Am nächsten Morgen konnte Ana nicht anders, als sich das Gespräch vom gestrigen Abend wieder in Gedanken zu rufen.
In irgendeiner Weise verstand sie, dass Harry ein wenig beleidigt darüber war, dass sie ihm etwas nicht erzählen wollte. Schon zu diesem Zeitpunkt wusste sie, dass sie es ihm früher oder später erzählen würde, er war ihr so immens wichtig, dass es gar nicht anders ging. Sie müsste nur auf die passende Gelegenheit warten, dann würde alles auch so bleiben wie es war, nichts anders werden.
Das ganze Nachdenken ließ sie ungemütlich fühlen, weswegen sie kurz ihren Kopf von Harrys Brust hob, ausnahmsweise einmal auf das Kissen zu legen. Inzwischen war sie schon so oft halb auf Harry eingeschlafen, dass es sich falsch anfühlte auf einem anderen Untergrund zu liegen.
Gerade rieb sie sich in gerade durchgestreckter Position über ihr Gesicht, als ein leises Grummeln neben ihr zu vernehmen war, darauf folgend die müde gesprochene Beschwerde: „Warum rückst du weg?"
Harrys verschlafener Ton glich der eines trotzigen, kleinen Kindes; Ana schmunzelte.
„Ich wollte mich strecken", antwortete sie schließlich aber doch, nahm ihre Unterlippe zwischen die Zähne.
„Hast du dich denn schon gestreckt?", fragte Harry dann, klang schon wesentlich aufgeweckter als zuvor.
„Ja."
„Kannst du dann wieder zu mir kommen?" Seiner Frage wurde ein einem Schmollen ähnlicher Blick angefügt, die passende Schnute mit einbezogen.
Anstatt zu antworten rückte Ana stumm wieder nahe genug an ihn, um ihren Kopf seitlich auf seiner Brust abzulegen. Es war schon verdammt süß, dass er ihre Nähe mindestens genauso mochte, wie sie seine. Irgendwie gab ihr dieses Wissen ein angenehm mulmiges Gefühl im Bauch.
Auch wenn sie jetzt vielleicht wieder auf seiner Brust lag, ihre Arme fest um ihn gelegt hatte, war nicht mehr an Schlafen zu denken. Zum Glück ging es Harry genauso, er schien ebenfalls nicht weiterschlafen zu können, das konnte sie daran spüren, wie seine Fingerspitzen leicht über die Haut ihrer Seite strichen. Das T-Shirt, das sie trug, konnte vielleicht noch so lange sein, doch trotzdem war es hochgerutscht. Eine Tatsache, die sie vor einiger Zeit hätte beheben wollen, doch jetzt konnte ihr es nicht egaler sein. Immerhin hatte Harry inzwischen schon so ziemlich alles von ihr gesehen, angefasst.
„Hast du gut geschlafen?" Das Kreisen der Fingerspitzen wurde auch während des Sprechens fortgeführt.
„Sehr gut, wie immer." Sie musste über diese Frage schmunzeln. Obwohl, inzwischen musste sie über alles, was Harry sagte, schmunzeln. Verliebt Sein war etwas Seltsames.
„Und du?"
Auch Ana fing jetzt an kleine Muster auf der im Gegensatz zu ihrer so gebräunten Haut zu malen.
„Ich habe nachgedacht..." Sein Ton war nachdenklich, vertieft, weswegen sie vorsichtig fragte: „Willst du mich daran teilhaben lassen?"
Harry grübelte, suchte nach der richtigen Ausdrucksweise für seine Gedanken, die gestern Abend noch in alle möglichen Richtungen ausgeufert waren. Wirklich alle.
„Naja, eigentlich ist es dumm..." Er wollte wieder ins Schweigen verfallen, dieses sensible Thema nicht anschneiden. Immerhin hatte es ihn zu dem gemacht, der er war.
„Harry." Die Stimme seiner Freundin war nicht von Neugier sondern auf irgendeine Weise von Stärke getränkt- keine Ahnung. „Nichts was du sagen könntest ist dumm. Auch wenn du das denkst, aber ich finde alles, was du zu sagen hast, interessant." Sie hatte kurz die süßen Bewegungen ihrer Finger eingestellt, machte sie nun aber wieder weiter. Sogar ihren Kopf hatte sie zum Sprechen leicht angehoben und gedreht; jetzt lag er wieder an der richtigen Stelle auf Harrys Brust.