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Ich wusste nicht was ich von dieser ganzen Situation halten sollte. Einerseits war ich innerlich überglücklich Dylan wieder zu sehen, doch andererseits wünschte ich mir ebenfalls, das sein Besuch bloß für kurze Zeit gedacht war.
„Du kennst den, Honey?" ertönte plötzlich aus der unangenehmen Stille Toby, der verwirrt auf uns zu kam und mit einem scharfäugigen Blick an Dylan vorbei ging, um sich schützend neben mich zu stellen.
„Ja" murmelte ich mucksmäuschenstill und konnte keine Sekunde meinen Blick von Dylan ablassen, der mich ebenfalls bloß ansah. Seine grünen Augen funkelnden mich wie damals schon überglücklich an und seine Haare waren immer noch so wild, das ihn wie früher bereits noch attraktiver machte.
„Toby" stellte er sich schließlich mit einem gespielten freundlichen Ton vor und reichte Dylan die Hand, währenddessen er mit der anderen immer noch die Bettdecke fest hielt. Allerdings ignorierte Dylan seine freundliche Geste und musterte Toby einfach bloß von Kopf bis Fuß. Mit Falten auf der Stirn wanderte sein Blick abwechselnd von Toby zu mir. Mir war bewusst was er sich nun dachte. Doch es war ebenfalls nicht sein recht mich zu verurteilen. Immerhin war der Sinn an diesem ganzen Umzug, das ich mir ein neues Leben ohne Probleme aufbaue. Und da gehört nun mal auch einmal der Lebenspartner dazu.
„Du bist weg gegangen, weil du mir erklärt hast, das du es nicht erträgst, wenn dich jemand anfasst" knurrte Dylan auch schon wütend und ballte seine Hände verkrampft zu Fäusten, sodass sich bereits seine Knöchel weiß färbten.
„Dylan.." seufzte ich verwirrt und sah kurz zu Toby, der bloß fraglich eine Augenbraue angehoben hatte und Dylan bissig ansah.
„Das waren zwei verfickte Jahre und nicht mehr!" brüllte er nun schon auf und kam mir bedrohlich einen Schritt näher. Allerdings schritt Toby mit mahnenden Blick zwischen uns und packte mich von hinten leicht am Handgelenk.
„Ich hab ja keine Ahnung wer du zum Fick nochmal bist, allerdings fasst du nicht meine Freundin an!" drohte Toby Dylan, der durch diese Aussage nur noch aggressiver wurde. Mit zusammengekniffenen Augen begann er seinen Kopf nach links und rechts zu drehen, sodass man ein deutliches Knacksen seiner Knochen hören konnte.
„Geh mir aus dem Weg" zischte Dylan leise und kam einen weiteren Schritt auf uns zu, sodass sich die Körper von beiden bereits fast berührten.
Doch Toby hielt stand. Die Blicke von beiden waren starr aneinader gerichtet, sodass man hätte denken können, sie bringen sich jeden Augenblick gleich um.
„Leute bitte" sprach ich flehend und zog Toby einwenig zurück.
„Die Kleine schläft" flüsterte ich in sein Ohr von hinten, das Dylan allerdings mitbekam.
Aufgelöst sah er mich von Kopf bis Fuß an und wollte eindeutig eine Erklärung.
„Die Kleine?" fragte Dylan nochmals panisch nach und fuhr sich irritiert durch seine Haare.
Nickend klammerte ich mich verängstigt an Tobys Arm. Ich hatte Angst auf die Reaktion von Dylan.
„Susan" antwortete ich mit heiserer Stimme und presste wartend meine Lippen aneinader.
„Sag mir bitte das Kind ist von dem Arsch da" sprach Dylan hoffnungsvoll und taumelte einen kleinen Millimeter nach vorne. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Verständlich. In diesen zwei Jahren hatte sich viel getan: Ich zog her, war schwanger, suchte mir einen Job, kaufte eine Wohnung und lernte Toby kennen.
Und das alles währenddessen Dylan erwartungsvoll in Bar Harbor seine Sozialstunden abarbeitete. Ich fühlte mich mies. Doch was hätte ich sonst tun sollen? Hätte ich mir Hoffnungen machen sollen, das Dylan, der bereits Vorbestraft war mein Kind ernähren hätte können? Auch wenn Susan nicht gewollt war und mir andere einreden wollten, das ich mit ihr bloß immer wieder schlechte Erinnerungen assoziieren würde, liebte ich sie trotzdem über alles. Sie war mein Fleisch und Blut.
Kopfschüttelnd sah ich Dylan an und versteckte mein halbes Gesicht hinter Toby, der immer noch nicht wusste, wer dieser Mann vor ihm war. Allerdings schwieg er, das ich an ihn auch so sehr mochte. Auch wenn er Äußerlich vielleicht aufbrausend und aggressiv wirkte, war er in sich die Ruhe in Person.
„Willst du sie sehen?" fragte ich schließlich und deutete auf die Tür rechts neben uns.
„Warte mal" platzte Toby plötzlich dazwischen und drehte sich hektisch zu mir um. „Ist der Kerl da der Vater?" fragte er mich und sah kurz nochmals zu Dylan, der mittlerweile leichenblass geworden war.
„Nein" beruhigte ich Toby und legte sanft meine Hand auf seine noch nackte Brust.
„Weshalb hast du mich nie angerufen?" zischte Dylan uns wieder ins Gespräch und verharrte mit seinem Blick auf die Tür.
„Und was hätte ich deiner Meinung nach sagen sollen? Hey Dylan, Du bist Onkel und Stiefbruder zugleich geworden?" Ich spürte wie Tränen sich allmählich in meinen Augen bildeten. Allerdings wollte ich nicht. Ich hatte schon zu oft in den letzten zwei Jahren geweint. Ich hatte es auch einmal verdient glücklich zu sein.
Gerade als Dylan auch schon antworten wollte, ertönte das erwartende Gequietsche von Susan aus dem Zimmer, das ihn automatisch zusammen zucken ließ.
„Ich geh schon" sprach Toby ruhig und drückte mir noch einen aufmunternden Kuss auf die Stirn, bevor er schließlich in das Kinderzimmer stolzierte.
Nun waren Dylan und ich alleine und standen uns stumm gegenüber.
Ich konnte die Enttäuschung in seinem Gesichtsausdruck erkennen.
„Fuck" zischte Dylan zwischen seinen zusammengepressten Zähnen hervor und legte beide seiner Hände auf seinen Hinterkopf, und rutschte anschließend mit ihnen in seinen Nacken.
„U-Und du hast auch fleißig deine Sozialstunden abgearbeitet?" fragte ich aus der unangenehmen Stille heraus und begann nervös meine Hände ineinander zu vergraben. Ohne Toby vor mir fühlte ich mich so verletzlich.
Mit einer gehobenen Augenbraue sah mich Dylan plötzlich schief an„Um genau zu sein war gestern meine letzte Stunde" antwortete er mit einem freundlichen sarkastischen Ton und sah mich falsch grinsend an.
„Und du bist immer schön fleißig zu deiner Therapeutin gegangen?" konterte er barsch und lies mit einem Ruck seine Arme schlapp fallen.
Starr sah er plötzlich neben mich nach rechts.
Nachdenklich folgte ich seinem Blick, der direkt zu Toby führte. Und in der Hand war die kleine Susan. Sie hatte mein dunkles Haar bekommen und stechendgrüne Augen wie es die Hockman-Familie so an sich hatte, die gerade eben verheult und rötlich vom Weinen waren.
„W-Weiß Harry bescheid?" fragte Dylan atemlos und kam einen kleinen Schritt näher, um Susan zu betrachten.
„Nein! Und das wird auch so bleiben!" knurrte ich mahnend und kam ihm zornig einen Schritt näher. „Susan wird ein glückliches Leben führen ohne einen Vergewaltiger als Vater zu haben!"
Mit angehobenen Armen trat Dylan seinen Schritt wieder zurück, hatte jedoch seinen interressierten Blick nicht von Susan abgewendet.
„Ich bring sie wieder ins Bett" flüsterte Toby, als er bemerkte das sie schon längst wieder in seinen Armen eingeschlafen war.
Nickend gab ich ihr einen sanften Gutenachtkuss auf ihre Füße und sah den beiden hinterher, bis Toby wieder die Türe hinter sich schloss.
„Ich werd dann mal auch gehen" sprach Dylan etwas trauriger und deutete hinter sich auf die Eingangstüre, den Flur entlang. Innerlich wünschte ich mir doch genau diesen einen Satz von ihm, allerdings wollte mein anderes Ich dies nicht zulassen.
Jedes Mal wenn ich ihn sah, sprühte das letzte bisschen Funken für ihn in mir auf.
„Wir haben die Couch" platzte er aus mir heraus, als er sich eigentlich schon umdrehen wollte.
„B-Bist du dir sicher?" fragte er mich nochmals nach und sah mich etwas eindringlicher an. „Will das dieser Arsch?" fragte er weiter, das er sich hätte auch ersparen können. Doch so war Dylan nun mal.
„Warum sollte Toby etwas dagegen haben?" fragte ich entgegen und kam ihm lächelnd einen Schritt näher. „Du bist doch bloß mein verkorkster Stiefbruder" konterte ich so gut ich konnte und klopfte ihm kurz aufmunternd auf die Schulter, das er nach seinem empörten Gesichtsausdruck mehr als nötig hatte.

Rote LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt