Thaddeus Tjarks

3K 281 244
                                    

»Das ist also ihr erster Tag hier, Herr Bora?«, fragte der Chef mich, worauf ich nur nicken konnte, da ich so nervös war. Wie würde es werden? Genauso wie bei meiner Ausbildung, wo ich für drei Monate in einem Gefängnis als eine Art Praktikant arbeiten musste. Die Männer sind meist sexuell frustriert, schmachten den Wärterinnen hinterher oder werden schwul. Einige sahen damals auch mir hinterer, da ich noch neunzehn Jahre alt gewesen war. Es ist unangenehm gewesen hinter sich ein ständiges Pfeifen zu hören oder von ekelhaften Häftlingen angemacht zu werden, die deine Anweisungen nicht ernst nahmen. Mittlerweile bin ich vierundzwanzig und hoffte wirklich sehr, dass ich mich nach dieser langen Ausbildung nun besser durchsetzten konnte. »Also, dass ist Ihr zukünftiger Spind. Da können Sie nach ihrem Arbeitstag Ihre Uniform reintun und hier links sind die Toiletten für das Personal.« Verstehend nickte ich wieder. »Sie werden gleich mit mir mitkommen und werden die Rasierer an die Häftlinge verteilen und auch wieder einsammeln. Woran Sie aber denken müssen, was wirklich wichtig ist, ist niemals Ihre Angst zu zeigen, egal was ist. Zum Notfall haben Sie einen Panik-Knopf und auch ein Funkgerät. Soweit alles klar?«-»Ich denke schon, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um mich hier rumzuführen.« Er nickte lächelnd und ließ mich alleine, damit ich meine Uniform anziehen konnte.

Hoffentlich wird alles gut.

»Schaut mal Leute! Ein neuer Wärter.« Ich ignorierte die Rufe, die hinter der Scheibe zu hören waren und schaute stur nach vorne. »Hey Hübscher, bleib doch mal stehen. Wir wollen nur mal unseren neuen Wärter kennenlernen, nicht war Jungs?« Lautes Gegröle war zu hören, weshalb ich mich mit einem strengen Blick zu ihnen umdrehte und zur Scheibe ging. »Entfernen Sie sich vom Fenster, das gilt auch für die anderen Insassen.«, sagte ich mit einem genauso strengen Ton. Einzelne Insassen grinsten plötzlich stark und fingen an zum Fenster zu kommen, welches mich von ihnen trennte. »Wieso denn so ernst, Wärter. Wir könnten doch alle eine tolle Zeit haben, zusammen. Ich meine, du siehst gerade mal aus wie achtzehn, also noch sehr Jung und junge Menschen verstehen doch viel Spaß, oder nicht?« Der stark muskulöse Häftling sah mich immer noch frech grinsend an, weshalb ich meinen Blick noch strenger aussehen ließ. »Ich denke mein Privatleben geht Sie überhaupt nichts an, wenn Sie denken ich bin achtzehn, dann bin ich das eben. Nehmen Sie bitte Abstand vom Fenster oder ich hole Verstärkung und wir klären das anders.« Damit entfernte ich mich von den Häftlingen und ging zu meinen Kollegen. Sie redeten gerade darüber, wo sie als nächstes rein mussten, wann die Rasierer ausgegeben werden und wann man wieder die Zellen gecheckt werden müssen. Als wir schließlich die Ein-Weg-Rasierer hatte, stellte ich mich an die Ausgabe. Ein kleiner Schlitz unter dem Fenster ermöglichte es uns, die Rasierer auszuteilen, ohne reingehen zu müssen. Anfangs dachte ich, dass es einfach werden würde. Wie falsch ich doch mit dieser Vermutung lag.

»Lassen Sie ihre Hand hinter der Öffnung!«, sagte ich streng und wartete darauf, dass der Häftling seine Hand zurück zog. Vergeblich. Er wollte mich provozieren. Es war der Selbe wie letztens. »Ich weiß nicht, ob Sie es schon wussten, aber ich wiederhole mich ungern, Häftling.«, sagte ich emotionslos und zog verlangend eine Augenbraue in die Höhe. Genervt zog er seine Hand zurück und lehnte sich wieder an die Schiebe. »Was hatte ich gesagt? Weg von der Scheibe!«, zischte ich. Wieder seufzte er genervt.


Monate waren nun vergangen, meine Probephase war vorbei und arbeitete nun im Abteil zwei, dem Teil des Gefängnisses mit den gefährlichsten Insassen. Mörder, Sexualstraftäter und auch Psychopathen. Ich war es gewöhnt hier zu arbeiten, obwohl es hier tausend mal schlimmer war, als im dritten Abteil, wo mir dauernd hinterher gepfiffen wurde. »Lasst mich los, ihr Hurensöhne.«, hörte ich eine tiefe Stimme brüllen und drehte mich zu dieser. Ein Mann, voller Tattoos, blaue kurze Haare und groß gebaut versuchte sich von den Wächtern und Wächterinnen zu entreißen, scheiterte aber, da es zu viele waren. »Bringt den Häftling in Abteil zwei!«-»Nein, ich gehe nirgendwo hin! Lasst mich los, ihr Wichser. Ich bringe euch alle um, glaubt mir. Ich werde euch alle erstechen!«, brüllte er weiter und versuchte die Wärter zu treten, scheiterte aber wieder. Sie brachten ihn weg, sicher in seine neue Zelle, die so klein ist, dass man nur drei Schritte gehen konnte. »Ich werde euch alle fertig machen!« Seine Rufe waren sogar von der weiten Entfernung aus zu hören. »Ardy, wir brauchen dringend Verstärkung!«, hörte ich durch das Funkgerät und machte mich sofort auf den Weg.

Thaddeus Tjarks | TardyOnde histórias criam vida. Descubra agora