Und alles nur, weil er älter ist.

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Sie hielten mich für klein, ihnen nicht gewachsen. Einer von ihnen dachte, er wäre etwas Besseres, ich konnte es an den Blicken sehen, die er mir zuwarf. So voller Hochmut und Verachtung.

Seit drei Jahren, immer gegen Beginn der Sommerzeit, kamen wir nun schon zusammen. Man sollte meinen, sie hätten sich langsam daran gewöhnt, dass ich eben ein sehr schüchterner Charakter Fremden gegenüber war. Und trotz der drei Jahre waren wir genau das:

Fremde.

Als ich damals zum ersten Mal gefragt wurde, ob ich denn Interesse hätte, sagte ich sofort zu. Die Aussicht darauf, mit anderen zusammen das zu tun, was mir so viel bedeutete und einen wichtigen Anker in meinem Leben bildete, fand ich damals berauschend. Ich stellte mir schon Wochen davor vor, wie es sein würde, wie wir uns langsam immer besser verstehen würden, wie wir schließlich Freundschaft schließen würden.

Dann war der große Tag gekommen. Ein Samstagmorgen, für die Jahreszeit doch recht kühl, sanfte Nebelschwaden zogen durch die Straßen. Ich stand vor dieser Tür, durch die ich schon oft zuvor gegangen war, fest überzeugt, dass das Öffnen jener mein Leben verändern würde.

Ich war jemand, den ein Außenstehender wohl als graue Maus bezeichnet hätte. Unauffällig, hielt sich im Hintergrund, sprach nur, wenn sie gefragt wurde. Doch ich war nicht so schüchtern, wie ich vielleicht wirkte.

Zumindest versuchte ich mir das einzureden, mit der Begründung, ich redete ausschließlich mit Leuten, mit denen es sich meiner Meinung nach lohnte. Mit Vertrauten also, von denen ich wusste, sie würden mir zuhören und sich für mich interessieren. Was davon wahr ist, weiß ich bis heute nicht.

Was ich aber weiß und auch damals schon wusste, war, dass niemand mich vom ersten Eindruck her nicht leiden konnte. Die Leute vergaßen mich zwar meist kurz, nachdem ich vor ihnen gestanden hatte, aber ich blieb nie jemandem in schlechter Erinnerung. Dafür erregte ich zu wenig Aufmerksamkeit.

So war ich es schon immer gewohnt. Und das war auch der Grund, weswegen ich von dem, was passiert, so aus der Bahn geworfen wurde. Ich drückte die Klinke der Tür hinunter und trat in den Raum. Sie waren alle bereits da, vier Jungs und ein Mädchen. Anscheinend war ich die Letzte.

Plötzlich richteten sich sämtliche Augenpaare auf mich. Sie musterten mich alle. In diesem Moment fühlte ich förmlich, wie die Zeit stehen blieb. Ich konnte jedem einzelnen ansehen, was er über mich dachte.

Da war zunächst ein eher älterer Junge, besser gesagt wohl junger Erwachsener. Er sah sich nur kurz nach mir um, wendete sich dann aber wieder dem zu, womit er bis eben beschäftigt war. Damit konnte ich umgehen.

Das war ich gewohnt.

Mein Blick wandere weiter zu dem einzigen Mädchen. Sie saß auf einem Stuhl, die Beine lässig überkreuzt, ihr Handy locker in einer Hand. Sie war gleichalt wie ich, erfuhr ich später, doch wirkte sie so viel älter, so viel reifer alleine durch die bequeme, schwarze Leggings und die blau-rot karierte Bluse, die darüber zusammengeknotet war. Ich kam mir plötzlich ziemlich blöd vor in der kanariengelben Dreivierteljeans, die ich sonst so gerne trug und für diesen besonderen Tag angezogen hatte.

Bei ihr war mir nicht ganz klar, was sie dachte, doch bedachte sie mich mit einem kurzen Lächeln, was ja an und für sich etwas Gutes bedeutete. Ich denke, ihr ging es wie den Meisten. Sie registrierte meine Anwesenheit, kümmerte sich aber nicht länger um mich.

Dann sah ich sie. Drei Jungs, die als Gruppe zusammenstanden, ihre Blicke unverwandt auf mich gerichtet. Ich kannte sie alle drei aus der Schule, sie besuchten den Jahrgang über mir. Doch sie kannten mich nicht, da war ich sicher. Zwei von ihnen gehörten zu den Typen, die jedes Mädchen an der Schule anhimmelte, mit einem kleinen Unterschied. Dem einen von ihnen, mit dem ich vor dieser Gruppe nichts zu tun haben wollte, sah man an, dass er zu diesen typischen Machos gehörte. Ziemlich hübsch, nichts im Kopf, Verhalten ala Mistkerl. Der andere jedoch gehörte zu der Sorte, die durchaus ansehnlich war und zudem auch noch einen guten Charakter besaß. Außerdem machte er sich nicht viel aus den Mädchen, die ihm zu Füßen lagen. Das alles wurde mir erzählt, und ich glaubte es.

Aus dem Leben eines Teenagers oder auch: El caos perfectoWhere stories live. Discover now