Und Trotzdem (zweiter Anlauf)

5 1 0
                                    

Eisig wehte der Wind durchs Tal und ich vergrub mein Gesicht noch tiefer in meinem Schal und zog die viel zu dünne Jacke enger um mich. Ich stand gerade an einer eher einsamen Straßenecke im düsteren Teil der Stadt und versuchte möglichst nicht aufzufallen und besonders nicht einzuschlafen. Unauffällig schaute ich die Straße hinab und bemerkte zwei Männer, die mit schnellen Schritten und ihren Gesichtern unter Kapuzen versteckt, direkt auf mich zukamen. Im flackernden Neonlicht der ganzen Anzeigetafeln die an den Mauern der Häuser hingen, konnte ich immer wieder etwas kurz in der Hand des Rechten aufblitzen sehen. Schnell schaute ich wieder nach vorne und versuchte meine beschleunigten Atem unter Kontrolle zu bekommen. Mitten in der Nacht als Frau in diesem Teil der Stadt zu kommen, war ein Fehler gewesen. Warum musste ich auch unbedingt zusagen als Mathias mir diese Straßenecke als Treffpunkt nannte. Aus den Augenwinkel sah ich wie die beiden immer näher kamen. Ich zwang mich tief durchzuatmen und versuchte mir die ganzen Selbstverteidigungsstrategien wieder in Gedächtnis zu rufen, doch mein Gehirn streikte. Ich war einfach zu übermüdet, da half auch das ganze Adrenalin das gerade durch meine Adern schoss. Ich zog meinen Kopf noch tiefer zwischen meine Schultern und hoffte, dass sie einfach vorbeigehen würden. Ihre Stimmen kamen immer näher und ich glaubte Wörter wie „Frau", „Angst" und „Spaß" herauszuhören. Mein Herz schlug währenddessen in einem ungesunden schnellen Tempo. Wahrscheinlich starb ich an Herzversagen, noch bevor die Männer sonst was mit mir anstellen konnten. Wehmütig dachte ich an meine kleinen Geschwister und an meine kleine Tochter die dann in Heim kommen würden. Mit schaudern erinnerte ich mich an meine eigene Zeit in einer solchen Einrichtung. Nein, ich durfte jetzt nicht sterben. Der Gedanke an meine Familie hatte mein Gehirn anscheinend aus seinem Koma geholt, denn mir vielen wider all die Verteidigungstipps ein die mir mein Opa eingebläut hat. Fast konnte ich seine Stimme hören: „Steh gerade, Mädchen! Strahle Selbstbewusstsein aus, das schreckt die meisten Männer ab. Nutzes deine Umgebung zu deinem Vorteil. Sei immer aufmerksam und wachsam, lass nicht zu das die Angst die Kontrolle übernimmt!". Mein Herzschlag ging wieder auf sein normales Niveau zurück.


GeschichtensammlungOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz