Teil7

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Nachdem dem Fund der Uhr blieb ich noch eine ganze Weile in dem kleinen Zimmer. Zitternd stand ich im Heu, unfähig mich zu bewegen, geschweige denn zu reden. Tausende Gefühle durchströmten mich gleichzeitig, doch trotzdem konnte ich kein einziges zu fassen bekommen. Am liebsten hätte ich geschrien vor Verzweiflung und vor Hilflosigkeit. Ich fühlte mich wie in einer Nusschale auf hoher See.

Schließlich war es das Knurren meines Magens. Kurz darauf ein schmerzhaftes ziehen. Hunger. Wie lange hatte ich wohl nichts mehr gegessen?

Unsicher ging ich in den Raum, in dem sich vorhin noch die Hexe und der Junge befunden hatten. Anstelle von ihnen saßen nun Luke und ein Mädchen am Tisch. Entspannt hatte er einen Arm um sie gelegt während sie ein Bein über seins gelegt hatte.

Rührend.

Hätte ich irgendwas im Magen gehabt hätte es jetzt vermutlich seinen Weg nach draußen gefunden. Unbeeindruckt ließ ich mich neben Luke fallen, der mich fröhlich angrinste. Die Brünette neben ihm tat es ihm gleich.

"Hallo, ich bin Mia." Freundlich reichte sie mir ihre Hand. Blitzschnell drehte ich ihren Arm herum, doch auf dem Handgelenk stand kein einziger Buchstabe. Innerlich gab ich mir eine Ohrfeige nach der anderen. Das war peinlich und vermutlich hatte ich mich damit nicht wirklich beliebt bei ihr gemacht. Schnell ließ ich ihre Hand wieder los. Beschämt sah ich auf den Boden.

"Verlierer." Erstaunt sah ich sie an. "Wenn du auf den anderen Arm gesehen hättest hätte dort Verlierer gestanden." Etwas überfordert sah ich sie an. Diese Einstufung hätte ich nach den zwei mir bekannten nicht erwartet. Mörder und Verräter, das waren Vergehen die rein slbstverschuldet waren, doch ein Verlierer konnte auch jemand sein, der gut -allerdings nicht gut genug - war.

Um die Stimmung dennoch irgendwie zu lockern angelte ich mir eine Metallschüssel von einem Stapel, der sich auf dem Tisch auftürmte. Dann nahm ich mir eine große Kelle aus dem dampfenden Topf, der auf der Tischmitte stand. Anschließend sah ich mich nach einem Löffel um. Dabei begegnete ich dem schmunzelnden Blick von Luke, der einfach nur langsam den Kopf schüttelte und es mir dann mit seiner Schale Suppe zeigte, die er schlicht und ergreifend einfach nur an die Lippen führte. Dankend tat ich es ihm gleich.

Eigentlich wollte ich noch so viele Fragen stellen, wollte wissen, was ich morgen tun müsste. Oder wieso... oder...Mein Kopf schien förmlich zu zerbersten, doch ich nah mich zurück. vermutlich hatte mich Luke nicht ohne Grund davor gewarnt, zu viele Fragen zu stellen.

Also beschloss ich wieder in das Zimmer zurück zu kehern und mich noch etwas auszuruhen, da es mir noch zu früh war um schlafen zu gehen. Dort angekommen erwartete mich jedoch ein weiterer Schreck.

Im dämmrigen Licht der kahlen Glühbrine stand die Hexe im Zimmer und durchwühlte die Notizbücher, die Luke vorhin noch ungnädigt in die Ecke befördert hatte. Mit einem lauten Räuspern machte ich mich bemerkbar. Ertappt ließ sie die Bücher aus ihren vernarbten Händen auf den kahlen Fußboden unter ihr fallen und blickte mir nun direkt in die Augen.

"Der Mörder." Hämisch grinsend entblöste sie eine Reihe messerscharfer Zähne.

"Felix." Korrigierte ich sie nur allzu gern. Erstant sah sie mich an.

"Er war bei dir. Das hätte ich nicht gedacht, so schnell... Es muss ihm etwas an dir liegen und trotzdem bist du ein Möder. Das ist seltsam. Weißt du, Mörder gibt es sonst nicht wirklich. Und er mag sie nicht."

Plötzlich griff sie nach meinem Arm und drehte ihn gemeinsam mit meinem um.

Mörder. Genau da stand auch bei ihr, obwohl es mich bei ihr eher weniger wunderte. Ausführlich musterte sie mich.

"Es erstaunt dich nicht, du hast es bei mir sowieso schon vermutet, nicht wahr?" Ihr Griff um mein Handgelenk verstärkte sich, sodass ich vor Schmerz schrie und ihre langen Fingernägel kleine Einstichwunden zurückließen.

"Glaub mir. Ich war nicht immer so." Wild rasten ihre Pupillen in den Augen umher, mir wurde schon ganz schwindelig beim Anblick.

"Pass auf. Wir sind die einzigen." Kurz kam sie noch einmal gefährlich nahe, dann war sie verschwunden.

Die VergessenenWhere stories live. Discover now