• Rosen

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Der fünfte Januar war ein schöner Tag. Die Sonne stand hoch am Himmel, keine einzige Wolke war zu sehen und obwohl es Ava an diesem Nachmittag nach draußen in die frische Luft zog, blieb sie den ganzen Tag in ihrer Wohnung.

Sie machte keinen Mucks, denn sie wollte ihn nicht verpassen. Dieses Mal wollte sie ihn sehen und deshalb musste sie sehr aufmerksam sein. Sie saß an ihrem Esstisch, denn er lag näher an der Haustüre und somit überhörte sie das Geräusch hoffentlich nicht. Sie hatte ihre alte Fotokiste herausgekramt und sah sich die Bilder an, die sie damals zusammen mit ihm aufgenommen hatte.

Es waren Bilder, auf denen zu sehen war, wie sie sich in den Armen hielten und breit in die Kamera grinsten. Auf manchen Bildern küssten sie sich und manche Aufnahmen zeigten nur ihn. Auf einem Bild stand sein braunes, wuscheliges Haar wirr von seinem Kopf ab und er sah müde aus.

Ava lachte leise als sie sich an den Tag zurückerinnerte, an dem sie dieses Foto mit ihrer Polaroidkamera aufgenommen hatte. Er hatte noch geschlafen, während sie heimlich Fotos geknipst hatte. Doch von den Geräuschen der Kamera war er wach geworden, genau in dem Moment, in dem Ava ihre Kamera ein weiteres Mal auf ihn gerichtet hatte. Vorsichtig strich sie mit ihrer Fingerspitze über das Foto.

Sie lächelte sanft und dann hörte sie es. Schritte erklangen im Treppenhaus, sie wurden immer lauter und Ava sprang von ihrem Stuhl auf, so, dass er bedrohlich wackelte. Sie rannte in den Flur und riss die Türe auf und dort stand er. Er hielt einen Strauß Rosen in der Hand, ein sanftes Lächeln trat auf seine Lippen, als er Ava entdeckte und sie stürmte auf ihn zu. Er taumelte einige Schritte zurück, dann schlang er die Arme fest um die junge Frau.

Seine Hand strich zärtlich über ihren Rücken und eine Weile lang standen sie einfach nur still inmitten des Flurs. Sie hielten sich in den Armen und Ava rollte eine einzelne Träne über die Wange. Sie tropfte auf seine Schulter und als sie sich lösten, strich sein Daumen sanft über die nasse Tränenspur.

„Ava", hauchte er und sie sah zu ihm auf. Seine Augen wanderten über ihr Gesicht, er sah von ihren Augen zu ihren Lippen und schließlich beugte er sich vor, um sie sanft zu küssen. Und Ava schmiegte sich ganz dicht an seine Brust. Ihre Arme legten sich um seinen Rücken und sie wollte ihn niemals wieder loslassen.

Sie küssten sich eine Weile lang und erst als die beiden nach Atem ringen mussten, da lösten sie sich voneinander, doch Ava entfernte sich keinen Schritt von ihm. Sie blieb dicht bei ihm stehen und hatte die Augen geschlossen. Sein Daumen strich sanft über ihre Wange. „Es tut mir leid, Ava. Ich hätte schon viel früher zu dir kommen und mit dir sprechen sollen", flüsterte er, doch sie sagte nichts und stattdessen legte sie ihre Lippen für einen Moment auf seine.

„Ich liebe dich", sagte sie und das war das einzige, das die beiden hören mussten, ehe sie sich erneut in die Arme fielen und küssend zurück in Avas Wohnung stolperten. Die Rosen fanden ihren Platz neben den Tulpen und während er Ava ganz fest in seinen Armen hielt, schnappte sie nach der Karte. Der letzten Karte. Sie sah ihn einen Moment lang an, dann wandte sie sich der Karte zu.

„Liebe Ava,
wahre Liebe stirbt niemals."

Ava lächelte sanft und es brauchte nichts mehr als diese sechs Worte. Sie drehte sich in seinen Armen zu ihm um, schlang die Arme um seinen Nacken und fing seine Lippen mit ihren ein. „Wahre Liebe stirbt niemals", murmelte sie an seinen Lippen, bevor sie ihn küsste und es war wahr. Wahre Liebe würde niemals sterben.

Wahre Liebe hielt alles durch. Man musste nur kämpfen und daran festhalten. Und das hatte Ava getan. Jeden Tag, obwohl sie das selber gar nicht gewusst hatte.

Ende

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[05. Februar 2018]

FlowersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt