Die erste Insel

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Manche sagen es gibt sowas wie Schicksal. Andere wiederrum glauben an einen Gott. Im Endeffekt ist es alles das Gleiche. Menschen klammern sich an den Gedanken, dass etwas sie leitet, dass es etwas gibt, was sie in ihrem Leben stützt. Sie haben Angst davor alleine zu sein. Ohne ein Ziel zu bleiben. Solange der Mensch etwas hat, woran er sich klammern kann, was er mit allem was er hat festhalten kann, kann ein Mensch überleben. Doch sobald er sich loslöst, von seinem Glauben, seinem Schicksal oder sei es sein altes Leben, fühlt er sich verloren, einsam, frei. Und genau diese Freiheit birgt die Gefahr. Denn wenn du den Boden unter deinen Füßen nicht spürst, weißt du nicht wo die Klippe ist. Zombart hat alles in seinem Leben verloren. Seine Crew, sein Schiff, seine Ziele, Träume und Wünsche. Doch obwohl er bewusst die Klippe gesucht hat. Hat er dennoch den Boden gefunden.

Zombart erwacht einige Meter unter dem Meeresspiegel und kämpft sich nach oben. War es sein Überlebensinstinkt, welcher ihn geweckt hat? Oder eine höhere Macht? Ein normaler Mensch wäre ertrunken, doch er erwacht kurz vorher? Er kämpft sich mit seiner letzten Kraft nach oben und schnappt nach Luft. Die Sonne scheint ihm ins Gesicht und blendet ihn, sodass er für kurze Zeit das Gefühl hat zu erblinden. Nach kurzer Besinnung erinnert er sich wieder, was ihn in diese Lage getrieben hat. Das Salzwasser aushustend ruft er vor sich her: „Diese Halunken. Schmeißen mich einfach von meinem eigenen Schiff. Nur weil ich mein Gold nicht mit ihnen teilen wollte." – Während er das keucht schwimmt er zu einem kleinen Stückchen Land am Horizont und als ob sein Schiff und seine Mannschaft noch in der Nähe seien, dreht er sich um und schreit mit erschreckender Entschlossenheit und neu gewonnener Kraft: „Aber das werden sie noch zu spüren kriegen! Ich hole mir mein Gold wieder! Meinen Schatz!" Erschöpft von diesem Ausbruch eines neuen Ehrgeizes dreht er sich wieder zur kleinen Insel, die nun langsam näherkommt und auf der er trotz des blendenden Lichtes sich Kühe und Bäume einzubilden scheint.

Als er schließlich die Insel erreicht setzt er sich auf den glühenden Sand, holt ein Stück einer Alge aus seinem Bart und während er das Gewächs neugierig in seiner Hand rumdreht denkt er sich mit brennender Leidenschaft: „Das ist jetzt meine Insel! Hier beginnt die Legende von Zombart!" Und lässt wieder das markerschütternde charmante Grinsen aufblitzen.

[Tag 01]

Als er sich von seinem Ruheplatz erhebt bemerkt er, dass seine Insel nicht alleine im Wasser steht. Um ihn herum entdeckt er weitere Flecken Land, wovon der eine sogar bebaut zu sein scheint. Trotz der Verwunderung der doch nicht so einsamen Strandung durchsucht er die Insel und bemerkt, dass die von ihm fantasierten Kühe scheinbar doch wahren Ursprungs sind und sie scheinen... zahm? Irgendwas an dieser Insel stört ihn. Es ist wie der Geruch von Schwarzpulver auf dem Schiff. Alles scheint normal, aber es gibt eine kleine Nuance, einen Geruch, ein Schatten, ein Geräusch, irgendetwas, was ihm verrät, dass das hier keine normale Insel zu sein scheint. „Scheinbar ist es wahr, was man über die Inseln von Piro sagt. Sonderbare Orte sollen es angeblich sein. Schon so mancher Mann hat hier seinen Verstand verloren" Während er das sagt streichelt er das Hinterteil einer Kuh und scheint nicht zu bemerken, dass die ersten Anzeichen des Wahns schon bei ihm an der Tür klopfen. Etwas weiter am Strand entdeckt er ein ihm sehr bekanntes Fass. Scheinbar ist im Laufe des Gefechtes das Fass mit verdorrtem Essen mit runtergerollt und hat ihn auf seinem Tauchgang begleitet. Zombart packt sich die verwendbaren Reste in seine Ledertasche, welche er stets auf dem Rücken trägt und dankt seinem Narrenglück. Ob die Crew vielleicht das Essen bewusst mit runterwarf? Als Verpflegung? Oder vielleicht haben sie einfach nur gehofft, dass das zusätzliche Gewicht ihn tiefer im Wasser versenkt und seinen Tod beschleunigt.

Aus den Brettern des Fasses baut sich Zombart eine eher bedürftige Platte zusammen auf der er improvisiertes Werkzeug zurecht legt. „Schon faszinierend, was man alles so aus ein paar Brettern und etwas Nägeln gebaut bekommt." Doch trotz der Zurschaustellung seines handwerklichen Geschickes war ihm klar, dass wenn er hier länger überleben will, er viel mehr Werkzeug braucht. Aus gesammelten Steinen vom Ufer und ein paar Zweigen, die er sich von einem Baum brach, baut er sich ein Gerüst zusammen, was im Entferntesten einer Spitzhacke ähnelt. Doch seine Geduld die Steine durch aneinander hauen zu schärfen sollte sich bald auszahlen, denn er bemerkt, dass die Steine vom Strand härterer Natur waren als die Steine, die einen Boden der Insel bildeten. Somit brach er sich durch den Boden, Stein um Stein.

Mit blutigen Händen und nach mehreren Stunden Arbeit hatte er es nun endlich geschafft eine kleine Höhle in den Boden zu schlagen. Es ist nicht viel Platz, es ist feucht und es riecht unangenehm nach Verwesung. Doch es bietet genug Schutz vor der Witterung. Als Zombart sich eine kurze Pause gönnt bemerkt er, dass die Sonne sich schon langsam dem Horizont zu neigt. Er schnappt sich eine Axt, die er aus dem Stein gebaut hatte, welcher durch seine Grabungen übrigblieb. Mit der Axt geht er zu den tropisch anmutenden Bäumen und fängt an Stück für Stück sich Holz raus zu schlagen bis der ganze Baum zerkleinert war. Daraufhin legt er sich in seiner Höhle einen kleinen Kreis aus Steinen zurecht, worauf er eine Plattform aus etwas größeren Steinen baut, damit er schließlich ein Konstrukt bekommt, welches zum Aufwärmen und Verbrennen dienen kann. Ein Steinzeit-Ofen, wenn man es denn so will. Unten in den Steinkreis legt er etwas kleine Holzstücke, welche er daraufhin entzündet, indem er einen Stock auf einem Teil der abgeschlagenen Rinde schnell dreht. Mithilfe des so entstandenen Feuers brennt er oben auf der Plattform gröbere Rinde und große Teile des Baumes an, um winzige Brocken von Holzkohle zu erhalten. Diese befestigt Zombart an einem Stock und entzündet diesen mithilfe des Ofens. „Woher weiß ich das alles?" – Plötzlich realisiert Zombart, dass hier etwas nicht stimmt. In seinem ganzen Leben hat er noch nie Feuer von selbst entzündet oder einen Ofen gebaut. Doch plötzlich scheint er zu wissen, wie man welchen Stein benutzen muss, damit man überleben kann. Spätestens jetzt bemerkt er, dass der Fluch der Piro-Inseln anfängt auch auf ihn zu wirken. „Reiß dich zusammen du alter Seebär, du hast einfach zu viele Groschenromane gelesen." Kaum überzeugt von seinen eigenen Worten befestigt er seine Fackeln am Eingang der Höhle und auf dem Rest der Insel, um in der Nacht einen Überblick zu behalten.

Da kam auch schon der erste Besucher zu Zombarts Insel. Die Nacht. Wie ein Schleier legte sie sich um Zombart und versuchte ihn mitsamt der Insel zu verschlingen, doch die Fackeln bilden eine Nadel, die durch den Stoff der Dunkelheit sticht, sodass, zwar umgeben von Schwärze, noch immer ein Stück des Tages auf der Insel bleibt und der Mond mit der Sonne wie verwebt wird.

Trotz der Müdigkeit, die mit dem Ende des Sonnenscheins auf ihm lastet, entscheidet er sich tiefer in seiner Höhle vor zu stoßen und gräbt unermüdlich weiter und mit jedem Schlag erscheint der Stein vor ihm härter und undurchdringlicher. Doch er gräbt weiter, ob getrieben vom Wahnsinn oder der reinen Gier nach Bodenschätzen, weiß nur die Insel selbst. Schließlich zerreißt ihn die Erschöpfung, die von seinen Händen durch seine Arme in seinen ganzen Leib übergegangen ist. Die Hacke fällt und Zombart entscheidet sich, in halber Ohnmacht, ein zu schlafen.

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⏰ Last updated: May 29, 2017 ⏰

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Piro - Die Abenteuer von ZombartWhere stories live. Discover now