Prolog

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Es war kalt. Sein Atem stieg in kleinen Wölkchen nach oben, welche von der Dunkelheit verschluckt wurden.

Die Nacht lag wie ein schweres, schwarzes Tuch über der Landschaft und lastete auch auf ihm. Der Wind raschelte durch die Blätter und ließ sie flüstern.

In der Ferne erkannte er vereinzelt Bergspitzen. Der Vollmond und ein paar Sterne erhellten die Schwärze des Himmels. Dichter Nebel waberte um den Fuß des Hügels auf dem er stand. Ein kleiner Fluss mit tiefschwarzem Wasser schlängelte sich an einer Seite entlang.

Er wusste nicht genau wo er war, aber das Portal hatte ihn hierhergebracht, also musste er richtig sein. Hier wollten sie sich treffen. Sein Zeitgefühl war nicht das beste, aber er wartete schon zu lange, was das unangenehme Gefühl bestärkte. Angst vernebelt die Sinne und macht einen unkonzentriert, das konnte er jetzt nicht brauchen.

Er trat von einem Fuß auf den anderen. Das nasse Gras gab schmatzende Laute von sich. Irgendwo rief eine Eule.

Doch plötzlich verstummte der Ruf abrupt und mit ihm alles andere.

Kein leises Knacken von Ästen, kein Wind der durch die Blätter säuselt, selbst das Plätschern des Baches war verstummt. Eine unangenehme, bedrückende Stille.

Man könnte meinen jemand hätte die Zeit angehalten.

Der weiße Nebel unterhalb des Hügels lichtete sich und heraus trat Rohlif.

Er war auf nahezu alles vorbereitet gewesen, aber dieser Anblick ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.

Zwei Köpfe, dieses Wesen hatte zwei Köpfe.

Das eine Gesicht glich auf der rechten Hälfte im Groben einem Eisriesen. Das Auge leuchtete rot und eine Narbe zog sich von der Schläfe bis zum Kinn und spaltete den Mundwinkel vom Rest der Lippe ab. Die Kopfhälfte war von tief eingeritzten Ornamenten gezeichnet.

Die linke Seite war einfach nur grauenvoll, es gab keine andere Art diese Erscheinung zu beschreiben. Einzelne Hautfetzen hingen vom blanken Kochen herab. Seine Augenhöhle war leer und man konnte durch sie an die hintere Schädelwand sehen. Einzelne Stücke seiner Schädeldecke waren herausgebrochen. Dort wo die Zähne gewesen wären war ein durchgängiger Knochen, als hätte man den Mund zugenäht. Die Nase war nur auf der rechten Seite hälftig vorhanden.

Der andere Kopf sah aus wie ein alter midgardischer Mann. Die Augen waren milchig, wie die eines Blinden. Auf seiner Glatze ragen viele erhabene schwarze Leberflecke hervor. Die Lippen waren rissig, die Haut faltig.

Den dunkelelfartigen Oberkörper bedeckte ein Lederharnisch. Seine Arme waren verhältnismäßig zu lang, selbst bei seinen 3 Metern Körpergröße. Er hatte nur noch eine Hand. Seine Hose war ebenfalls aus Leder. Ein fauliger Geruch nach Verwesung ging von dem Wesen aus.

Sein Atem rasselte, die Schritte wirkten bedrohlich. Vor Rohlif schwebte etwas grünleuchtendes.

Ihm stockte der Atem und seine Gänsehaut verstärkte sich. Es schien nicht nur so, die Zeit war angehalten wurden.

Wie war das möglich? Wie hatte er es geschafft die Macht des Steins zu kontrollieren?

Das Wesen musste seine kurzzeitige Unsicherheit bemerkt haben, denn er verzog die Lippen zu einem herablassendem Lächeln und ein tiefes, bedrohliches Lachen ertönte. Schnellstmöglich fing er sich wieder und setzte einen neutralen Blick auf.

"Du willst die Steine kontrollieren können? Ein Mensch? Deine Angst stinkt bis hierher",höhnte er. Seine Stimme war rau und heißer.

Du riechst auch nicht gerade gut, wollte er sagen, verkniff es sich aber.

"Ich will nicht nur, ich kann es auch", entgegnet er und versuchte überzeugend zu klingen.

Wieder dieses Lachen.

"Mir soll es recht sein, solange du meinen Fluch brichst und meine Frau aus Helheim befreist",verlangte Rohlif, "ich werde diese dumme Hexe, die mir das angetan hat, umbringen. Erst ziehe ich ihr die Haut ab und dann töte ich sie langsam und qualvoll."

Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen bereit.

"Du hast mein Wort",versprach er.

Er log ohne rot zu werden. Dennoch wusste er nicht was diese Worte auslösen würden.

"Aber zuerst brauche ich den Seelenstein."

Das Wesen kramte in seiner Tasche und überreichte ihm mit einem tiefen Knurren den orangeschimmernden Stein. Jetzt hatte er 4 Steine beisammen, der vorletzte schwebte vor Rohlif.

Dennoch war er stark genug, seinen Plan zu vollziehen.

"Es tut mir leid", murmelte er mehr zu sich selbst, aber sein Gegenüber verstand ihn trotzdem. Er glaubte das richtige zu tun dennoch fühlte er sich schuldig, niemand hatte es verdient so hintergangen zu werden.

"Was hast du...?", begann er, hatte aber keine Zeit mehr zu reagieren.

Das violette Licht des Steins der Macht umhüllte ihn.

"Das wirst du büßen. Verflucht seid ihr Hüter!", schrie er und ging einen Schritt auf ihn zu.

Dann war Rohlif verschwunden und mit ihm das lilane Licht. Der grüne Stein fiel zu Boden.

Eine kühle Brise strich ihm durch das Haar. Das Rauschen des Flusses ertönte wieder.

Mit einem Seufzer hob er den Stein auf. So viele Opfer hatte es gegeben. Er drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.

In der Ferne erklang der Ruf der Eule.

 Infinityhüterin || Loki ffWhere stories live. Discover now