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In dem Raum hielt er mich weiterhin mit einer Hand fest und überlegte. Es wäre nicht schwer gewesen sich aus seiner Hand zu befreien, doch was hätte ich dann tun können.

Was sofort auffiel war, dass es hier deutlich schöner und betonender war, als die Schlaftrakte. Außerdem war es hier viel wärmer und gemütlicher.
Es hatte die Ähnlichkeit eines Büros, da ein Bürotisch in der Mitte des Raumes stand. Noch dazu führte eine weitere Tür rechts hinaus.

Ich konnte nicht weiter den Raum betrachten, da er mich unsanft auf einem Stuhl schubste.
,,Was machst du hier?" Er kniff die Augen zu, als ob er versuchte sich zu konzentrieren.

Ich antwortete nicht.

Für einen kurzen Augenblick war alles Still und auch der Mann versuchte sich zu beruhigen.

,, Hallo, antworte mir", betonte der Fremde. Er schritt bedrohlich auf mich zu. Ich blickte ihn nicht einmal an und blieb still sitzen.

Plötzlich spürte ich eine Wucht, eine Wucht, die durch meinen ganzen Körper fuhr. Schnell fasste ich an meine Wange, die furchtbar brannte. Es war als ob hunderte kleine rote Ameisen über meine Wange liefen.

Ist das Blut, fragte ich mich selbst, da ich etwas metallisches in meinem Mund war nahm.
Der Schmerz blieb weiterhin auf meiner Wange und ich spürte bereits, wie sich ein paar Tränen den Weg zu meinen Augen suchten.

,,Rede doch einfach", sagte der Mann.

,,Ich weiß es doch auch nicht", schluchzte ich und hasste mich anschließend dafür selber. Ich wollte nicht zeigen, dass ich verletzt war.

,,Was weißt du nicht?"

,,Warum ich hier bin." Der Mann stöhnte.
,,Ich habe die Toilette gesucht", fiel mir aufeinmal ein und hoffte, dass es glaubwürdig klang.

,,Wie heißt du?"

,,Alice", antwortete ich und starrte gebannt auf meine nackten Füße, die schon halb erfroren waren.

,,Ach du bist das so genannte Wunderkind?"

,,Bitte was", verwirrt blickte ich auf.

Sein Gesicht hatte sich verändert oder viel eher seine Gesichtszüge, die jetzt so wirkten, als ob er etwas interessantes auf die Spur gekommen wäre.

,,Na ja, du hast uns heute eher Probleme bereitet, als für Wunder gesorgt.

,,Probleme, was für Probleme", fragte ich und war nun völlig verwirrt .

,,Bist du von jemanden geschickt worden? Wer ist dein Auftragsgeber? Von woher kommst du? Was hast du hier vor", sagte er und schritt abermals bedrohlich auf mich zu.

,,Ich weiß nicht, wo von Sie reden",, antwortete ich einfach.

,,Ach ja?"

Ich nickte und blickte auf den Holzboden, der mich an mein zu Hause erinnerte.

,,Sag mir erst, was du hier vor hast oder muss ich Babysitter spielen?"
Seine Augen wurden zu Schlitze, als ob er so herausfinden wollte, ob ich log!

Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, als einfach das Gleiche noch einmal zu leugnen.

,,Du heißt Alice, also vermisst du deine Familie?"

Jetzt blickte ich ihn wieder an und sah in seine schwarzen Augen. Abrupt stand ich auf, was nicht wirklich bei dem Größenunterschied half.

,, Hast du einen Bruder, eine Schwester...?" Bei dem Satz lief er langsam um mich herum, um mich weiter einzuschüchtern.

,,Lassen Sie meine Familie aus dem Spiel", rief ich.

,,Ah... also hast du Geschwister... So,jetzt hör mal zu", sagte er ruhig und schubste mich wieder auf den Stuhl zurück. ,,Wenn du mir nicht sagst, wer dich geschickt hat, dann ist das für deine wichtigsten Menschen vorbei. Nur ein Anruf genügt." Mit einer Geste zeigte er auf ein altes Telefon auf dem Schreibtisch.

Entsetzt blickte ich ihn an.
,,Nein", sagte ich wütend und blitze ihm förmlich in die Augen.
Seine linke Hand zitterte irgendwie nervös. Erst da bemerkte ich, dass an seinem Handgelenk ein Armband hing. Jedenfalls sah es so aus. Er war blau und aus festem Material. Zwei blinkende rote Punkte brachten mich etwas aus dem Konzept, zu glauben, dass das ein Armband ist. Ob der das überhaupt wieder abkriegt, fragte ich mich und hoffte, dass ich nie soetwas tragen musste.

,,Ich verliere langsam die Geduld." Der Mann schritt langsam auf das Telefon zu. Erschrocken beobachtete ich, wie er dem Gerät immer näher kam.

Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte.

,, Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen", versuchte ich es also nocheinmal und schaute ihm dabei direkt in die Augen.

Plötzlich hielt er inne.
,, Du bist von den Fighters oder? Sie haben dich geschickt?"

Auch darauf wusste ich keine Antwort. Ich wusste nicht einmal, ob das etwas Gutes oder etwas Schlechtes sein sollte.

,,Was habt ihr bitte davon? So wird es euch noch schlechter ergehen", sagte er noch zu mir.
Der Fremde fasste sich an die Stirn und drehte sich anschließend weg von mir.
Scheinbar sprach er zu sich selbst, da er mir kaum mehr Beachtung schenkte:
,,Das ergibt aber kein Sinn. Dann müsste sie ja..." Er blickte zu mir auf.
,,Geh erst einmal auf dein Zimmer!"

Ich blieb erst einmal verwirrt sitzen.

,,Sofort", schrie er und ich zuckte zusammen.
Angst, dass er seine Meinung noch einmal ändern würde, versuchte uch schnell aus dem Zimmer zu verschwinden. Anschließend rannte ich los. Ich wollte so schnell, wie möglich von dem Verrückten weg.

Jetzt sehnte ich mich wieder nach meinem zu Hause. Dieses kalte Gebäude könnte und wird auch nie mein neues zu Hause sein können.
Als ich aus diesem schrecklichen Gang mit den schwarz-roten Türen rauslief, ließ ich mich an der nächst besten kalten weißen Wand runterrutschen und fing an zu weinen.
Ich wollte weg, aber wohin?

Camp 19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt