Lie / Yoonmin

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Don't trust everything you see,
even salt looks like sugar.

Yoongis POV

In den meisten Geschichten steht ein unscheinbarer Hauptcharakter mit niedrigem Selbstwertgefühl im Mittelpunkt, der sich in den super heißen und beliebten Bad- boy verliebt, auf den schon alle anderen stehen. Trotzdem wird dieser aufmerksam auf den Protagonisten, genauso wie dessen bester Freund, womit ein love triangle entsteht. 

Wahrscheinlich bin ich deshalb einfach keine geborene Hauptperson, denn ich bin der super heiße Typ. Mit dem Unterschied, dass ich nicht auf ein Liebesdreieck aus bin, auf solchen Scheiß kann ich getrost verzichten. 

Zusammen müssen die Charaktere dann auch noch die Welt retten, was natürlich übertrieben romantisch dargestellt wird. Allerdings läuft das echte Leben ganz anders als in dieser Jugendliteratur beschrieben wird. Es sind eben nur die Fantasien von Teenagern. 

Ich wäre jetzt sogar genau in dem Alter in dem alle Romane anfangen zu spielen. Nämlich bin ich siebzehn. Doch anders als in allen anderen Stories, beginnt meine in einem überfüllten Bus. 

Jeder stand zusammengeengt und auch diejenigen, die einen Sitzplatz ergattert hatten, wurden zwangsgekuschelt. Leider gehörte ich zu den Stehenden und befand mich in der Nähe des hinteren Ausganges. Normalerweise würde ich jetzt Musik hören oder mein Notizbuch durchblättern, das nebenbeigesagt viel interessanter als jeder Klischeeroman war. Allerdings war ich in diesem stickigen Bus so von allen Seiten eingeengt, dass ich mich lieber nicht bewegen sollte, um an meine hintere Hosentasche zu greifen und mein Handy plus Kopfhörer herauszufischen. Also blieb mir wohl nichts anderes übrig als den Rest der kurvigen Fahrt zu versuchen, nicht umzukippen und andere Leute wie Dominosteine mit mir auf den Boden zu befördern. Noch dazu kam, dass es sowieso schon immens heiß war, da in einer Woche die heißesten Sommerferien seit immer anfangen würden. Außerdem war ich hier in Busan, im Süden von Korea, was die Sache nicht verbesserte, auch wenn dieser Ort eigentlich schön war. 

Während ich weiterhin alle Menschen, die sich zu nah zu mir lehnten, böse anfunkelte und mich in Gedanken über meine missliche Lage und die bescheuerte Hitze beschwerte, fiel mir im Augenwinkel etwas auf.
Ein Junge stand einen Meter von mir entfernt in der Ecke mit dem Bauch ans Fenster gepresst und versuchte sich verzweifelt aus seiner Position zu befreien. Wollte er aussteigen? Nein...
Ängstlich kniff er die Augen zusammen und murmelte irgendetwas vor sich hin. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen; es war schwer, ihn ganz zu sehen, da er von anderen Passagieren an die Wand gedrängt wurde.
Interessiert reckte ich den Kopf, um besser erkennen zu können, was mit ihm los war, und spitzte die Ohren, um ihn zu hören. Die Menschen um ihn herum, hatten alle Kopfhörer auf und konzentrierten sich auf sich selber, weshalb niemand etwas zu merken schien, außer mir. Und dem Mann, der genau hinter dem Jungen stand.
In diesem Moment verstand ich auch endlich, was er sagte. "L-lassen Sie mich. Bitte..." 

Allarmiert begann ich mich sofort an den paar Menschen vorbeizudrängeln, um zu dem Braunhaarigen zu kommen, der langsam Panik zu bekommen schien. "Hey!", rief ich streng, um auf mich aufmerksam zu machen, was aber nicht wirklich funktionierte.
Alsbald ich endlich geschafft hatte, mich zu den zweien durchzukämpfen, schlug ich wütend die Hände des Mannes weg, mit denen er den Jungen festgehalten und seinen Arsch begrabscht hatte. "Hören Sie auf, das ist sexuelle Belästigung!"
Für einen Augenblick sah er mich erstaunt an, aber dann schlich sich ein unbeeindrucktes Lächeln auf seine spröden Lippen. Anscheinend hielt er mich nur für ein unwissendes Kind, was mich verärgerte, denn ich wusste genau, wovon ich sprach. "§218 im Strafgesetzbuch. Ihnen kann bei Anklage eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten drohen", versuchte ich ihm lauter werdend zu erklären.
Nun warfen uns auch Außenstehende fragende Blicke zu, was das einzige war, was den Täter zu verunsichern schien.