Kapitel 7

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Endlich fand ich sie dann auch, die perfekte Stelle für mein Lager. Ich baute alles erneut auf und musste wieder ein Loch graben. Erschöpft schaute ich auf meine Armbanduhr. Ich lag gut in der Zeit: 12:14 Uhr. Angefangen zu suchen habe ich ungefähr vor zwei Stunden. Jetzt konnte ich gemütlich meine Zeit bis zum Abend im Zelt verbringen und noch meinen Lieblingsroman "Ein Koffer voller Hoffnung" von Sissel Værøyvik zu Ende lesen, vermutlich war das schon das vierte Mal, seit ich es gekauft hatte letztes Jahr. Fotos von den Touren aus dem letzten Jahr musste ich auch noch bearbeiten. Da waren die Fjorde Tromsøs, Wanderwege wie Lyngstuva mit einem kleinen Leuchtturm und typisch norwegischen Holzhütten, die vereinzelt auf Bergen stehen. Eingekuschelt in meine Decke und mit der Kapuze meiner Winterjacke auf dem Kopf saß ich in dem offenen Zelt und schaute nach draußen. Ein Glück kein Sturm im Anmarsch. Schnell zog ich das Zelt zu, schaltete meinen Heizstrahler ein und klappte meinen Laptop auf. So langsam waren die Minusgrade erträglich und im Zelt wurde es wärmer. Ich schaltete meine Playlist von Edvard Grieg an und lauschte zu seinen Werken aus "Peer Gynt". Besonders gefällt mir In The Hall Of The Mountain King, was ich mir unendlich lange anhören könnte. Ich begeistere mich nun mal sehr für Klassik, dazu kann ich am besten entspannen und mich konzentrieren. Die Klänge harmonisieren so schön mit Norwegens Natur. Und obwohl ich kein Fan von Norwegen bin, bin ich Fan von dem Norwegen Edvard Grieg. Seltsam.
Ich machte mich an die Arbeit, schrieb einigen Museen, ob sie meine Fotos für ihre Ausstellung haben wollen würden und einige Museen schrieben mir, ob sie meine dafür haben dürften. Ich war hier in dem Ort zwar keine Berühmtheit, aber man kannte meine Fotos. Dann updatete ich meinen Blog, indem ich meine neuesten Bilder hochlud und Artikel über meine Wanderungen und Übernachtungen in freier Natur schrieb.
"Hey, wie läuft's?", fragte mich eine Stimme auf dem Laptopbildschirm. Es war Algeas, die mich auf Skype anrief. "Besser als sonst. Heute bleibt mir mal der Sturm erspart." Sonst hatte ich selten so Glück mit dem Wetter auf 1700 Metern. "Aber könnte noch besser sein", fügte ich hinzu. "Was ist los?" "Mir ist etwas langweilig. Bin zwar gerade am Artikel schreiben und Bilder bearbeiten, aber das dauert nicht ewig. Und die Lichter sind erst ungefähr zwischen 18 Uhr abends und 1 Uhr nachts sichtbar. Also muss ich mir für die sechs Stunden etwas Spannendes suchen." Al schlug vor, ich solle doch die Gegend erkunden oder im Hotel noch etwas Leckeres verspeisen. Aber ich hielt nichts von der Idee: "Hinterher ist mein Platz hier wieder weg, ich muss jetzt richtig aufpassen und ein Stubenhocker sein." "Zelthocker", sie lachte. Ich lachte auch, aber nicht deswegen, sondern weil ich froh war, dass sie anrief. Wir skypten noch eine Stunde. Der Countdown lief. Noch fünf Stunden bis zum himmlischen Ballett.

In der Dunkelheit allein- Wenn die Hoffnung zuletzt stirbtWhere stories live. Discover now