Kapitel 2

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Die Dunkelheit nahm mich vollkommen ein und füllte jede Pore meines seins. Sie schien allmächtig und unendlich und ich hatte die Hoffnung je wieder irgendwo zu sein aufgegeben. Genau in dem Moment als ich mich der absoluten Dunkelheit hingeben und mit ihr verschmelzen wollte, erreichte mich ein grelles Licht. Ich konnte meine Augen nicht mehr davon abwenden und wollte es auch nicht. "Komm her.", sagte die nun wieder ruhige Stimme. Ich setzte einen Fuß nach vorne und hatte sofort das Gefühl von Boden unter den Füßen wieder erlangt. Das Geräusch meiner Schuhe auf dem Boden, hallte in der Unendlichkeit des Nichts wieder und ich ging langsam auf das Licht zu, in der Hoffnung es könne nur noch besser werden. Als ich jedoch vor dem Licht stand zögerte ich und sah hinein, doch ich sah nichts, geblendet von dem Licht stolperte ich einen Schritt zurück. Urplötzlich griff eine Hand nach mich, packte mich an meinem Arm und zog mich durch das Licht. Ich fand mich auf eben jener Lichtung wieder von der ich gekommen war, doch etwas war anders, dort war jemand bei mir. Ich konnte die Präsenz einer anderen Person spürten und die Härchen auf meinem Armen stellten sich auf. "Wer ist da?", rief ich in den Wald. Doch es kam keine Antwort. "Ich werde es nicht noch einmal fragen!", ich war selbst nicht von meinen Worten überzeugt, denn meine Stimme zitterte so massiv, dass man sie gar nicht ernst nehmen konnte und doch schien ich etwas bewirkt zu haben, denn ein Mädchen, etwa in meinem Alter, trat hinter einer der Säulen hervor. Sie hatte orange-blondes Haar und eisblaue Augen. Sie trat unsicher ein paar Schritte vor. "Wer bist du?", fragte ich erleichtert als ich sie nun endlich sah und sie kein Monster oder Entführer im eigentlichen Sinne war. "Mein Name ist Floraidh.", sagte sie mit einer lauten, festen Stimme, die eigentlich nicht zu ihrer zarten Erscheinung passte. "Das ist aber ein ungewöhnlicher Name.", sagte ich belustigt. "Es ist mein Taufname.", sagte sie, "In meinem alten Leben nannte man mich Cate. Du hast noch keine Taufe erhalten, oder?", sie sah mich musternd an. "Doch ich wurde vor 16 Jahren in der Saint James Cathedral getauft.", sagte ich verdutzt. "So eine Taufe meine ich doch nicht, du bist neu hier oder?", sie sah mich misstrauisch an. "Nein ich lebe schon mein ganzen leben hier.", sagte ich und war nun vollends durcheinander, dieses Mädchen schien wohl ein wenig durchgedreht zu sein. "Du wurdest gerade wiedergeboren oder?", sagte sie und zeigte auf den Torbogen. Meinte sie etwa, dass ich durch das Tor gegangen bin? "Ich glaube schon, ich bin durch Dunkelheit gefallen und dann hat mich jemand ins Licht gezogen.", sagte ich und hörte mich mit jedem Wort verrückter an. Doch das Mädchen namens Floraidh nickte nur kurz und vielsagend. "Ich bringe dich zu mir nach Hause.", sagte Floraidh und forderte mich auf ihr zu folgen. Zuerst misstrauisch folgte ich ihr letzten Endes doch. Wir gingen in etwa den gleichen Weg den ich gekommen war, jedoch sah die Stadt die ich kannte ganz anders aus. Die Häuser vor der Mauer waren alle aus grobem Stein gehauen und die ganze Stadt wurde von einer hohen Stadtmauer umfasst. Die Wachen die auf der Mauer standen, ließen uns ohne weiteres eintreten und was ich dann sah verschlug mir den Atem. Die Stadt in der ich ein leben lang gelebt hatte war nicht mehr da. Dort waren bauten aus Stein und Holz und einige schienen aus Glas zu sein, wie Gewächshäuser. In der Mitte der Stadt befand sich ein Schloss, welches circa 20 Meter über dem Boden auf dreizehn Stelzen stand. Wir gingen darunter hindurch und auf eine kleine Hütte aus Stein zu. Auf dem Weg unterhielt sich Floraidh mit einigen Leuten, die allesamt leinen Kleidung trugen. Ich musterte Floraidh von hinten und sah, dass sie ein weißes Seidenkleid trug, was sie eindeutig von den anderen unterschied. Sie führte mich in die Hütte in der sich ein kleiner Tisch und vier Feldbetten befanden. "Setz dich.", sagte sie und lächelte mich an. "Was ist hier los?", fragte ich und sah sie eindringlich an. Sie nahm etwas holz und legte es in eine stein Schale, dann drehte sie mir den Rücken zu und zündete mit irgendetwas das Holz an. Sie füllte einen alten beuligen Kessel mit Wasser, stellte ihn auf das Feuer und warf einige Kräuter hinein. "Du wurdest aus deiner Öden kleinen Welt hierher berufen.", sie blickte auf den Kessel und rührte das Gebräu darin um. "Von der großen Mutter selbst, wenn es stimmt was du sagst.", sie blickte mich  durchdringend an. "Doch warum?", fragte ich nun noch mehr verwirrt als zuvor. "Du bist zu höherem bestimmt als zu deinem tristen Dasein als normaler Amudein.", sagte sie wie selbstverständlich und rührte erneut das Gebräu um. "Was ist denn bitte ein Amudeni...Amunedi...", "Amudein. Ein sterblicher. Ein Mensch.", sagte sie als müsste ich das eigentlich wissen. "So nennen wir Hexen, die Menschen mit nichtmagischen Fähigkeiten.". "Warte, was? Ich? Eine Hexe? Du spinnst doch echt!", ich stand auf und wollte nur noch weg von dieser Irren. Direkt vor meiner Nase schlug die Tür ins Schloss. Ich rüttelte am Türknauf, doch vergebens. "Ich weiß, es ist im ersten Moment schwer, doch die Mutter wird dir alles erklären wenn sie morgen wieder da ist. Dann gehen wir zusammen in die Schule und reden mit ihr, okay?", sagte sie streng und die Tür öffnete sich wieder. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Ich drehte mich um und setzte mich wieder an den Tisch. "Hier trink das erstmal.", sagte sie und schüttete etwas von dem Gebräu in eine Tasse. Ich nahm einen großen schluck und es schmeckte widerlich. Doch ich wollte Floraidh nicht beleidigen und trank deshalb alles schnell aus. Sie musterte mich kritisch und lachte dann. "Was ist so lustig?", fragte ich. "Du musst auf jeden Fall eine Hexe sein, denn ich habe dir gerade Stinkwurz zu trinken gegeben und du hast nicht mal eine Miene verzogen.", sie lachte laut und steckte mich mit ihrem offenen Lachen an, wir lachten bis uns die Bäuche weh taten und draußen ging langsam die Sonne unter. Wir legten uns in die Feldbetten und ich blickte rüber zu Floraidh. "Sag mal, wenn das komische Schloss eine Schule ist, warum schläfst du dann nicht dort?", den Rücken zu mir gedreht antwortete sie im Halbschlaf. "Wir haben gerade Ferien, deshalb dürfen wir unsere Familien besuchen. Morgen wird es hier nur so vor Hexen wimmeln.", sagte sie, gähnte laut und schnarchte dann leise. Ich lag noch einen Moment wach im Bett und betrachtete meine Handflächen. Dann schlief auch ich ein und schlief einen traumlosen Schlaf. Ich wachte von dem Geruch nach Eiern und Speck auf und sah Floraidh an dem kleinen Tisch mit dem Feuer sitzen und etwas in einer gusseisernen Pfanne brutzeln. Ich stand auf und zog mir frische Klamotten an. Dann ging ich zu dem kleinen Tisch und spähte in die Pfanne, dort brutzelten zwei Eier und vier dicke Scheiben Speck. Mir lief das Wasser im Mund zusammen und ich setzte mich zu Floraidh. "Guten Morgen.", sagte sie fröhlich und grinste mich breit an. "Das richt aber köstlich.", sagte ich und roch noch mal. Sie lächelte breit und bereitete dann zwei Teller vor. Ich schlang das Ei und den Speck hinunter als hätte ich Tagelang nichts gegessen. Es schmeckte alles toll und als ich fertig war sah Floraidh mich belustigt an. "Was?", fragte ich und grinste sie an. "Du hast da Ei an deiner Nase.", sagte sie und lachte laut auf. Ich lachte mit ihr und rieb mir dann das Ei von der Nasenspitze. Wir Kasperten noch einen Moment herum doch dann nahm Floraidh meinen Arm und sah mich ernst an. "Wir müssen jetzt los.", sagte sie und sah aus dem Fenster. Ich hatte keine Zeit zu sehen, was sie gesehen hatte, denn sie schliff mich schon aus dem Haus in Richtung des Schlosses. Wir standen direkt unter dem Schloss mit etwa 20 anderen jungen Mädchen, alle etwa in unserem Alter. Eine unsichtbare Macht zog uns plötzlich nach oben, immer näher auf den Boden des Schlosses zu, genau in dem Moment in dem wir eigentlich gegen den Stein hätten prallen müssen löste sich dieser jedoch auf und ein raunen ging durch die Ansammlung von Mädchen. Wir standen nun in einer großen Empfangshalle und vor uns befand sich eine riesige Treppe. An den Enden des Geländers waren Drachen aus Kristall die grimmig in den Raum blickten. An den Wänden befanden sich Gemälde von Frauen, die sich alle sehr ähnlich sahen jedoch nicht ganz gleich waren, sie schienen aus verschiedenen Epochen der Zeit zu stammen und zeigten immer dieselbe Frau jedoch in verschiedenen Posen. Alle Mädchen sahen sich um und bewunderten die Gemälde, so dass ein reges Getuschel entstand. "Das reicht jetzt Mädchen.", sagte eine spitze Stimme und alle drehten sich zu der Treppe um auf der nun eine Frau mit Brille und kurzen hellblonden Haaren stand. Neben ihr befand sich ein wolfsähnliches Tier das mürrisch brummte.    

Hexen - Die ElementeWhere stories live. Discover now