Hetzjagd

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Erschöpft ließ ich das Messer sinken. Hellrotes Blut klebte an der dunklen Klinge. Dann gaben meine Beine unter mir nach und ich sank ohne ein Wort zu Boden. Vor mir lag eine Leiche. Sie war noch warm. Der Tod musste noch nicht lange her sein. Ich hatte Angst davor ihr die schwarz-dunkelblauen Haare aus dem Gesicht zu streichen. Die Haare waren kurz geschoren worden, nur der Pony war lang geblieben. Ich schluckte. In den Landen in denen ich lebte hatte die Frisur, zumindest bei meinem Volk, eine große Bedeutung. Kurze Haare bedeuteten dass man zu den Sklaven gehörte. Ihnen wurde nur der Pony lang gelassen, damit sie einen meist lächerlichen Versuch machen konnten, ihre Schande und ihr, in den Augen ihrer Herren, unwürdiges Leben zu verstecken. Meine Finger begannen zu zittern, als ich vorsichtig über den Arm der Leiche strich. Die Wärme, die einem vielleicht vorgaukeln könnte, dass noch Leben in dem Körper steckte wich immer mehr. Die Leichenstarre trat bereits ein. Ich schluckte. Mein Herz in meinem Brustkorb zog sich zusammen und schmerzte. Frucht überkam mich, doch die Unwissenheit machte mir noch mehr Angst. Meine Hand zuckte in Richtung des Gesichts. Kurz bevor ich es berühren konnte, stoppte meine Hand, blieb in der Luft hängen. Ich schluckte wieder schwer. Tränen begannen meine Sicht zu verschleiern. 'Bitte nicht, oh Dara tu mir das nicht an. Bitte.'flehte ich in Gedanken. Die erste Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und rann mir heiß über die kalte Wange. Ich atmete entschlossen durch, auch wenn es eher so klang als würde ich nach Luft schnappen. Meine Kehle brannte. Meine Hand setzte sich wieder in Bewegung. Dieses mal erreichte sie das Gesicht des toten jungen Mannes. Doch sie rutschte über seine Wange zur Seite. Sanft strich sie über die Ohrenstummel. Sie waren einst lang gewesen, hatten eine gewisse Eleganz und Ehrfurcht ausgestrahlt. Doch sie waren abgeschnitten worden, die Wunden mit Dreck bearbeitet worden. Die Narben waren hässlich und bildeten große Knubbel. Die Ohrlöcher waren mit Metallringen geweitet worden und die Ohrläppchen reichten ihm fast bis auf die Schultern. Meine zittrigen, schon leicht bläulich verfärbten Finger glitten zurück zum Gesicht. Ich hatte solche Angst, davor das ich wusste wer hier lag. Eine bernsteinfarbene Träne tropfte auf meinen Arm. 'Du musst es wissen.'sagte ich mir selbst. Meine Finger taten dann das von dem ich gedacht hatte, dass es unmöglich gewesen wäre. Sie strichen tatsächlich die Haare aus dem Gesicht. Mein Atem stockte, dann schrie ich laut vor Schmerzen gequält auf. Meine andere Hand legte sich dem Mann auf den Brustkorb, dort wo sein Herz sich befinden musste. Ich wusste, dass dort ich nichts mehr spüren konnte, doch die Verzweiflung ließ mein Gehirn ausfallen. Hektisch versuchte ich seinen Herzschlag zu spüren. Doch es war keiner da. Voll Verzweiflung wandte ich mein Gesicht gen Himmel. „Dara, wieso hast du ihn mir genommen ? Wieso?" schrie ich. 'Nein. Er kann nicht Tod sein. Nein, er ist nicht Tod.' dachte ich bestimmt. Ich sah ihm in die Augen. Sie waren trüb, wie es für unser Volk üblich war. Fast könnte man meinen er sei blind gewesen, doch ich wusste, dass das nicht stimmte. Der Blick war starr, schien durch alles hindurch zu gehen. „Nein, Nein, Nein." schrie ich. Dann war mein Körper nicht mehr länger dazu fähig mich in einer aufrechten Position zu halten. Ich sank zusammen und krallte mich an dem Stoff des Oberteils der Leiche fest. „Bruder." schluchzte ich. Mein Kopf leerte sich, meine Gedanken, die schon immer zu weit für mein Alter waren, verschwanden. Alles was meinen Kopf jetzt noch füllte waren einfach Gedanken. Dinge wie Atmen, ein und aus, oder weinen. Plötzlich hörte ich wie sich Schritte mir näherten. Hastig hob ich den Kopf von der Brust meines Bruders. Ich wollte aufstehen und weg laufen. Doch meine Beine zitternden und wollten mich nicht tragen. Aber es wäre sowieso zu spät gewesen. Mit lauten Schritten betrat jemand die Stelle an der ich Kniete. „Ich hab das Miststück." schrie eine laute, mir bekannte Stimme. Ich hob meinen Kopf und sah auf ein paar helle Schuhe. Voll von Panik schrie ich auf. Noch weiter nach oben musste mein Blick gar nicht wandern, damit ich wusste wen ich vor mir hatte. Es war einer der Sonnenelfen, einer meiner Herren. Er packte mich grob am Genick und zog mich nach oben. Ich schrie vor Schmerz auf. „Halt den Mund!" herrschte der Elf mich an. Doch ich schrie weiter. Dann spürte ich wie etwas hartes mein Gesicht traf. Vor Schreck hörte ich wirklich auf zu schreien. Ein metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Es war widerlich. Ich spukte die Flüssigkeit, die sich gesammelt hatte, aus. An meine Ohren drang ein angewidertes Schnauben, dann löste sich der Griff um mein Genick. Mit einer rasenden Geschwindigkeit sah ich den Boden auf mich zu kommen. Dann traf ich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden auf. In mitten der dunkelroten, fast schwarzen Flüssigkeit. Mein Blut. In ihm schwammen ein paar weiße Klumpen. Vorsichtig tastete ich mit der Zunge an der innen Seite meines Mundes herum. Tatsächlich, es fehlten mir ein paar meiner Zähne. Ich wollte nach ihnen greifen und streckte meine Hand aus, als Schmerz durch meine Hand zuckte. Der Elf war mir auf die Hand getreten. „Nichts da. Das sind meine." zischte er. Dann drehte er sich um ohne den Fuß von meiner Hand zu nehmen. Weitere Schritte näherten sich uns und es dauerte keine drei Atemzüge und es traten weitere Elfen in heller Rüstung zu uns. „Gut gemacht. Beinahe wäre sie uns entkommen. Es wird Zeit. Wenn unser Spielzeug kaputt ist bekommen wir endlich neues." lachte einer von ihnen und stellte sich dem Krieger, der mich am Nacken gepackt hatte gegenüber, auf den Körper meines Bruders als wäre dieser nicht da. Ich weinte weiter. Plötzlich durchzuckte mich wieder Schmerz und ich flog ein paar Zentimeter durch die Luft. Der Elf hatte mich getreten. Es tat furchtbar weh. „Weißt du jetzt wieder wo dein Platz ist ?" fauchte er. Ich sagte nichts, versuchte nur nach Luft zu schnappen, wie ein Fisch auf dem trockenen. „Haltet sie fest." wies der Elf die anderen an. Zwei von ihnen traten vor und schnappten sich meine Arme. Der Elf lächelte süßlich. „Es wird dir nicht weh tun und danach wirst du endlich von deinem schändlichen Dasein erlöst." lächelte er kalt. Mir wurde kalt und der Schweiß brach mir aus. Der Elf zog sein Messer. „An eurer Stelle würde ich das sein lassen." erklang plötzlich eine Stimme hinter den Elfen. Diese drehten sich um. Ich konnte nichts sehen, mein Blick war verschwommen vor Tränen. „Was hat jemand wie ihr hier zu suchen ?" knurrte der Elf, der mich getreten hatte. „Ich wüsste nicht seit wann dieser Teil den Sonnenelfen, zu eigen gemacht wurde." antwortete eine provokante, männliche Stimme. „Und seit wann habt ihr die Herrschaft über diesen Teil des Landes ?" kam es gelassen von einem der Elfen. „Ich habe nie behauptet, dass ich die Herrschaft hier habe." antwortete die fremde Stimme. „Dann verschwindet hier. Und wenn ich auch nur ein Wort hierüber verliert, dann werdet ihr das noch bitter bereuen." zischte der Elf. „Ich kann nicht gehen." sagte die fremde Stimme, „Nicht so lange ihr unschuldiges Leben für Schuldig erachtet und bedroht. Lasst das Kind gehen.". „Was haltet ihr davon eure Klappe zu halten, wenn ihr keine Ahnung habt. Und jetzt verschwindet oder seht zu wie wir einem weiteren Diener des Bösen sein abscheuliches Leben nehmen. " schrie der Elf nun. Seine Geduld war bis zum äußersten ausgereizt worden. „Tut mir Leid euch enttäuschen zu müssen, ich werde nichts von beidem machen. Willkommen zu Möglichkeit Nummer Drei, ihr werdet mir das Kind geben, oder ihr werdet sehr starke Schmerzen erleiden." kam es von der Stimme und sie schien keinerlei Angst vor den Elfen zu haben. „Ihr habt mir keine Befehle zu geben." kam es von dem Elf. „Und ihr mir auch nicht." sagte die Stimme entschlossen. Der Elf presst die Lippen aufeinander, dann nickte er den anderen zu. Ich spürte wie sich die Griffe um meine Arme sich lockerten, dann fiel ich erneut auf den Boden.

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⏰ Last updated: Dec 10, 2022 ⏰

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Ist jeder Lichtstrahl hell ?Where stories live. Discover now