, was ein Blick auf ihre Uhr ihr verrät, meint sie sie hätte den Rekord im schnell-Aussuchen geknackt. Was auch immer das sein soll.
Ehe ich reagieren kann, drückt sie mir die Kleider in die Hand, die an ihrer rechten Hand baumeln und schiebt mich in eine Umkleide. Sie selbst nimmt den Stapel ihrer linken Hand, welcher doppelt so groß ist. Das stellt für mich kein Problem dar. Das Problem ist eher, dass ich auch was anprobieren soll.
Seufzend ziehe ich den Vorhang zu, mit dem Wissen, dass ich nicht entkommen kann.
Ich lege meinen nassen Mantel und den Schal ab und schäle mich aus den restlichen Lagen warmen Stoffes.
Seufzend nehme ich das erste Teil vom Stapel, ein rosafarbenes, eng anliegendes Teil aus Spitze. Genau May's Stil, aber nicht meiner. Ohne es zu probieren lege ich es zurück unter den Stapel und ziehe eine Bluse mit Blumenprint hervor. Die gefällt mir schon besser, ist aber definitiv nichts, was ich brauchen kann. So geht es weiter, bis ich schließlich einen blauen Stoff zwischen den Fingern halte. Ein hübsches Blaugrau. Kein auffallendes Nachtblau. Das Kleid ist weich und fühlt sich angenehm an, also ziehe ich es über. Es ist ein langes, schmales Kleid, mit einem silbernen Gürtel knapp unter der Brust. Es sieht ein klein wenig aus, wie ein Hosenanzug, und es gefällt mir. Nur der Ausschnitt ist für meine Verhältnisse ein bisschen gewagt. Er ist geformt wie ein 'V' und hört nur ein kleines Stück über dem Gürtel auf. "Mel, komm raus. Bitte.", nörgelt May. Immer noch fasziniert von der Schönheit des Kleides schiebe ich den Vorhang zurück und trete May gegnüber. Ihr klappt die Kinnlade nach unten.
"Du wärst verrückt, wenn du das nicht nimmst."
"Aber May, ich hab' doch keine Verwendung dafür."
Sie wackelt verschwörerisch mit den Augenbrauen.
"Oh doch. Komm, ab zur Kasse. Dann haben wir noch genau zehn Minuten, um in einen anderen Laden zu gehen, den wir jetzt unbedingt noch besuchen müssen."
Als ich an der Kasse stehe und bezahle, grüble ich immer noch, wofür ich das Kleid gebrauchen könnte.
Ich ahne, wohin May will, als ich sehe, in welche Richtung wir gehen. Ehe ich mich versehe, stehe ich in einer Umkleide eines Unterwäscheladens und fühle mich so unwohl wie noch nie. Aber meiner Schwester kann ich einfach keinen Wunsch abschlagen, wenn sie total überzeugt von einer Idee ist.
Sie drückt mir einen Spitzen-BH in die Hand, welcher eine Farbe besaß, die ich nicht definieren konnte, aber optisch passte sie perfekt zu meinem eben erworbenen Austritt aus meiner Komfortzone.
Wie May mir befiehlt, ziehe ich meinen letzten Einkauf noch über und staune nicht schlecht. Die Ränder der Unterwäsche sind noch zu sehen, auch die Stoffstreifen aus Spitze blitzen unter meinen Armen hervor, da das Kleid unter den Achseln auch ziemlich gut ausgeschnitten ist.
"Sind die Damen dann fertig, wir würden jetzt dann schließen.", fragt eine nett klingende Stimme. Und ich trete aus der Umkleide.
"Entzückend!", flüstert die Angestellte des Ladens.
"Super. Mel, ich geh zahlen, gibst du mir das Zeug?"
In meinen normalen Klamotten fühle ich mich viel wohler, als ich die Umkleidekabine verlasse und auf meine Schwester zu steuere, die bereits am Ausgang wartet.
"Damit kriegst du deinen Freund auf jeden Fall rum, meint die Dame noch, als sie die Tür hinter uns verschließt.
Verwirrt runzle ich die Stirn. May lacht sich schlapp.
Draußen ist es bereits dunkel geworden, als wir zuhause ankommen.
Ich krame den Schlüssel hervor und lege meinen Mantel und die Mütze ab, ehe ich in mein Zimmer gehen will. "Halt. Du kommst mit mir mit!",stellt May klar.
"Warum denn?"
"Na, wir machen uns jetzt für die Party fertig."
"Welche Party?!"
"Na, der Winterball, oben am Schloss."
Meine Kinnlade liegt bildlich gesehen am Boden.
"Du willst dass ich da mitgehe?"
"Wieso denn nicht? Ich darf eh eine Person mitbringen.", lacht sie.
May engagiert sich seit über einem Jahr in einer Gruppe, die das alte Schloss, oben am anderen Ende der Stadt in Schuss halten. Heute ist mal wieder ein Ball, den die Gruppe organisiert. Ich bin noch nie auf einer dieser Partys gewesen.
"Ach, deshalb wolltest du, dass ich mir das Kleid kaufe."
Sie grinst, nickt und setzt ihren Dackelblick auf.
Frustriert gebe ich nach. Ich kann ihr wirklich nichts abschlagen.
Ich ziehe meine Kleidung an und lasse mich auf ihren Stuhl vor dem monströsen Schminkspiegel drücken.
Sekunden darauf wischt sie bereits mit einem Schwämmchen in meinem Gesicht herum.
"Noch nicht gucken!", fordert sie mich auf und kramt hörbar in einer Schublade.
"Ich werde dir jetzt die Haare locken, also still halten!"
Ich tue wie gesagt und rühre mich kein Stück. Keine Lust auf verbrannte Kopfhaut.
"So. Fertig."
Ich öffne meine Augen und sehe nicht mich im Spiegel. Das bin nicht ich. Meine Haare sind nicht ganz lockig,eher wellig und an den Seiten hat meine Schwester zwei französische Zöpfe geflochten, aus denen ein paar kleine Haarsträhnen heraushängen. Meine Wangen haben einen gesunden Farbton und meine Augenlider glitzern silbern.
"So. Hopp. Raus jetzt.", sie fuchtelt mit den Armen in der Luft herum und bedeutet mir zu gehen.
"Ich muss mich jetzt fertig machen. Ah ja, und die Schuhe dort," sie wippt kurz mit ihrem Kopf in die Richtung, während sie sich mit einem Pinsel an ihrem Gesicht zu schaffen macht, "nimm die mit. Die kannst du anziehen".
Fassungslos und skeptisch sehe ich mir die Hacken an, die komplett silber sind und deren Absatz gefährlich dünn ist.
Trotzdem nehme ich sie mir und schließe die Tür.
Bis May fertig ist, öffne ich die Leseapp, die ich auf dem Handy installiert habe und setzte mich so auf die Couch, dass mein Kleid nicht zerknittert. Genau drei Kapitel habe ich geschafft, ehe sie hereinschneit und mich zum Aufstehen zwingt. Ich schlüpfe in die Schuhe und nehme einen Mantel von May entgegen.
"Komm, das Auto wartet draußen."
Gemeinsam treten wir aus der Tür und steigen in ein weißes Auto, welches sanft durch die mit Schnee bedeckten Straßen gleitet, die unter dem Licht der Straßenlaternen glitzern.

Prompt Book Where stories live. Discover now