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Ich sah das kleine Café schon von Fern, da es knall bunt war. Außerhalb standen viele kleinere Tische mit Stühlen. Ich betrat den Laden und schaute mich um: der Raum war garnicht mal so groß wie es von außen gewirkt hatte, alles im Vintagestil gehalten, aber doch elegant. Nicht schlecht!
Ich sah Rosy an einem Tisch am Fenster sitzen, sie blätterte gerade in einer Zeitschift. Ich ging auf sie zu und wir begrüßten uns herzlich: "Hey, Rosy! Sorry für die Verspätung, ich ... wurde aufgehalten."
Sie nahm mich in den Arm und winkte mit einer Handbewegung ab. "Hey! Kein Problem, ich bin auch gerade erst gekommen." Wir setzen uns zusammen an den Tisch und bestellten unsere Getränke, für mich eine heiße Schokolade und für Rosy ein Café Latte.
Wir quatschten gemeinsam über die unterschiedlichsten Themen: Hobbys, unsere Familien, die neuen Trends und natürlich über Jungs. Wir stellten sogar fest, dass wir auf dieselbe Schule gingen.
"Erzähl mal, woher kennst du Logan eigentlich? Ihr scheint euch sehr vertraut?", fragte mich Rosy plötzlich. Ich lächelte kurz auf.
"Vertraut kann man das nicht nennen ... wir sehen uns manchmal in den Schulgängen, aber sonst ist da nichts ..."
Ich schaute nach unten zu meinem Getränk.
"Mehr nicht? Wirklich?", hackte Rosy nach. Ich atmete ein.
"Nein, was sollte da schon großartiges laufen ..."
Ich zuckte gelassen mit meinen Schultern.
"Er ist der Badboy der Schule, tja, und ich bin ... ein ganz normales Mädchen. Er hat die Auswahl von allen Mädchen hier, wieso sollte er gerade mich wollen?"
Rosy überlegte kurz und lächelte dann schließlich zufrieden: "Nun ja, keine von diesen Mädchen trainiert alleine mit ihm und kann sein Sixpack sehen?" Ich lachte auf. "Ohu, naja, also richtig gesehen habe ich es noch nicht, um ehrlich zu sein." Rosy hob die Augenbrauen überraschend hoch. "Ach ja?"
Ich nichte zustimmend und zog eine Schnutte.
"Ja, das ist ja der eigentliche Grund, warum ich bei ihm Unterricht nehme ..."
Ich schmollte und Rosy kicherte. "Aber woher kennt ihr euch denn?", fragte ich stattdessen.
"Nun ja, mein Bruder Josh und er sind sehr gute Freunde, sie kennen sich schon seit dem Kindergarten und er ist irgendwie, wie mein zweiter großer Bruder. Er hat mit immer bei den Hausaufgaben geholfen oder Jungs gedroht, oder sogar geschlagen, wenn sie mich nur blöd angemacht haben ..."
Ich runzelte die Stirn. So kannte ich Logan überhaupt nicht, so fürsorglich und hilfsbereit ... Abgesehen davon, dass er ebenfalls die perversen Jungs verprügelt hat, aber hätte das nicht jeder gemacht? Um ehrlich zu sein nicht, denn wer hilft schon einer Ausenseiterin ...
"Annabelle? Hey!"
Ich blinzelte. "Was?"
"Sag' mal, hast du mir überhaupt noch zugehört?" 
Ich atmete aus und senkte meine Schultern.
"Nein, sorry! Was hast du gesagt?"
Sie runzelte die Stirn.
"Hast du gerade über ihn nach gedacht?", fragte sie mich grinsend. "Nein! ... Na gut, vielleicht ..."
Ich seuftzte auf. "Ich meine nur, so kenne ich Logan garnicht. Naja, so ..." Ich suchte nach den passenden Woren und fuchtelte mit meinen Händen rum.
"... besorgt und rücksichtsvoll."
Jetzt seufzte Rosy auf und fuhr sich durch ihr kurzes braunes Haar. "Ja, Logan gibt sich als Badboy aus, um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mal, wieso. Vielleicht liegte es an seinem Vater, oder an Joseph -"
Sie verstummte abrupt und biss sich auf ihre Unterlippe. Ich runzelte die Stirn.
"Wer ist Joseph?", fragte ich langsam. "Er ist ... ein Bekannter."
Damit war das Thema wohl beendet und ich fragte auch nicht nach. Joseph ... mir kam der Name bekannt vor, aber ich wusste nicht, woher ... "Anderes Thema! Ich schmeiß am Sonntag um 18 Uhr eine Familienparty und du bist herzlich eingeladen!"
Ich sah sie verdutzt an.
"Ähm, aber ich bin doch kein Familienmitglied ...", stammelte ich. Sie winkte nur ab.
"Aber wir sind doch Freundinnen, und meine Familie wird dich lieben!" Ich lächelte sie sanft an.
"Ich weiß nicht so recht ..."
"Aber Logan wird auch da sein!"
Sie zwinkerte mir zu und ich lachte kurz auf.
"Bitte!"
Ich seufzte auf.
"Na gut ...", gab ich schließlich auf.
Sie kreischte auf und umarmte mich. Alle Leute sahen uns komisch an, aber Rosy war das egal, und mir auch. Ich schlang meine Arme um ihren Körper.
"Ich denke, wir sollten morgen noch shoppen gehen! Nach dem Training?" Ich nickte. "Ja, gerne!"

Wir quatschten noch eine Stunde lang, was wer anziehen wird und schließlich musste ich nach Hause. Wir verabschiedeten uns voneinander und gingen getrennte Wege. Ich hatte noch immer ein Lächeln auf meinem Gesicht, bis ich zu unserer Haustür ging. Von außen konnte ich Geschrei hören und mein Grinsen verblasste. Ich konnte Cole und Dad hören, und eine Menge Gegenstände, die hinunter fielen. Ich schloss die Tür auf und betrat den Flur.
"Wieso bist du nur so zu mir? Ich hasse dich!", schrie Cole aus dem Wohnzimmer und eine Vase zerbrach. Ich schluckte und stellte meine Sachen ab. Vorsichtig ging ich ins Wohnzimmer und sah die Beiden an. Cole war außer sich vor Wut und Dad hatte bereits einen roten Kopf. Ich roch sofort Alkohol und wusste, dass mein Vater betrunken sein musste. Das Wohnzimmer war durchrümpelt von Glasscherben, Zeitschriften und Klamotten.
"Was ist hier passiert?", fragte ich leise.
"Dein Bruder hat eine neue Freundin und hat mit ihr geschlafen. Er hat mich nicht einmal gefragt oder auch nur informiert!"
"Brauche ich etwa deine Erlaubnis? Ich bin schon 21!"
Okay, ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte.
Einerseits hatte Dad recht, andererseits auch Cole ...
"Und deswegen zerstört ihr gleich das ganze Haus?", fragte ich beide und zeigte durch das Chaos im Wohnzimmer.
"Und wo warst du überhaupt? Hab' ich dir erlaubt, solange aus zu bleiben?", schrie er mir als Gegenfrage zurück.
Ich sah ihn verdutzt an.
"Ich hab mit Cole darüber geredet, du warst ja fast nie da und hast dich wahrscheinlich wieder mit deinem One-Night-Stand gekümmert!", rief ich ihm böse zu.
Eine Nummer zu groß für ihn! Er stürmte auf mich zu und packte mich am Arm.
"Wie kannst du es wagen, mich dafür zu beschuldigen?"
Ich funkelte ihn böse an.
"Ich sage nur die Wahrheit!"
Er schlug mir in Gesicht und ich keuchte auf. Tränen brannten mir in den Augen und rollten mir über die Wange. Wieso machte er so etwas?
Ich war sauer, endgültig und ich wollte mir nichts mehr von ihm sagen lasse. Ich hatte meinem Dad viele Chancen gegeben alles wieder in Ordnung bringen und er hatte sie nicht genutzt, hatte nichts aus seinen Fehlern gelernt. Und erst jetzt wurde mir das klar ...
Ich nahm all meinen Mut zusammen und führte meinen antrainierten Handgriff durch und zu meinem Erstaunen klappte es sehr gut!
Mein Dad schrie auf und krümmte sich vor Schmerz, aber es war mir egal, ihn so leiden zu sehen. Jahr für Jahr hatte ich gelitten und das bisschen Schmerz konnte er nicht mal aushalten.
Ich ließ ihn los und schaute zu Cole. Er war sichtlich stolz auf mich und lächelte mich traurig an. Ich rannte in mein Zimmer und schaute in meinen Spiegel. Meine Wange war nich gerötet von dem Handabdruck. Ich untersuchte meinen Arm und stellte fest, dass sich ein neuer blauer Fleck bilden würde und dieses mal war es der Letzte.

Good Badboy ?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt