Kapitel 1: Das Paradies

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„Weißt du, als wir uns kennen gelernt haben war alles so einfach! Ich hätte nie gedacht, dass wir uns nach zwei Jahren ohne großen Krach mal so streiten würden... Verdammt Isa, ich habs voll versaut!"

Ich nahm einen großzügigen Schluck des ekelhaft süßen Cocktails in meinen Händen. Isa streichelte sanft meinen Rücken. „Ach Paula, so was passiert. Du entschuldigst dich morgen bei ihm und dann ist die Welt wieder in Ordnung!"

Zweifelnd sah ich sie an. „Ich steh aber immer noch zu meiner Meinung. Er soll diese Scheiße lassen, was ist, wenn er mal betrunken herunterfällt? So ein Kran ist scheiße hoch! Das kann er doch nicht machen!" „Ja, klar, aber lass ihm doch seinen Freiraum..."

Ich schnaubte. „Er hat jeden Freiraum den er will. Er kann mit seinen Jungs um die Häuser ziehen, Urlaub mit anderen Mädels machen, sogar die Sache mit dieser dummen Kuh hab ich ihm verziehen! Aber dieses eine Mal muss er doch einsehen, dass ich mir nur Sorgen mache..." Ich vergrub mein Gesicht in den Händen.

Als anständige beste Freundin, die sie nun mal war, umarmte mich Isa einmal fest und begann dann einen Plan auszuhecken. „Also, wir zwei Hübschen lassen es uns heute Abend gut gehen und du vergisst deine Sorgen einmal für einen Moment. Und morgen, wenn sich die Lage wieder beruhigt hat, kochst du was Schönes für ihn oder so und er wird sich entschuldigen und dann sprichst du ihn erstmal nicht wieder darauf an... Problem gelöst!"

Einen Moment starrte ich ungläubig auf meine beste Freundin. Hatte sie denn gar nicht verstanden, worum es mir ging? Aber andererseits verstand sie so viel mehr von Jungs und Beziehungen... Ich seufzte, vermutlich war das Schweigen eine Art Kompromiss. „Okay, na schön. Dann brauch ich aber nochmal was zu trinken!" Ich prostete ihr zu und leerte mein Glas in einem Zug. „Braves Mädchen!", kicherte sie und zog mich aus der Bar.

Der nächste Club war gleich um die Ecke, wir waren schon öfter dort gewesen. Das Bier war günstig, aber ekelhaft. Die Musik nicht ganz mein Fall, aber die wummernden Bässe ließen jeden noch so Tanzfaulen ein wenig hin und her wackeln. Und vor allem gab es dort eine Menge netter, verzweifelter Männer, die Isa einen Drink nach dem anderen spendieren würden.

Wie erwartet stand ich also kurze Zeit später allein an der Bar und sah zu, wie Isa sich mit einem großen Sunnyboy unterhielt. Blond, bärtig, dümmlich grinsend – genau ihr Fall. Brummend leerte ich mein Glas und drehte mich um. „Noch einen, bitte!" Der Barkeeper nickte und schob mir das volle Glas zurück.

Normalerweise trank ich nie so viel. Normalerweise ging ich aber auch nie allein mit Isa weg, genau wegen diesen blonden oder schwarzhaarigen oder wie-auch-immer-aussehenden Typen. Es war immer das gleiche Spiel. Sie kicherte, lachte, er grinste, strich ihr das Haar aus dem Gesicht und sie verschwanden. „Du Paula, tut mir echt leid, aber Moritz hat ein Motorrad und würde mich nach Hause bringen... du weißt doch wie sehr ich Motorräder liebe!"

Ich grinste. „Ist okay, viel Spaß. Ich wollte sowieso gerade gehen." „Du bist die Beste! Pass auf dich auf und erwarte meinen Anruf morgen!" – sie kicherte – „Und ich bring dir was aus dem Laden mit für deine Entschuldigung!" Noch bevor ich protestieren konnte, war sie verschwunden und Moritz folgte ihr wie ein Schoßhündchen. „Na toll", grummelte ich.

Isa jobbte nebenher in einem Dessousladen und bekam Mitarbeiterrabatte. Und obwohl ich diesen ganzen Fetzen nichts abgewinnen konnte, wollte sie mir immer welche andrehen. Das würde ein lustiger Sonntagmorgen werden. Ich zog kräftig an meinem beinahe noch vollen Glas und stellte es zurück. Dann stand ich auf. Die Welt drehte sich ein bisschen – ich hatte wohl mehr getrunken als mir gut tat.

Einen kurzen Moment lang wollte ich mich vom Barkeeper verabschieden, doch wozu... Ich lief unsicher hinaus aus dem Club. Kaum war ich ums nächste Eck gebogen, zog ich mir die glitzernden Schuhe von meinen schmerzenden Füßen. Der Asphalt war noch immer warm, und so torkelte ich allein mit meinen Gedanken Richtung Elternhaus.

Die Hölle ist schwarzWhere stories live. Discover now