himmelslicht

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Mein kleinen Füße stehen bis zu den Knöcheln im Wasser und lassen sich von dem schlammigen Boden mitreißen.

Ich wünschte der Boden würde sich auftun und mich verschlucken. Für immer. Kein Zurück.

Ich empfand ertrinken schon immer als die schlimmste Art zu sterben. Man verfällt in Panik, das Wasser dringt langsam in die Lunge ein, du verlierst die Orientierung, vergisst was oben und was unten ist, und letztendlich sind deine Lungen bis oben hin mit Wasser gefüllt und du erstickst an einer lebenswichtigen Flüssigkeit.

Das Wasser hier hat um die fünfzehn Grad, also bräuchte ich zwei Stunden um bewusstlos zu werden. Zwei Stunden leiden, noch mehr als zuvor. Aber das ist okey. Das muss so sein.

Die Nacht ist ruhig, aber dennoch schreien die Gedanken in meinem Kopf so laut, ich kann gar nicht mehr klar denken.

Seit Jahren nicht mehr. Stehe ich deswegen jetzt hier? Bis zu den Knöcheln im Wasser und wartend, dass das Wetter umschlägt und mich rein zufällig mitreißt?

Wobei zufällig falsch ausgedrückt ist. Ich will von den Wellen mitgerissen werden. Deswegen bin ich hier. Ich will mich zwei Stunden in kaltem Wasser leiden lasse.

Immer wieder hallen die Silben durch meinen Schädel und geben kein Ende.

Gehen, oder nicht gehen.

Ich möchte sie los werden, die Wörter nicht mehr ertragen.

Ich möchte die Bilder aus meinem Kopf verbannen; diese mit mir zusammen.

Bin ich weg, so sind es auch die Bilder.

Ich wünschte, man hätte mich mit Gewichten an den Füßen mitten auf dem Ozean ausgesetzt, sodass ich unwiderruflich zu Grunde gehen kann.

Doch das macht niemand.

Nein, lieber lässt man mich Tage, nein, gar Wochen Lang kopfüber, mit einem einschneidenden Strick um den Füßen über dem klaren Wasser baumeln, und bietet mir somit Blick auf die gierigen Haie, welche gefräßig in kreisen unter mir her schwimmen, und auf meine langersehnte Freiheit.

Ich gehe einen Schritt weiter.

So haben sie schon immer gehandelt, mich vorgeführt, also, warum verdammt noch mal, machen sie es nicht wahr?

Warum setzten sie ihre Worte, die sich wie Säure in mein Gehirn geätzt haben, nicht in die Tat um?

Dann ist jeder glücklich.

Mein Kopf wird immer lauter und schmerzen breite sich langsam in meinem Schädel aus.

Wie gerne ich das jetzt alles beenden würde.

Ich bin fast fertig. Fast.

Vor drei Tagen habe ich meine Haare angeschnitten und gespendet, das war der erste Schritt.

Zu Hause habe ich mir, mit meinem günstig ergatterten Rasiergerät aus dem Walmart, die restlichen Haare abrasiert.

Ich wollte das schon immer, habe mich nur nie getraut das zu tun. Doch, wenn ich jetzt gehe, dann kann ich die ganzen Kommentare nicht hören und die Blicke nicht sehen.

Mittlerweile geht mir das Wasser bis zu den Waden und die Wellen werden immer höher.

Hätte ich sie noch, würde ich meine roten locken bestimmt zwischen meinen Fingern zwirbeln und sie somit verknoten.

orionOnde histórias criam vida. Descubra agora