Kapitel 10

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Krist nahm die Rolle an, was bedeutete, dass sie sich kaum noch außerhalb der Dreharbeiten und Workshops zu Gesicht bekamen.

An zwei Projekten gleichzeitig zu arbeiten, kostete Zeit und Kraft.

Singto hatte selbst genug mit seinem Leben zu tun, dass er nach einem anstrengenden Tag, entweder noch einmal über seinen Lehrbüchern hockte oder einfach nur noch ins Bett fiel.

Aber er wollte dieses zweite Studium unbedingt und bis jetzt war es das auch wert. Hier fühlte er sich schon wesentlich mehr in seinem Element.

Mit einem Gähnen klappte er seinen Laptop zu und schlurfte in die Küche, um sich den Rest seines Abendessens aufzuwärmen.

Lernen machte ihn immer hungrig.

Er war gerade dabei, sich das Curry mit dem Reis in eine Schale zu füllen, als es an seiner Tür klopfte.

Es war kurz nach 22 Uhr, was ihn etwas unschlüssig dreinschauen ließ, wer ihn um diese Uhrzeit noch behelligen würde wollen.

Es klopfte erneut, diesmal etwas energischer, was ihn sich schließlich in Bewegung setzen ließ.

Entsetzt schaute er auf die Personen, die er vor seiner Tür stehen sah.

„P'Off! P'Gun?" Ohne weiter zu zögern machte er Platz, um die beiden lädiert aussehenden Personen hinein zu lassen. Off stützte Gun, indem er dessen Arm über seiner Schulter hielt und dirigierte diesen zur erstbesten Sitzgelegenheit. P'Gun hielt sich seine blutende Nase mit einem Taschentuch und jammerte leicht, als Off ihn zum Sitzen auf die Couch brachte.

Off selbst, sah ebenso recht zerzaust aus, schien aber soweit in Ordnung.

Über das Studieren seiner späten Gäste bemerkte er gar nicht, das sich noch jemand in der Tür befand.

Erst als er gedachte diese schließen zu wollen, weiteten sich seine Augen erneut erschrocken.

Nicht, weil er Krist dort vorfand, sondern weil dessen weißes Shirt ebenso blutige Flecken aufwies.

„Oh mein Gott, Krist! Bis du in Ordnung?!" Singto war noch zwischen Tür und Angel an ihn herangetreten und zupfte auffordernd an dessen Shirt herum.

„Alles ok, P'Sing. Mir geht's gut.", versuchte Krist die Situation zu beruhigen.

Singto's besorgte Miene sollte ihm jedoch verdeutlichen, dass er ihm das nicht abkaufte.

Allerdings hatte Krist nicht vor, sich hier im Hausflur von ihm bemuttern zu lassen. Somit wurde er von Krist in seine Wohnung zurückgeschoben, der ihm darauf nachfolgte

Mit seinem Fuß schob dieser die Tür zu.

Danach rückte er sich so, dass sie nicht im Blickfeld von Off und Gun waren und breitete seine Arme ein Stück aus, was Singto sofort als Erlaubnis sah, sich eingehend davon überzeugen zu können, dass er die Wahrheit sagte.

Vorsichtig raffte er ihm das Shirt soweit nach oben, wie er annahm das dort Verletzungen zu finden waren, stellte dann allerdings fest, dass Krist wirklich ehrlich zu ihm gewesen war.

Mit einem erleichterten Seufzen strich er über die unverletzte Haut und zog Krist folglich in eine Umarmung.

„Erschreck mich nicht so.", wisperte er noch immer etwas mitgenommen.

Ein Räuspern hinter ihm erinnerte ihn daran, dass sie nicht allein in seiner Wohnung waren, was ihn sofort von Krist Abstand nehmen ließ, kam er sich gerade ziemlich beschämt vor, P'Off und P'Gun total ausgeblendet zu haben, obwohl die beiden doch offensichtlich etwas abbekommen hatten.

„Uhm, wie kann ich behilflich sein?", erkundigte er sich schließlich bei P'Off, der mit verschränkten Armen am Türrahmen lehnte und ihnen einen dieser verschmitzten Blicke schenkte.

Gib mir einfach eine Erste Hilfe Box und etwas warmes Wasser, um die Sauerei zu beseitigen. Ich kümmere mich um den Rest." Singto nickte knapp und brachte das Gewünschte herzu.

Gun gab abermals ein Jammern von sich, als Off sich daran machte ihn zu verarzten.

Off war behutsam, auch wenn er Gun trotz allem noch mit seinen Worten zu piesacken wusste.

Dennoch war es ungewohnt P'Off derart fürsorglich zu erleben und mit P'Gun wirkte das Ganze recht intim, was Singto seine Aufmerksamkeit wieder auf Krist richten ließ, der neben ihm stand.

„Was ist denn eigentlich passiert?"



Singto hatte der Erklärung, dass sie auf dem Heimweg von ihrem Dreh, an ein paar angetrunkene Typen geraten waren, die einfach nur Streit suchten, angespannt zugehört.

P'Off versuchte die Situation zu entschärfen, was ihm leider nicht ganz gelungen war. P'Gun hatte den ruppigen Gebärden, eines der Aggressoren, nicht rechtzeitig ausweichen können, was mit einer blutigen Nase und zerkratzten Handflächen endete, nachdem er dadurch unsanft gestürzt war.

Das Blut auf Krist's Shirt, stammte demnach von P'Gun, als er sich diesem zuerst annahm, während P'Off sich zwischen sie und diese Spinner brachte.

Das Eingreifen anderer Passanten, löste die Lage dann soweit auf, das die Idioten abgehauen waren.

„Wir fühlten uns etwas durch den Wind und da du quasi in der Nähe wohntest, schlug ich vor, erst einmal bei dir unterzukommen." Krist's Ausdruck sagte ihm, dass er sich unbehaglich zu fühlen schien, über diese Erklärung, warum sie so plötzlich bei ihm aufgetaucht waren.

„Sorry, wegen der Umstände.", fügte er schuldbewusst an.

„Gott Krist, entschuldige dich nicht dafür, dass du Freunden helfen wolltest. Ich bin froh, dass ich etwas tun konnte. Also rede dir deswegen kein schlechtes Gewissen ein. Ok?" Er legte eine Hand auf dessen unruhig wippendes Knie und lächelte als Bestätigung, dass er ernst meinte, was er ihm gerade gesagt hatte.

„Ok."

„Wäre es nicht angebracht, es der Polizei zu melden?" Diese Frage richtete er an P'Off, der P'Gun gerade dazu nötigte ein Glas Wasser zu trinken.

„Das würde nur Stress zur Folge haben. Es ist besser, wenn GMM davon nichts weiß. Es ist immer nervig, den Chefs solche Dinge zu erklären. Außerdem sind wir Mitten im Dreh." P'Gun nickte zustimmend. „Wenn wir es deswegen aufschieben würden, gebe es nur unnötige Probleme für alle Mitwirkenden. Immerhin haben wir auch einen Zeitplan einzuhalten." Singto verstand, was ihm die beiden klar machen wollten, aber es fühlte sich trotzdem nicht richtig an. Allerdings war es auch nicht an ihm, diesbezüglich irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Er konnte nur darauf vertrauen, dass ihre P's wussten, was sie taten.

Off drückte Gun den ebenso georderten Beutel mit Eis auf die angeschwollene Nase, was jenen laut zischen ließ und er diese Aufgabe selbst übernahm. Dann lehnte er sich jedoch gegen Off's Schulter, was diesen einen Arm um ihn legen ließ und er leicht über dessen Gesicht streichelte.

Es war wirklich ungewohnt, P'Off so zu sehen.

Singto fragte sich unwillkürlich, was die beiden tatsächlich miteinander verband.

War es Macht der Gewohnheit, sich so vertraut miteinander zu geben, nachdem sie als ein recht beliebtes BL Pärchen gefragt waren?

Es gehörte zum Marketing dazu, in solch einem Falle die Fans bei Laune zu halten, indem man ihre Favoriten zusammen zu diversen Shows, Interviews und anderen Events schickte.

Womöglich, war es schon ein eingespielter Reflex geworden?

Nachdenklich beobachtete er die beiden Männer auf seiner Couch.

War es möglich, sich solch eine vertraut wirkende Sympathie anzutrainieren, sie jedoch nicht in dem Maße zu empfinden, wie es für andere den Anschein machte?

Es ließ ihn mit einem Gefühl von Unbehagen und Kälte zurück.

Krist knuffte ihn mit dem Ellenbogen leicht in die Seite und gab mit einem Kopfzeig an, das er ihm in Richtung Küche folgen sollte.

Singto's Abendessen befand sich noch immer unangerührt auf der Theke.

„Sorry.", sagte Krist erneut, als er die Schüssel stehen sah.

„Es ist wirklich in Ordnung.", versicherte Singto ihm.

Krist senkte seinen Kopf und legte sich eine Hand in den Nacken.

„P'Sing...", begann er zögerlich, was Singto aufmerksamer zuhören ließ.

„Was heute Abend passiert ist, erwähne es bitte nie vor Noy Na. Sie würde sich nur wieder Gedanken deswegen machen und das möchte ich gern vermeiden." Singto verstand auf was Krist hinaus wollte, jedoch hing seine Aufmerksamkeit an dem Wort „wieder", fest.

„Du sagst, „wieder Gedanken macht". Ist so etwas denn schon einmal vorgekommen?" Krist spannte auf diese Hinterfragung seinen Unterkiefer sichtbar an und schaute etwas zur Seite weg, was schon als eine Antwort hätte genügen können.

„Krist?", hakte Singto in einem einfühlsamen Ton nach, war der Gedanke, dass solch eine Situation schon einmal oder gar öfter vorgekommen sein könnte etwas, das ihn beunruhigte.

„Du weißt, manche Menschen sind einfach nur Idioten. Wenn sie etwas sehen, das ihnen nicht passt, dann werden sie unangenehm." Krist gab ein ergebenes Seufzen wieder.

„Du wirst damals an der Uni sicherlich mitbekommen haben, dass man mich gern mal als Lady Boy betitelte. Ich persönlich habe gelernt es zu ignorieren. Was sonst sollte ich auch tun?" Es war deutlich, dass ihn dieses Thema mehr mitnahm, als es den Anschein machen sollte.

„Es gibt irgendwo immer einen Spinner, der meint er müsse mich, meines Aussehens wegen, dumm anquatschen. Du kannst dir womöglich gar nicht vorstellen, wie oft mich irgend so ein widerlicher Kerl schon fragte, ob ich es mir nicht von ihm besorgen lassen wolle? Ich hab schon die detailliertesten Varianten vorgesäuselt bekommen, was man alles mit mir anstellen würde." Singto spürte selbst, wie ihn über Krist's Erzählung unwohl wurde, verbunden mit dem Gefühl aufsteigender Wut.

„Es ist ekelhaft.", gab Krist in nicht mehr als einem Wispern wieder.

„Hey..." Singto trat näher an ihn heran und legte eine Hand vorsichtig um dessen rechtes Handgelenk, wusste er nicht, was Krist auf diese unschöne Offenbarung an Nähe willkommen wäre.

„Manchmal kann ich nichts dagegen tun, als das zu hassen was ich bin. Wie andere mich sehen. Manchmal kann ich es nicht ignorieren und würde am liebsten..." Krist's Stimme brach und die erste Spur von Frusttränen suchte sich ihren Weg.

„Ich wünschte ich wäre jemand wie du oder P'Off. Hast du eine Ahnung wie elend ich mich fühle, wenn so etwas passiert, wenn Noy Na dabei ist? Wie unangenehm es ihr sein muss? Oder noch schlimmer, was wenn etwas wie heute vorkommt und ich kann nichts tun, um sie vor Schaden zu bewahren?"

Krist's Stimme wechselte von frustriert zu verzweifelt klingend, während ihm nur noch mehr die Tränen kamen.

Es reichte aus, um Singto's Griff zu festigen und leicht an dessen Arm zu ziehen, in der Hoffnung Krist würde verstehen, was er damit anbot.

In dieser Gefühlslage wollte er es einfach ihm selbst überlassen, wie und wo er seinen Trost suchte.

Auf keinen Fall, würde er sich ihm unangebracht aufdrängen.

Aber dieser Gedanke war hinfällig, als sich Krist an ihn lehnte und er schließlich seine Arme um ihn schloss.

Es schien Krist's Damm zum Bärsten zu bringen und Singto ließ ihm alle Zeit, sich seinen Frust und Schmerz von der Seele zu heulen.

Sanft strich er ihm dabei über die dunklen, weichen Haare und den angespannten Rücken.

Es brach ihm selbst ein Stück das Herz, seinen sonst so aufgeweckten und chaotischen Freund so sehen zu müssen und nicht wirklich etwas für ihn tun zu können, damit dieser sich wieder besser fühlen würde.

„Ich weiß, auf meine Meinung kommt es sicherlich nicht an, aber ich finde dich großartig, so wie du bist.", ließ er ihn wissen, darauf bedacht nicht zu viel von seinen tieferen Gefühlen preiszugeben.

„Selbst mit all den Eigenheiten, die einen manchmal so unerwartet treffen. Ich weiß, du bist ein guter Kerl Krist. Ich weiß, du sorgst dich um die Menschen die dir wichtig sind mit ganzem Herzen. Und ich bewundere deinen Ehrgeiz, deine Talente, dein offenes Wesen." Krist's Schluchzen ebbte etwas ab. „Du bist so vieles, das ich gern sein möchte. Und nichts davon hat damit zu tun, wie du aussiehst." Ein sentimentaler Impuls ließ ihn Krist etwas von sich schieben, sodass er seine Hände an dessen geröteten und feuchten Wangen legen konnte.

„Ich bin froh, dass du bist, wer du bist." Das wollte er ihm auch mit aller Ehrlichkeit wissen lassen.

Krist schaute ihn aus verweinten Augen an und schniefte ein wenig.

Er sah unglaublich mitgenommen aus, aber selbst das störte Singto nicht und er musste unwillkürlich über seine hoffnungslos erscheinende Schwärmerei für Krist lächeln.

Womöglich hatte er sich einen Moment zu sehr in dieser Emotion verloren, kam ihm Krist's Gesicht, mit einem Mal, viel näher vor.

Dessen Augen hielten die seinen fixiert. Und je länger er in sie hinein schaute, umso intensiver schien dieser es zu erwidern.

Es bewirkte, dass es Singto komplett vom Rest der Welt zu isolieren vermochte.

Eine gefährliche Entwicklung, so stellte er durch diesen Bann hindurch fest und setzte an sich wieder von Krist zurückziehen zu wollen.

Allerdings erschien es ihm wie in Zeitlupe.

„P'...", hörte er ihn in einem seltsam verlorenen Ton sagen und bevor er es realisierte, legte er seine Lippen auf dessen Stirn. „Bleib einfach wie du bist.", flüsterte er dagegen und verstärkte den Druck für einen flüchtigen Moment. Auf den Versuch sich nun wirklich von Krist zu entfernen, schloss dieser seine Arme jedoch rasch um seine Taille.

„Nur noch einen Moment. Bitte...", nuschelte er folglich gegen Singto's Schulter.

Und er ließ ihn gewähren.

Bis ein leichtes Klopfen am Türrahmen, sie aus ihrer kleinen Seifenblase zurückholte.

„Gun ist eingeschlafen. Wäre es in Ordnung, wenn er sich noch etwas ausruht?" Sie lösten ihre Umarmung und Singto streichelte Krist noch einmal über die Haare.

„Natürlich.", ließ er P'Off wissen, der ein dankbares Nicken zeigte und dann wieder verschwand.

Singto war im Begriff etwas Wasser für Tee aufsetzen zu wollen, als Krist ihn am Shirt festhielt.

„Danke P'.", gab er etwas kratzig wieder und zeigte ein schmales Lächeln.

„Dafür sind Freunde da."


***


Er war unkonzentriert.

Krist schaute abermals über die Kulisse des Daches, das Arthit's und Kongpob's ultimative Liebeserklärung umrahmen sollte.

Es war Abend, wie auch schon bei ihrer ersten Kussszene, nur diesmal wäre es nicht gänzlich an ihm, diesen Moment zu dominieren. Es erleichterte ihn, wie es ihn auch nervös machte.

Etwas fühlte sich seltsam an, was auch der Grund dafür war, dass er sich nicht recht auf seinen Text fokussieren konnte, den er in seinen Händen hielt.

Er hatte ihn im Kopf.

Er hatte ihn sich zuvor schon oft genug durchgelesen und gespeichert.

Nur wollte es gerade jetzt, wo es darauf ankam, nicht so recht klappen ihn wieder abzurufen.

Singto ließ sich noch ein paar Anweisungen geben und Krist starrte wieder auf das Skript.

Er musste sich zusammenreißen.



„Wenn ich ehrlich bin, habe ich keine Ahnung, was uns die Zukunft bringen wird. Aber ich möchte das du weißt das, in diesem Moment, in dieser Minute, du derjenige bist, der mir das Gefühl gibt etwas Besonderes zu sein." Kongpob lächelte ihn liebevoll an, über dieses Geständnis.

„Und das du die einzige Person bist, die ich liebe." Sie schauten sich verliebt in die Augen.

„Danke P'. Und ich möchte das du ebenso weißt das, in diesem Moment, du die einzige Person bist die ich liebe.", erwiderte Kongpob auf Arthit's Geständnis, ohne ihren Blickkontakt zu unterbrechen.

Soweit so gut, dachte sich Krist, als Singto auch schon dazu überging, sich ihm leicht entgegen zu lehnen.

Dieser würde ihn nun küssen, und egal wie sehr sie das Ganze auch schon in der Theorie durchgegangen waren, konnte er nicht verhindern, dass sein Herzschlag sich erhöhte, je näher Singto seinem Gesicht kam.

Das Aufreibende war, dass sie es langsam angehen sollten.

Langsam genug, um eine Spannung aufzubauen.

Den Zuschauer dazu zu bringen, selbst gespannt darauf zu warten, dass dieser Kuss passierte.

Es war demnach nicht gerade einfach, sich in beinahe Zeitlupe anzunähern, ohne den Moment durch einen unangebrachten Impuls zu zerstören.

Das Bild von Singto, wie er sein Gesicht in den Händen hielt, als er ihm, vor einiger Zeit, seinen Kummer und den Wunsch vorgetragen hatte, manchmal jemand anderes sein zu wollen, schob sich nicht zum ersten Mal wieder vor sein inneres Auge.

Irgendetwas, war an diesem Abend ebenso anders gewesen, als sie sich so gegenüber standen.

Singto schaute ihn weiterhin tief in die Augen, so wie sie es auch unzählige Male trainierten.

Es war nur noch ein winziges Stück, das sie trennte, als er sich ihm ebenso ein wenig entgegenbrachte.

Im Gegensatz zu ihrer ersten Kussszene, war diese hier von einem sanften, schüchtern wirkenden Gefühl geprägt, weswegen es nicht zu vermeiden war, die Berührung ihrer Lippen intensiver wahrzunehmen. Es überraschte Krist, das Singto seinen Mund nicht einfach nur auf den seinen legte, sondern leicht an seiner Unterlippe nippte.

Krist fragte sich, ob Singto dies absichtlich getan oder er es einfach dem Moment überlassen hatte.

Es warf auch die Frage auf, wie dieser sonst zu küssen pflegte.

War er der sanfte Genießer oder mochte er es eher fordernd?

Beinahe hätte er seinen Kopf geschüttelt über diese albernen Gedanken, konnte sich aber noch beherrschen.

Stattdessen folgte er der Anleitung, sich langsam wieder von Singto zu lösen und aus dem folgenden, verliebten Lächeln ein glücklich, verlegenes Schmunzeln zu machen, während er seinen Blick wieder über die Stadt vor ihnen schweifen ließ.

Krist konnte allerdings nicht sagen, wieviel von diesem belebenden Empfinden gespielt und wieviel er tatsächlich für sich selbst spürte.

Er schob es somit in die Ecke seines Kopfes, die er für solche Fälle extra eingerichtet hatte und welche sich hinter einer soliden Tür befand.


***

Singto schaute auf das Chaos, das ihn beim Betreten der Wohnung begrüßte und konnte gerade noch so verhindern, dass er auf eine leere Pizzaschachtel trat, während Krist ihn zum Gemeinschaftswohnzimmer dirigierte.

Dieser erzählte ihm zwar schon, dass er sich mit Freunden zusammen eine Wohnung teilte, aber sie nun auch einmal persönlich zu Gesicht zu bekommen, war schon eine Erfahrung für sich.

Er war nicht der Erste, der sich zu Krist's Männer-Geburtstagsrunde eingefunden hatte, worauf er die Gruppe an bekannten und unbekannten Personen erst einmal begrüßte.

Krist ging auch gleich dazu über, ihm seine Mitbewohner vorzustellen, die er bis dato nur vom Namen her kannte.

Dann gab man ihm an sich setzen zu können, wo er gern mochte, was Singto sich etwas überfordert umsehen ließ, lag eigentlich überall etwas herum oder der Platz war schon besetzt.

Wenn er das so sah, war er heil froh allein zu wohnen. So war er der einzige, der Unordnung machte und er musste auch niemandem hinterherräumen.

P'Off gesellte sich zu ihm, als er einen Fleck für sich sitzbar gemacht hatte und reichte ihm einen Becher mit einer ominösen, grünlichen Flüssigkeit, an welcher er erst einmal roch.

„Keine Sorge, das bringt dich nicht um. Wenn es etwas tut, dann dich etwas locker machen. Und glaube mir, du kannst es ab und an echt gebrauchen.", zog dieser ihn in seiner typischen Manier auf.

Singto nahm einen vorsichtigen Schluck seines Getränks. Auch wenn es nicht überwältigend gut schmeckte, war es zu verkraften.

„Guter Junge.", hörte er Off sagen, der ihn daraufhin mit einer seiner Stories unterhielt. Dieser schien irgendwie immer etwas zu erleben, das von absolut peinlich, über äußerst amüsant bis hin zu erschreckend reichen konnte.

Heute war es zu einem Erlebnis, welches Singto sich schon etwas fremdschämen ließ. Alle anderen die zuhörten, kamen aus dem Lachen nicht mehr heraus.

Singto sah P'Gun und Krist zusammen mit Snacks und Getränken zurück ins Wohnzimmer kommen.

Er war so frei, ihnen dabei behilflich zu sein, den vollgeramschten Tisch soweit zu lichten, dass sie alles abstellen konnten.

Dann war Krist auch schon an seiner Seite und setzte sich auf die Lehne des Sessels, in welchem er Platz genommen hatte.

Er grinste zufrieden, während er sich etwas von den Knabbereien angelte und ihm auch gleich etwas davon anbot.

Singto lehnte dankend ab. Stattdessen holte er etwas aus seiner Tasche und reichte es an Krist weiter.

„Happy Birthday, Nong.", meinte er, als dieser sich seine Finger eilig an seinem Shirt abwischte und das kleine Päckchen entgegennahm.

Krist schüttelte es leicht.

„Kann ich es aufmachen?" Singto musste unwillkürlich etwas Lachen, über diese ungeduldig klingende Frage.

„Nur zu, es ist dein Geschenk." Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Krist nun hektisch das Geschenkpapier herunterschälen würde, doch überraschenderweise, nahm er sich die Zeit es sorgfältig zu entfernen, um es dann sogar noch ordentlich zusammenzufalten.

Erst dann zeigte er sich wieder mit kindlicher Neugier, als er die Kiste schließlich öffnete.

Krist's Grinsen ging in ein erheitertes Auflachen über, als er sein Präsent eingehender begutachtete.

Er wusste zuerst nicht wirklich, was er diesem schenken sollte. Zwar gab es die ein oder andere Idee, aber er war sich nicht sicher, ob es tatsächlich das richtige wäre.

Dann war er auf dieses Gadget gestoßen und es erschien ihm einfach perfekt.

Er wusste, dass Krist das Schlagzeugspielen liebte und er, wenn er gelangweilt oder nervös war, auch gern etwas mit den Fingern herumtrommelte.

Was bot sich also mehr an, als ein Fingerschlagzeug?

Krist machte sich sofort daran es auszuprobieren und nachdem er sich mit dem Verfahren angefreundet hatte, zeigte er auch ehrliche Begeisterung, über dieses kleine, ungewöhnliche Spielzeug.

Singto schmunzelte zufrieden über seinen Erfolg.

Dann wandte sich Krist ihm wieder zu und umarmte ihn mit einem Glucksen.

„Danke, P'. Du bist wirklich klasse." Doch damit nicht genug. Krist setzte ihm auch noch einen lauten und feuchten Schmatzer auf die Wange, was ihnen ein paar neckende Ausrufe der anderen einbrachte.

Dann war es wieder P'Off, der nun auf sich aufmerksam machte, indem er verkündete, das er ebenso noch etwas für ihren Birthday Boy hätte.

Er winkte Krist zu sich, der dieser Aufforderung mit einem ahnenden Seufzen nachkam. Bei Off musste man einfach mit allem rechnen. Das hatten sie beide zum Geburtstag von Ice erleben dürfen.

Ice konnte wohl nie wieder einen Marshmallow ansehen, ohne sich peinlich berührt zu fühlen.

Off zog nun, in einer dramatischen Geste, eine kleine Schachtel hervor und drückte sie Krist in die Hand.

Singto sah es nicht ganz genau, aber diese Schachtel erinnerte stark an eine Packung Kondome.

Krist schaute nun ebenso etwas perplex.

„Nun, wo dir die Fans bald in Scharen hinterherlaufen werden, ist es besser vorbereitet zu sein, N'Krist." Off zwinkerte verstohlen, was Krist eine empörte Miene aufsetzen ließ, über diese unmögliche Anspielung.

Singto nippte etwas an seinem Drink über dieses Schauspiel.

Krist schien auch etwas sagen zu wollen, als ihm Off das Wort nahm.

„Vielleicht kannst du sie ja zusammen mit N'Singto ausprobieren.", meinte er dann unverfroren, was Singto unbeholfen in seinen Becher prusten ließ.

Off besaß wirklich kein Schamgefühl!

Krist's Wangen hatten nun deutlich an Farbe dazu gewonnen, dass sie sicherlich gerade ein recht ähnliches Bild wiedergaben.

„P'Off!", wetterte Krist dann auch entrüstet, was Off nur ungehalten Lachen ließ. Dann deutete er mit einer Hand auf die Schachtel, während er sich mit der anderen die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte.

„Gott, du bist so putzig, wenn du schüchtern wirst, Nong." Dann nahm er Krist die Schachtel wieder aus der Hand und machte sie auf. Dann hielt er ihm die Öffnung vor.

„Schau sie dir wenigstens an. Es ist eine limitierte Edition", verriet er noch stolz, worauf sich Krist verständlicherweise widerwillig zeigte. P'Off griff letztendlich einfach nach dessen Hand und schüttelte den Inhalt in dessen Handfläche.

„Notfallschnurrbärte.", las Krist dann in einem ungläubigen Ton den Schriftzug auf der herausgerutschten Folie vor.

Off's Grinsen war immens, als er Krist einen Arm über die Schulter legte.

„Gern geschehen.", meint er auf ein Danke, das Krist sicherlich nicht einmal dachte.

„Ich fass es nicht, das ich mich davon hab drankriegen lassen.", murrte Krist, der nun seinen Blick suchte und ihm die Auswahl an verschiedenen und albernen Schnurbärten zeigte.

Singto schüttelte mit einen ungläubigen Lächeln den Kopf.

Krist kam schließlich wieder zu ihm und ließ es sich nicht nehmen, ihm einen dieser Bärte dann auch unter die Nase zu kleben. Er erinnerte in der Form an den, den Super Mario trug.

„Wie ein komplett anderer Mensch.", gab dieser dann amüsiert seinen Eindruck wieder.

Singto schob seine Oberlippe prüfend hin und her.

Dann wählte er den gezwirbelten Bart für Krist, der sich ohne Wiederrede ebenso verschönern ließ.

„Sehr sexy." Sie ließen es sich nicht nehmen, ein paar Fotos von sich zu machen, bis dann auch Off und Gun der bärtigen Albernheit beiwohnten. Jemand machte ein Foto von ihnen vieren, das Singto auf jeden Fall an seiner Pinnwand zu Hause anbringen würde wollen.

„Danke noch einmal für dein Geschenk, P'." Krist's Stimme war direkt an seinem Ohr, als er dies sagte, saßen sie, der Fotos wegen, noch immer nahe beieinander.

Es war ein wohliges Kribbeln, dass dieser damit bei ihm auslöste.

Singto schluckte folglich etwas trocken und nickte.

„Keine Ursache.", gab er womöglich etwas kratzig zurück, was Krist, in einer verspielten Geste, mit der Nasenspitze über seine Wange streichen ließ. Dann war dessen Präsens wieder auf Abstand gegangen und Singto atmete durch.

Krist war wirklich ein schwieriger Fall, wenn es darum ging, ihm nicht immer noch ein Stück mehr zu verfallen.

Und dieser hatte noch nicht einmal einen Schimmer davon.


I wanna be the reason for your smile (german)Where stories live. Discover now