Stress, Hektik und ein kleines Café

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Wolkenkratzer ragen zu meinen beiden Seiten empor und ich fühle mich so unglaublich klein und verloren in den Menschenmassen, von denen ich mitgezogen werde. Überall herrscht Hektik und Eile, die Menschen vergessen, was es heißt, zu genießen, sich zu entspannen. Ich fühle mich in der Stadt nicht wohl, umso besser, dass mein Flug mich in ein paar Stunden hier heraus bringt. Zwischen die ganze Unordnung und Gehetztheit passe ich nicht rein, ich bin fehl am Platz.

Genauso wohl auch der junge Mann, der auf einer Bank an einer Hauswand sitzt und verloren in die Menge starrt. Die Leute bemerken ihn nicht, oder ignorieren ihn. Doch ich gehe auf ihn zu, ich habe Zeit, ich muss nirgends hin. Schweigend setze ich mich neben ihn und folge seinem Blick, der in den wolkenverhangenen Himmel starrt, der von hier unten so unglaublich weit weg scheint. Ich sitze hier einfach nur, damit ich jemanden um mich habe, der nicht sofort abhaut, um seinen Verpflichtungen nachzugehen. Anfreunden will ich mich mit ihm nicht, damit habe ich nur viele schlechte Erfahrungen gemacht. Er strahlt eine gewisse Ruhe aus, die es angenehm macht, in seiner Gegenwart zu sein. Schweigend sitzen wir nebeneinander und wünschen wahrscheinlich das selbe: Rauszukommen, aus dieser stinkenden, lauten, hektischen Stadt. Ich frage mich mal wieder, warum ich den Auftrag angenommen hatte und hierher gekommen bin. Umso mehr freut es mich, bald wieder abzufliegen.

Der Mann neben mir wendet seinen Blick von den Wolken, die verdächtig grau sind, ab und schaut mich an. "Michael, und du?", stellt er sich vor. "Hallo." Er blickt mich nicht mehr an, soweit ich das beurteilen kann. "Meinen Namen sage ich lieber nicht, Namen verleien Macht. Und die wurde schon zu oft missbraucht", erkläre ich leise und beobachte eine Taube, die mich argwöhnisch beäugt. "Kann ich verstehen." Verwundert blicke ich ihn an und ein leichtes Lächeln stielt sich auf mein Gesicht. Er meint es ernst, das erkenne ich. "Wie ich diese Stadt hasse", meint er seufzend und ich bin erstaunt. Ich mag ihn, er hat wohl das gleiche Problem wie ich. "Wohnst du hier?", frage ich neugierig und er nickt. "Leider. Was treibt dich hierher?" "Ich erzähle nicht gerne etwas über mich", murmele ich nervös und er fragt auch nicht nach, wofür ich ihm sehr dankbar bin.

Mein Magen beschwert sich laut, da ich seit heute morgen nichts mehr gegessen habe. "Weißt du, wo ich hier etwas anderes zwischen die Zähne bekomme als Fastfood?", frage ich Michael und er lacht auf, als mein Magen abermals knurrt. "Klar, ist aber ziemlich weit weg." "Ich habe Zeit." Er steht auf und reicht mir die Hand, um mir aufzuhelfen. Ich frage mich, wo mein allgegenwärtiges Misstrauen auf einmal hin ist, doch ich vertraue ihm. Ich würde es wagen, mich mit ihm anzufreunden, wenn ich nicht bald abreisen würde. "Komm mit", er winkt mir zu und ich folge ihm in Richtung U-Bahn Station.

Wir fahren ein paar Haltestellen weit, bis wir aussteigen. Als wir an die Oberfläche kommen, bin ich erstaunt. Die Häuser sind hier nicht ganz so hoch, die Straßen nicht ganz so voll und die Menschen nicht ganz so gestresst. Und doch ist es immer noch fast unerträglich. Michael führte mich durch die Menschen hindurch, bis zu einem Haus mit etwa 8 Stockwerken, wenn ich mich nicht verzählt habe. Ich kann nirgends ein Schild für ein Café oder Ähnliches erdecken, ich folge ihm dennoch nach drinnen und hoch in den fünften Stock.

Dort sehe ich dann, wohin er mich geführt hat: Ein kleines Café mit Blick auf einen wunderschönen Hinterhof. "Herzlich Willkommen in meinem Stammcafé! Hier gibt es die besten Krapfen in der ganzen Stadt!", meint er stolz, als wir eintreten. Ein paar kleine, schön verzierte Holztische stehen in dem kleinen Raum verteilt, zusammen mit vielen verschiedenen Stühlen, keinen gab es zweimal. "Ach Zimbel. Jetzt übertreibst du aber", meint eine Stimme neben uns und ich erblicke eine etwas fülligere Frau, die mir ein strahlendes Lächeln schenkt. Ihre roten Haare, die bereits ein paar graue Strähnen aufweisen, hat sie sich zu einem unordentlichen Dutt zusammen gebunden und sie trägt eine Schürze. Sie räumt gerade einen Tisch ab und ich erwidere das Lächeln.

Café Silence ~ Zomdado OSDonde viven las historias. Descúbrelo ahora