Kapitel 16 - Camp Zeus

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Es war ein schöner Tag im Camp Zeus. Die Sonne schien auf die Baumwipfel auf Steep Holm und auch die verzauberte Decke der Höhlen strahlte vor Freude. Die belebten Anlagen des Camps waren hell erleuchtet und die unzähligen Menschen, die ein und aus gingen, schienen fröhlich. Es war gegen Mittagszeit und dementsprechend schlief keiner mehr. Noch unbemerkt kam eine Gestalt auf einem kleinen Kanu in Richtung der Insel gefahren. Als die Gestalt am Ufer anlegte hob sie die Hand. Ein Regenbogen erschien, der den Höhenunterschied zwischen der Gestalt und der Zielposition überbrückte. Die Gestalt, ein vielleicht fünfzehn jähriges Mädchen, setzte die Kapute ihrer grünen Strickjacke ab, bevor sie über den Regenbogen lief. Oben angekommen, rannte sie über die Insel zu einem ganz bestimmten Abschnitt im Wald. Dort, beim Eingang zu Camp Zeus angekommen, sprang sie hinunter und murmelte: „Campdirektion!" Ihr Fall verlangsamte sich und es bildete sich eine Sphäre um sie herum. Ähnlich wie eine Seifenblase, konnte man bunte Reflektionen auf der dünnen und transparenten Membran sehen. Ebenfalls wie bei einer Seifenblase, sank das Mädchen in der Blase nun langsam in Richtung Grund des Bodens.

In ihrer Umgebung bewegten sich lauter Blasen, auf und ab, vor und zurück. Es herrschte reger Betrieb, eine der Blasen setzte gerade am Rand des Loches an und zerplatzte. Der Junge, der nun nicht mehr in der Blase war, verschwand hinter einer Holztür, die hinter einem kleinen Absatz in der Wand des Loches eingelassen war. Ein anderes Mädchen trat aus eben so einer Tür und rief eine Blase herbei, um ein anderes Ziel aufzusuchen.

Als das Mädchen in der grünen Strickjacke in der Nähe des Bodens angekommen war, beschleunigte die Blase auf der Waagerechten etwas und bewegte sich nun in Richtung eines pompösen Steingebäudes. Es war im griechischen Stil gebaut und reichte fast bis zur sehr hohen Decke. Die Blase platzte und das Mädchen ging hinein.

„Lady Hebe? Lady Hebe, wo seid ihr?", rief sie mit einer überraschend tiefen Stimme. „Ja, Schwester?", ertönte eine höhere, kindlichere Stimme aus einem anliegenden Zimmer.
Es war gemütlich eingerichtet, wie ein durchschnittliches Jugendzimmer. Ein Computer, ein Bett, ein Sofa und ein Schreibtisch. Hebe saß auf ihrem Bett und starrte ein paar Poster an der Wand an, ehe sie sich dem Mädchen zuwandte. Hebe hatte lange braune Haare und grüne Augen. Ihr Gesicht war ihrem zwölfjährigen Erscheinungsbild als Göttin der ewigen Jugend gerecht und von einem Lächeln regiert.

„Hä?", warf das Mädchen ein, „Wir sind doch gar keine Schwestern. Ich bin eine Tochter der Iris. Meine Urgroßeltern mütterlicherseits sind die Geschwister eurer Großeltern und väterlicherseits eure Urgroßmutter und ihr Bruder." „Ja, unsere Familienverhältnisse sind komplex. Meine Eltern sind Geschwister. Meine Großeltern sind Geschwister. Und meine Urgroßeltern sind Mutter und Sohn. Dennoch sind hier im Camp Zeus alle meine Brüder und Schwestern. Ich bin die Göttin der Jugend. In der Jugend sind die engsten Vertrauten die Geschwister!", sagte Hebe und lächelte noch etwas mehr, „Ich nehme an, dass du eine Nachricht von Chiron für mich hast?" Die Tochter der Iris nickte. „Gaia ist gefallen."

Hebe grinste mittlerweile. „Das sind doch großartige Neuigkeiten! Wir werden sie beim Abendessen feiern", freute sich Hebe und fügte dann hoffnungsvoll hinzu: „Ich nehme nicht an, dass mein Ehemann ihr gefolgt ist?" Das Mädchen schüttelte den Kopf und Hebe wirkte enttäuscht. „Nun ja! Komm, ich führe dich rum! Wie heißt du eigentlich?" „Elisabeth", antwortete Elisabeth, „Ich habe aber noch eine Nachricht für eu... dich." „Darum kümmern wir uns nach dem Essen!", sagte Hebe, „Komm!" Dann verließ sie den Raum, dicht gefolgt von Elisabeth.

*

„Brüder! Schwestern!", erhob Hebe ihre Stimme, „Soeben erreichte mich eine Nachricht. Gaia ist gefallen! Der Krieg ist beendet. Eirene ist wieder eingezogen und Gaia ist in Morpheus' Reich. Feiern wir also! Feiern wir den Sieg des Olymps!" Sie wand sich an einen Jungen, der neben ihr stand: „Würdest du den Wachposten diese Nachricht überbringen?" Der Junge nickte und lief davon. Hebe wand sich wieder an die Versammelten Halbgötter, die in einem Pavillon versammelt. "Lasst das Essen beginnen!"

Während die Halbgötter aus Camp Zeus zum Büfett gingen und sich Essen holten, blieb Elisabeths Blick an einem zwanzigjährigen Jungen hängen, der sich nicht auf das Essen stürzte. Das Gesicht des Jungen sah aus, als hätte man es durch den Fleischwolf gedreht und wieder zusammengetackert. Nur seine Augen waren noch in Tackt und starrten mit einem leeren Blick auf den Boden. Einer der anderen Jungen geleitete ihn zu einem Tisch und begann ihn zu füttern. "Manfred", sagte Hebe und riss Elisabeth damit aus ihren Gedanken. Hebe hatte ihr Starren. "Er ist ein deutscher Halbgott. Er war ein Jude. Eris persönlich hat ihn gefoltert und Apollo hat ihn geheilt. Er ist nie über die Dinge, die er gesehen hat hinweggekommen." Elisabeth hatte die Augen aufgerissen: "Er ist aus dem zweiten Weltkrieg? Müsste er dann nicht viel älter sein?" Hebe lächelte: "Ich bin die Göttin der ewigen Jugend, meine Liebe. Was meinst du wohl, warum Zeus mich dazu überredet hat, eines der Camps zu leiten? Er wollte, dass einer seiner Söhne ewig lebt. Am Ende hat Thanatos ihn doch bekommen. Das ist aber auch nicht wichtig! Hattest du nicht eine Nachricht für mich?"

Elisabeth nickte und Hebe bedeutete ihr ihr zu folgen. In Hebes Zimmer angekommen, begann Elisabeth zu erzählen: "Chiron hat mich gebeten, dir noch etwas mitzuteilen. Er hat Halbgötter ins Vereinigte Königreich geschickt, um eine sehr geheime Mission auszuführen. Du sollst deine Halbgötter deshalb aus Schottland fernhalten." "Schottland", wiederholte Hebe nachdenklich, "Vielleicht hat er wen nach Hogwarts geschickt." Elisabeth wollte nachfragen, was zur Hölle denn "Hogwarts" sei, als Hebes Gesicht förmlich in sich zusammenfiel. Sie verließ ihr Zimmer und kam ein paar Sekunden später mit einem sehr dicken Buch zurück. Elisabeth sah auf den Einband und konnte ihren Augen kaum glauben. "Das ist doch nicht etwa... " "Doch!", antwortete Hebe, "Wir sind tatsächlich im Besitz der Sibyllinischen Bücher. Matt hat sie vor zwei Wochen gefunden. Wir konnten sie noch nicht ganz durchlesen, allerding habe ich mich an etwas erinnert." hebe schlug das Buch auf und blätterte etwas herum. "Hier!", sagte sie und zeigte auf eine Seite im Buch. Sie räusperte sich und las vor:


Inzwischen waren die anderen Halbgötter mit Essen fertig. Sie setzten sich um ein Lagerfeuer, ähnlich wie es im Camp Halfblood Tradition war, und begannen Lieder anzustimmen. Die Kinder des Apollo spielten und sagen, während die anderen lachten.

Wenn die Trommeln singen,
Wenn Freudenschreie klingen,
Dann der Tod der Erde war da,
Dann der Frieden auf Erden war nah.


Doch Krieg und Frieden sind Gegenteile,
Also ruht euch aus, habt keine Eile,
Denn fern ist Ares Eirene nie,
Und so fällt auch sie auf die Knie.

Und wenn Helden sich nähern, der Schule, der Besten,

Einer der Wachposten schien etwas entdeckt zu haben.

Und wenn die Schule ihnen zuspricht, Rechte von Gästen,

Der Wachposten rief einen seiner Freunde. Da war tatsächlich etwas, gerade so über den Baumwipfeln zu erkennen.

Dann ist am Horizont der Tod schon nah,

Der Wachposten schrie einem anderen jungen etwas zu. Dann sah er wieder zu der voranschreitenden Dunkelheit, die sich ihren Weg durch Hemera hindurch, auf Camp Zeus zu fraß.

Und am Horizont wartet die dunkle Schar.

Der Vergessene KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt