Kapitel 1 - Devon

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Die Gasse war dunkel und kühl. Aus den Ecken beobachteten sie die rotäugigen Ratten mit ihren gesträubten, dreckigen Fellen. Die Flüssigkeit die zu ihren Füßen rann stank nach Verwehsung und Tod, weder rot noch durchsichtig schien sie schwarz zu sein wie das Jenseits selbst. Die Backsteinhäuser, die ihr zur linken und rechten in den grauen Himmel ragten wirkten abweisend. Die Balkone in den oberen Stockwerken verlassen. Leere Wäscheleinen hingen von einer Seite zur anderen und schaukelten verheißungsvoll vor und zurück. Verbrochene Blumentöpfe lagen auf dem Boden verstreut und hingen teilweise noch an den Balkonen fest, da die Wurzeln der Pflanzen, die diese Gasse einst mit saftigem Grün gefüllt haben sich um die Brüstungen geschlungen hatten.

Mit unsicheren Schritten ging sie weiter, das ungute Gefühl im Nacken, von tausend Augen beobachtet zu werden. Die Lederlappen an ihren Füßen waren nicht dickt, sodass die stinkende, blutartige Flüssigkeit sofort durch den Stoff drang. Als jemand der von außerhalb stammte konnte sie das Gefühl des puren Asphalts unter ihren nackten Füßen nicht ertragen. Sie vermisste das sanfte Federn der Erde und den Geruch des riesigen Tannen in den ewigen Wäldern.

Ein metallisches Klingen ließ sie zusammen fahren. Es war leise, zog sich hin und verschwand, ehe das Säbeln von neuem Begann. Das Wetzen zweier Messer, langsam und tödlich im Schatten der Häuserschluchten. "Devon?", fragte sie in die Richtung aus der sie meinte würde das Geräusch kommen. Der Name allein brachte die Luft zum flirren und die Ratten, die zwischen dem Schutt gesessen hatten, versteckten sich ruckartig.

Ruma blieb stehen und holte zitternd Luft. Hatte sie sich in der Straße geirrt? Im Viertel? Wenn ja hatte sie nun ein ziemlich großes Problem. Aus Geschichten wusste sie was mit allein herumirrenden Frauen passierte. Hätte sie nicht herkommen sollen? Doch wozu dann der Aufwand überhaupt erst hergekommen zu sein? Ihr Kopf schwirrte vor unbeantworteten Fragen, während sie ihre Panik runterschluckte und erneut den Namen des sagenhaften Mannes aussprach, von dem die dunklen Märchen erzählten, die Ruma als Kind so oft gehört hatte. Legenden eines Jungen der für das gekämpft hatte, was die Menschheit einmal besessen hatte. Der es nicht bei der schrecklichen Katastrophe belassen wollte, die vor Jahrhunderten alles zerstört hatte. Wiederaufbauen, aufwachen, sich aus dem Aberglauben befreien denen die Menschen anheim gefallen waren...

Doch sein Fall war hart. Gefoltert und aus der Gemeinschaft ausgestoßen wurde er verbannt und kehrte nie wieder zurück. Seitdem hat niemand mehr etwas über ihn gehört und seine Geschichte wurde fortan den Kindern erzählt, die zu viel fragten und an die Macht der alten Zeit glaubten. Und nun stand Ruma hier in dieser Stadt die längst keine Sicherheit mehr bot und fragte nach ebendiesen Mann. In einer Welt in der Frauen zu einem Statussymbol geworden waren, da Krankheiten und Kriege so viele Opfer gefordert hatten, dass die Anzahl der Frauen stark gesunken war.

Erneut erklang das Säbeln, lauter diesmal. "Devon?", ihre Stimme brach, alles in ihr wollte nur noch fliehen. Vor der Gasse, vor der Stadt, vor all den grauen Menschen am Rande des Abgrunds.

Gerade als Ruma glaubte sie wäre falsch erklang seine Stimme wie dunkler Samt. Seine Worte waren nicht laut, eher unterschwellig bedrohlich, lauernd. "Was willst du hier? Das ist ganz sicher nicht der richtige Ort für eine junge Dame aus den äußeren Stämmen. Los, lauf zu deinem Besitzer zurück, bevor... dir noch etwas zustößt." Ruma's Atem stockte, die Angst verstärkte sich erneut. Die Verbitterung verschlug ihr jedes Wort und als sie ihn schließlich in der Dunkelheit ausmachen konnte war sie vollkommen entrüstet. Nicht weit von ihr saß ein Mann, der alt nicht sein konnte auf einer Holztonne, blitzende Messer in den Händen, das lange Haar war strähnig und hing ihm ins Gesicht. Das Gesicht darunter war düster, schlimm vernarbt und kaum zu erkennen, nur die silbernen Augen blitzten daraus hervor. Einige Narbe erstreckten sich hinab auf seinen Hals. Die Lumpen die um den gebückten Körper hingen konnte kaum den guten Körperbau verstecken, der sich darunter verbarg. Ruma taumelte einen halben Schritt zurück. "Was ist mit dir passiert... Devon?", fragte sie in die entstandenen Stille.

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⏰ Last updated: Nov 24, 2016 ⏰

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Die Legende eines RebellenWhere stories live. Discover now