Sprayer - Yoonmin

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Lichter, Schilder, dunkle Straßengassen. Hastig renne ich die nächtlichen Straßen Seouls entlang. Mit geschwinten Schritten husche ich durch dunkle unheimliche Gassen. Nehme immer wieder Abkürzungen. Die Schritte hinter mir werden immer leiser. Bis sie schließlich ganz verstummen. Zur Sicherheit laufe ich noch eine Straße weiter und lasse mich endlich samt schwarzen Rucksack auf dem Boden fallen.

Mein Atem geht ungleichmäßig und stockend. Nach einiger Zeit in der ich wieder zu Luft komme gucke ich mich genauer um.

Links neben mir steht ein grüner Mülleimer und in der Nähe, vielleicht 7 Meter entfernt, eine Straßenlaterne, die die Gasse ein wenig beleuchtet. Ihr Licht flakert unruhig. Dadurch sehe ich auch das Gesprayte and der Wand gegenüber von mir. Ich gucke es mir genauer an. Es ist ein wunderschönes Bild. Man erkennt einen Heißluftballon indem 7 Gestalten stehen. Der Ballon fliegt hoch über Felder und Flüsse. Am unteren rechten Rand sieht man ein Kürzel. Warte mal! Ist das nicht das Kürzel von Suga?!

Scheiße! Was mach ich den jetzt. Wenn er mich auf senem Gebiet erwischt, bin ich dran. Wer weiß, was er dann mit mir anstellen wird?

Wir Sprayer haben Gesetze untereinander. Eines davon ist:

,, Bewege dich niemals in der Nacht mit Werkzeug im Territorium eines anderen Sprayers. Wenn doch, rächne mit dem schlimmsten, denn jeder Sprayer entscheidet selbst, was er mit dir tun wird." Paragraph 7.3 des Spray For love Gesetzbuches

Auch wenn so einige diese Gesetze nicht kennen, ich bin mir relativ sicher, dass er sie kennt. Ich meine er ist der ,, Sprayer " unter uns. Er ist ein Vorbild. Seine Gemälde sind der Hammer und sein Territorium ist mittlerweile sehr weit ausgebreitet.

Niemand, der noch lebt hat ihn bisher gesehen. Und wenn ich sage ,, Niemand" dann meine ich das auch so.

Vorsichtig stehe ich auf. Darauf achtend, dass ich so wenig Geräusche, wie möglich mache. Ich schnappe mir meine Tasche und renne. Ich renne wie das Zeug hält. Ich bin nur noch 500 Meter vom meinem Gebiet entfernt.

Plötzlich höre ich Schritte hinter mir. Sind es wieder die Bullen? Oder ist es Suga? Nocheinmal gebe ich Gas. Ich sehe schon den Bauzaun, der mein Gebiet abgrenzt. Sobald ich über die Grenze laufen würde, könnte er mir nichts mehr tun.

Der Bauzaun kommt immer näher, aber auch die Schritte werden immer lauter. Hektisch klettere ich den Zaun hoch. Rutsche aber immer wieder vor Nervosität ab. Die Schritte sind mittlerweile schon ziemlich laut. Die Person dürfte nicht weit von mir entfernt sein. Auf einmal packt mich jemand an meinem Hosenbein. Verzweifelt versuche ich den Griff abzuschütteln.

Ich kralle mich mit meinen Händen auf der anderen Seite des Zauns fest. Mit letzter Kraft ziehe ich mich runter und mein Fuß entkommt der Hand.
Ich fliege förmlich über die Grenze. Für eine kurze Zeit verweile ich auf dem harten Betonboden. Ehe ich mich auf rapelle und umdrehe.

Ein paar Meter entfernt steht ein Junge mit mintfarbenden Haaren. Seine Augen sind ohne jegliche Gefühle. Seine Haut ist schon fast weiß. Das alles kann ich durch das Licht einer in der nahe stehenden Laterne sehen. Auch wenn es nur spärliches Licht ist, ich kann mit Sicherheit sagen, dass diese Person vor mir verdammt hübsch ist.

Er steht dort leicht gebückt, in etwa so wie eine Katze. Seine schwarze Kleidung vermischt sich perfekt mit der Nacht. Auch wenn er eine buckelige Haltung hat sieht er nicht ansatzweise schwach aus. Vielleicht hat er nicht gerade die meisten Muskeln, doch die Aura die ihn umgibt strahlt Stärke und Macht aus. Ein leichter Schauer fährt über meinen Rücken.

Eine Weile starrt er mich nur an, bis er plötzlich anfängt zu sprechen. Schon bei dem ersten Wort das seinem Mund entweicht, zieht sich eine Gänsehaut über meinen Körper. ,, Du bist knapp entkommen. Nächstes mal bist du dran!" Mit diesen Worten setzt er sich in Bewegung und ist schneller verschwunden, als das man ihn hätte nachgucken können.

Vor Erschöpfung schleppe ich mich mühsam nach Hause. Dort schließe ich die Haustür auf und trete ein. Meine Schuhe kicke ich noch in die Ecke, ehe ich mich im Schlafzimmer todmüde ins Bett fallen lasse.

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Hah schon wieder hatte ich ein Gebiet dazugewonnen. Triumphierend recke ich meine Faust in die Höhe. Ein zufriedenes Lächeln schmückt mein Gesicht. Es ist mittlerweile drei Jahre her seitdem ich Suga zum ersten mal gesehen habe. In diesen drei Jahren ist viel passiert. Mein Gebiet ist fast so groß wie das von Suga. In der Sprayerszene bin ich als ,,Prince PJ" bekannt. Doch selbst bei den Erfolgen, gebe ich nicht auf, nach der nächtlichen Schönheit, den ich nur unter dem Künstlernamen Suga kenne, zu suchen.

Da ich ihn tagsüber nie gesehen habe, habe ich vor einiger Zeit angefangen mich nachts in sein Gebiet zu schleichen. Doch nicht ein einziges Mal bin ich ihm dort begegnet. So wie auch die letzten Wochen klettere ich über den Bauzaun, der unser Territorium immer noch abgrenzt.

Flink springe ich auf dem Boden und komme in der Hocke auf. Schnell richte ich mich auf und gucke mich, wie die Male davor auch, erst vorsichtig um. Ehe meine Füße mich durch die Dunkelheit bewegen. Ich husche zwischen Pfahlen und anderen Hindernissen hindurch.

Wie jedesmal, wenn ich in seinem Gebiet bin laufe ich zum Zentrum, dessen. Dieses zeichnet ein Baum ab. Er hat wunderschöne weiße Blüten und wenn der Mond auf sie scheint, leuchten sie in wunderschönen Tönen. Ich bin gerne hier. Sowohl tagsüber, als auch in der Nacht. Ich setze mich auf die Bank vor dem Baum und denke nach.

Ich weiß noch nicht mal, warum ich ihn unbedingt wiedersehen will. Etwas an ihm hat mich fasziniert, doch ich weiß nicht genau was. In meinen Gedanken vertieft merke ich nicht, wie eine Gestalt immer näher kommt. Erst als ich den Atem von jemanden in meinen Nacken spüre. Eine Hand auf meiner Schulter verhindert, dass ich aufspringen und weg rennen kann.

,, Schon wieder hier mein Prinz? " ertönt eine raue Stimme hinter mir. Sofort weiß  ich wer da steht und mir läuft augenblicklich ein Schauer über den Rücken. ,, Ich sehe dich oft hier sitzen, aber ich wollte dir nie etwas antun, doch nach deinen heutigen Erfolg wirst du mir zu gefährlich und das kann ich mir nicht weiter antun , deshalb hast du noch einen Wunsch bevor du stirbst?" . Er spricht diese Sätze mit so einer Leichtigkeit aus, dass ich es noch mehr mit der Angst bekommen zu tue.

Plötzlich kommt mir eine Idee. Er hatte mich ja die letzten Wochen beobachtet, doch keinmal versucht mich umzubringen. Vielleicht könnte ich es ja schaffen ihn von dem Gegenteil zu überzeugen.

,, Nun wenn du keinen Wunsch mehr hast werde ... ".  ,, Doch ich habe einen Wunsch! " unterbreche ich ihn.  ,,Und der wäre?". ,, Küss mich!" flüstere ich mit bebender Stimme. Geschockt weiten sich seine sonst so schmalen Augen.

,, Ähm. Wenn das dein Wunsch ist, werde ich mich ihn respektieren. " stottert er. Im minimaler Geschwindigkeit beugt er sich zu mir runter. Mein Herz schlägt in rasender Geschwindigkeit und die Schmetterlinge in meinem Bauch laufen Amok!

Sanft berühren seine leicht rauen Lippen die meine. Ich schließe meine Augen und genieße den Kuss. Es fühlt sich an, als ob ich unter Drogen stände. Der Kuss wird immer gefühlvoller. Ich stecke meine ganzen Emotionen dort hinein.

Geleitet von den Gefühlen bemerke ich nicht, wie er seine rechte Hand, in welches sich ein Messer befindet, immer näher in Richtung meines Brustkorbes bewegt.

Seine Zunge leckt über meine Lippen. Ich öffne sie und wir vertiefen den Kuss. Plötzlich spüre ich, wie sich etwas scharfes in meine Haut bohrt. Entsetzt reiße ich die Augen auf. Ich lasse den Blick vom Messer in Sugas Augen wandern. Ich entdecke Reue. ,, Es tut mir Leid mein Prinz! " wispert er.

Er drückt das kalte Metall tiefer in meine Haut. Der Schmerz ist unbeschreiblich groß. Am liebsten würde ich schreien, doch es geht nicht. Mit glasigen Augen blicke ich wieder in die von Sugas. Ich fühle mich so schwach. So unglaublich schwach. Benebelt merke ich, wie Suga seine Lippen erneut auf meine drückt.

Doch ein paar Sekunden später ist es vorbei. Ich habe die Schwelle zwischen Leben und Tod überschritten.

Ende.

Das war der erste Oneshot, den ich je geschrieben habe. Außerdem das längste. Ich meine 1369 Wörter ist für mich schon eine Menge.

ParadiseWhere stories live. Discover now