Tag Elf - Früher Vormittag

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Ich wache auf und fühle mich zum ersten Mal in meinem Leben auf eine komische Weise gut.
Zuerst wusste ich nicht mehr warum, bis mir der gestrige Tag wieder einfällt.

Langsam öffne ich meine Augen und nehme meinen Körper wieder aktiv wahr. Ich spüre Farid's Atmung, da ich meinen Kopf im Schlaf auf seine Brust gelegt haben muss. Meinen Arm habe ich um seinen Oberkörper geschlungen. Auch Farid hat seinen Arm um mich gelegt, sodass seine Hand auf meiner Taille liegt.

Ich bin nicht mehr angetrunken, sodass mein Selbstbewusstsein nicht mehr so hoch ist. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob er mich nur durch den Alkohol etwas mochte. Unsicher bewege ich mich keinen Zentimeter, bis ich einen Entschluss getroffen habe.
Ich drehe mich langsam von ihm und setze mich auf. Verschlafen reibe ich mir die Augen und verspüre einen leichten Druck an meinen Schläfen. Der Alkohol schien doch nicht so an mir vorbei gezogen zu sein, wie ich es mir erhofft hatte.

„Guten Morgen.", höre ich es plötzlich neben mir und ich schaue zu Farid.
Dieser hält sich selbst den Kopf und richtet sich langsam auf. Ich muss Grinsen. „Alles klar?", frage ich und stehe auf um mich zu strecken.
„Ja. Leichte Kopfschmerzen, aber das ist ja nichts."
Ich nicke veträumt. „Sollen wir ... losgehen?", frage ich und sehe durch das Fenster nach draußen. Dort scheint die Sonne wieder, sodass man kaum mehr erkennen kann, dass es nachts geregnet hatte.

„Ich glaube schon.", antwortete Farid mir und wir stehen auf.
„Wir können das alles hier lassen. Es wir niemanden stören.", sage ich als wir aufstehen und öffne nebenbei die Bürotür.
„Leider, ja. Deshalb solltest du das hier wieder ins Leben rufen, findest du nicht?" Farid folgt mir durch die Trainingshalle und holt auf.

So als wären wir schon mehrere Jahre beste Freunde legt er locker einen Arm um meine Schulter und sieht mich herausfordernd an. „Oder?"
Ich grinse ihn an und nicke. „Ich schau mal was sich machen lässt."

Zusammen fahren wir in ein Café, da wir beide hungrig sind und wir dieses Wochenende nichts zu tun haben. Dort setzen wir uns an den abgelegensten Tisch und beobachten gemeinsam die Menschen, die den gut besuchten Laden betreten.

„Guck' dir den an. Ich wette er arbeitet Überstunden im Büro und muss für seinen Chef jetzt Kaffee holen, weil der aus dem Geschäft ekelhaft ist." Ich schubse Farid leicht mit der Schulter an, da wir nebeneinander an einem Tisch in einer Sitznische sitzen.
Wir haben mittlerweile unser Frühstück serviert bekommen, welches wir bisher still gegessen hatten. Uns beiden konnte man die Kopfschmerzen sicherlich ansehen und richtig fit waren wir  noch nicht.

Farid sieht von seinem Teller auf und in die Richtung, die ich ihm unbemerkt andeute. „Wie er unter Strom steht. Kann seinen Fuß nicht ruhig halten.", sagt er und lächelt kopfschüttelnd, bevor er selbst seinen Kaffee trinkt.
Auch ich widme mich wieder meinem Frühstück.

„Am Wochenende zu arbeiten muss richtig beschissen sein. Aber sonst könnten wir nicht hier sein.", kommentiert Farid nebenbei und mustert mich plötzlich von der Seite.
Sichtlich verwundert ziehe ich meine Augenbrauen zu einem fraglichen Gesicht. Bevor ich etwas fragen kann, spüre ich seine Hand auf meinem Oberschenkel, die geschickt mein Handy aus der Hosentasche zieht.

Ich habe nichts zu verstecken, weshalb ich neugierig beobachte, wie er über einen Wisch von unten nach oben die Schnellbedienung öffnet und die Notizen antippt. Dort öffnet er eine neue Notiz und tippt eine Nummer ein, bevor er mir mein Handy wieder an den rechtmäßigen Platz steckt.

„Wenn du mal nicht an den Kampf kommst oder ich keinen habe." Grinsend sieht Farid mich kurz an und isst anschließend weiter, so als wäre nichts gewesen.
Auch ich lasse mich davon nicht beirren. Stattdessen erkundige ich mich nach seinem Wohlbefinden.
„Besser. Ich muss sagen, dass ich schon lange nichts mehr getrunken habe. Das wahr wohl der Grund, warum ich gleich so darauf reagiert habe. Und wie sieht's bei dir aus?" Wie sehen uns kurz an ehe auch ich nicke. „Gut. Also ... im Vergleich zu heute morgen besser. Ich hoffe die Übernachtung dort war nicht allzu schlimm."

Ich schiebe meinen leeren Teller von mir und lehne mich mit der Tasse Kaffee zurück in die erstaunlich weiche Sitznische.

„Nein." Fast zur selben Zeit hat auch Farid sein Frühstück aufgegessen und hält kurz inne. „Eigentlich war das ziemlich ... bequem."
Ich kann Farid nur von der Seite sehen, doch wenige Sekunden später sieht er zu mir und grinst. Ohne den Blickkontakt abzubrechen trinke ich meinen Kaffee aus und stelle die Tasse blind auf den Tisch.
„Oder was denkst du?" Er setzt sich seitlich, sodass er mich nun direkt ansehen kann.

Ich nicke mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und richte meine Zopf.
Auch Farid rutscht nun nach hinten, sodass sich unsere Schultern berühren.
„Ich glaube ich bin mehr als nur froh, dass die Decke so dünn war."

Mit meinem Kommentar bringe ich ihn leicht zum lachen. Ich muss selbst aufpassen, um nicht zu lachen und sehe auf meine Hände, bevor ich all meinen Mut zusammen nehme und langsam nach seiner greife.
Farid scheint dies zu bemerken und kommt mir zuvor, indem er seine Hand in meine legt.

Ich sehe zu ihm hoch und von einer auf die nächste Sekunde ist unsere Stimmung von lustig auf ernst umgeschwenkt.
Unser Blickkontakt wird zu ungesprochenen Worten, als wir uns näher kommen.

„Wollen Sie ... zahlen ..." Als die Bedienung sieht, dass sie den Moment zerstört hat, sieht sie uns entschuldigend an, als wir auseinander rutschen, so als wäre es verboten.

„Äh ... ja ... ich zahle.", versucht Farid die komisch geratene Situation zu retten, während ich still versuche die Peinlichkeit zu begraben.

„Also ... ich ... Danke ... für das Frühstück." Mittlerweile stehen wir vor dem Café und wissen nicht, wie wir uns verhalten sollen.
„Danke für gestern Abend. Hat Spaß gemacht.", erwidert er und sieht mich an. „Aber ich kann leider nicht länger bleiben. Ich muss heute noch was erledigen."
„Oh ... okey. Soll ich dich noch fahren?", biete ich Farid an, der jedoch den Kopf schüttelt.
„Nein. Ich ... ich wohne nur ein paar Blocks weiter. Ich kann laufen.", erklärt er mir und ich sehe ihm an, dass ihm dieses Thema nicht gerade angenehm ist, weshalb ich nichts mehr frage.

„Ist gut. Also ... man sieht sich.", sage ich und trete auf einer Stelle hin und her, da ich nicht weiß, wie ich ihn nun verabschieden sollte.
„Ja. Ich hoffe doch." Farid nimmt seine Hände aus seiner Jacke und ohne lange darüber nachzudenken gehe ich einen Schritt auf ihn zu, sodass er mich direkt in seine Arme nehmen kann.
Auch ich drücke ihn fest an mich und vergrabe mein Gesicht für einen kurzen Moment in seiner Halsbeuge.
Ich schließe meine Augen und muss mir eingestehen, dass ich ihn jetzt schon vermissen werde.

Alles, was ich jemals wollte. (Farid Bang FF) Where stories live. Discover now