Drei

8 1 0
                                    

Es ist staubig, heiß und trocken, doch wir laufen weiter, als wäre es nichts. Einige der Truppen werden langsam Müde, doch wir laufen weiter, als wäre es nichts. Immer weiter, durch all den Sand, vorbei an der immer gleichen Landschaft, beinahe scheint es, als würden wir im Kreis laufen. Doch wir halten nicht an, wir ruhen uns nicht aus, wir gönnen uns jeine Pause. Noch nicht. Ich kenne dieses Stück Land. Ich verbrachte hier einige Jahre meines Lebens, machte hier meine Ausbildung. Kaum zu glauben, dass ich jetzt all diese Krieger und Truppen befehlige, immerhin war ich vor alle dem nur ein Kaufmann. Ich zog in meiner eigenen kleinen Karawane, die schon seit Jahrzehnten im Familienbesitz war von Stadt zu Stadt, kaufte und verkaufte meine Wahre. Ich lernte kämpfen, lernte, mich schnell und lautlos zu bewegen und so vieles mehr. Mein Vater brachte mir das alles bei. Doch glaube ich nicht, dass er gewusst hatte, wozu ich all diese Fähigkeiten später einmal nutzen würde. Er lehrte sie mich, um mich selbst, meine Wahre und meine Familie zu schützen und nicht um andere zu töten. Doch andererseits bin ich nur zu dem geworden, der ich jetzt bin, gerade wegen meiner Familie. Ich weiß noch was geschehen ist, als wäre es gestern. 

Wir zogen wieder einmal weiter, zur nächsten Stadt, zum nächsten Lager, als wir von einer großen Gruppe Freiheitskämpfern aufgehalten wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich immer, sie würden für die Freiheit kämpfen, so wie es ihr Name verheißen, doch damit lag ich falsch. Sie gehörten den Tenebristen an. Tebebristen glauben an die Göttin Tenebris. Sie ist im Gegensatz zu Precious eine rachsüchtige, dunkele Herrscherin. Doch sie existiert. Sie war einst die erste Gestalt, die auf Erden wandelte. Sie war Precious erstes Geschöpf, eine art Elfe, doch sie war Gottgleich. Sie hatte zu viel macht und als mein Herr dieses Monstrum vernichten wollte, war es zu spät. Tenebris ist nicht zu besiegen und schon bald hatte sie eine riesige Anhängerschaft, die für sie alles tun würden. Und das taten sie. Sie nahmen uns gefangen, brannten unsere Karawane nieder und wollten uns ihrer Göttin opfern, doch mein Vater flehte um gnade, nicht für sich, nicht einmal für meine Mutter. Er flehte sie an, mich zu verschonen und sie taten es. Noch heute wünschte ich, sie hätten ihn nur ausgelacht, denn das was sie mir antaten war tausendmal schlimmer als der Tod es je sein könnte. Sie zwangen mich nicht nur dabei zuzusehen, wie sie meine Eltern töteten, sie zwangen mich dazu, es selbst zu tun. Ich weiß noch, wie ich damals versuchte, mich selbst umzubringen, nur damit sie nicht durch meine Klaue sterben müssten, doch es gelang mir nicht. Ich musste meine eigenen Eltern ausweiden. Musste ihnen in die Augen sehen, ihre markerschütternden Schreie hören, als ich die Klinge oben an ihrer Brust ansetzte und bis nach unten riss. Sie lebten noch einige Augenblicke, als ihre Organe aus ihrem Körper hinaus hingen. Noch heute sehe ich vor meinem inneren Auge, wie sie ihre leblosen, aufgeschlitzten Kadaver achtlos im Sand liegen gelassen haben. Sie schenkten ihnen nicht einmal die letzte ehre. Sie ließen sie einfach nur liegen, mich zwischen den beiden, und gingen. Eine weile lag ich einfach nur da, bis ich mich irgendwann erhob, um zuerst in die Brust meines Vaters zu greifen und meine Pflicht zu tuen, und danach bei meiner Mutter. Ich biss jeweils ein Stück von deren Herzen ab, vergoss dabei alle Tränen, die in mir waren. Sie hatten es verdient. Ihre letzte ehre, denn nur das Herz der unwürdigen Streuner wird nicht angerührt und meine Eltern waren alles andere als unwürdig. 


Ich schüttle meinen Kopf um diese grauenerregenden Gedanken los zu werden und wende mich stattdessen Justussus zu. "Sag, Bruder,nie hast du mir erzählt, warum du kämpfst" Einen Moment starrt er einfach nur ohne ein Wort in die Leere, sodass ich schon glaube, er würde gar nicht mehr antworten, doch dann wendet er sich mir mit gesenkter Stimme zu. "Ich ging einst mit meiner Verlobten von Stadt zu Stadt und als wir endlich wieder in unserer Heimat ankamen, war das einzige, was wir dort vorfanden, die niedergebrannten Mauern der Gebäude die uns so vertraut waren. Wir liefen durch die Asche auf unser einstiges Haus zu und als meine geliebte Justicia die Gebeine ihrer Eltern zwischen den Trümmern unserer einstigen Heimat erblickte, wurde sie von tiefster Trauer erfasst. Wenige Tage später starb auch sie und als ich ihr die letzte Ehre erwies, sah ich, sie starb an einem gebrochenen Herzen." er zieht sich die von Dreck und Blut bedeckte Mütze vom Kopf und hält sie fest umklammert in seinen Klauen. Sein Blick ist starr zu Boden gerichtet, als er weiter spricht. "Dies ist das einzige, was mir von ihr geblieben ist und ich werde sie rechen" seine Stimme ist erfüllt von Hass und Rachsucht. Ich verstehe ihn. "Bruder, sag mir, weißt du denn, wer diese Gräueltat begangen hat" er nickt. "Wer könne eine solche Tat vollbringen, außer der Tenebristen" Ich verkrampfe mich vollständig. "Bruder, ich kämpfe unter dir, weil ich weiß, dass sie auch dir alles genommen haben. Ich kämpfe unter dir, weil ich weiß, dass wir eines Tages diesen Monstrositäten gegenüberstehen werden und du keiner dieser blauäugigen Optimisten bist, der gnade walten lässt. Bruder, ich kämpfe unter dir, um diesen Monstern das Licht des Lebens auszuhauchen" er sieht mich entschlossen an und ich fühle mich mit ihm auf eine Weise verbunden, wie ich es nur selten mit einem anderen Geschöpf gefühlt habe. "Du kämpfst nicht unter mir Justussus, du kämpfst an meiner Seite!" er ergreift meine Klaue. "Bis zum Tod Steunerino"

Der Tag neigt sich dem ende zu und es wird eiskalt mit der einbrechenden Nacht, weshalb ich beschließe, dass für heute Schluss ist. Das Heer sammelt sich und wir schlagen unser lager auf. Es wird gefressen, gesoffen und schließlich auch geschlafen. Das gesamte lager scheint wie ausgestorben, als ich meinen Patrouillengang abschließe. Ich laufe hinauf auf die anhöhe, hinter der wir liegen und blicke in die Ferne. Am Rande des Horizonts zeichnet sich die Silhouette unseres Zeils ab. Wir sind heute doppelt so weit gekommen wie gedacht, also werden wir uns den gesamten morgigen Tag ausruhen und uns bei Einbruch der Nacht auf den weg machen, damit sie uns nicht schon von weitem kommen sehen. Ich bleibe dort oben, auf dieser Anhöhe und lege mich dort schlafen. Morgen Nacht ist es so weit und schon am darauf folgenden Tag werden wir diese Stadt vernichtet haben.




________________________________________________________________________________

DAS DA OBEN IST TENEBRIS 



Krieg der StreunerWhere stories live. Discover now