15. Dezember - bunterkolibri

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Guten Morgen (oder gute Nacht?) an euch alle. Heute, zum 15. Dezember haben wir erneut eine mega Autorin, auf die sich viele von euch sehr gefreut haben.
Einen wundervollen 2686 Wörter OS vom lieben Kolibri.. Oops bunterkolibri der euch hoffentlich auch nur ansatzweise so gut gefällt, wie mir ❤️ Danke das du mich bei diesem Projekt unterstützt hast und ihn für dieses Buch in die Tasten gehauen hast. Das bedeutet mir wirklich viel.
Falls ihr sie noch nicht kennt, solltet ihr definitiv mal auf ihrem Account und ihren alten Büchern vorbeischauen. Ich freue mich schon, wenn endlich ein neues beginnt 😍 ach ja, und lasst ihr doch einen netten Kommentar da❤️

Have fun ❤️


Ein lauter Knall, hektisches Gemurmel und Louis' bedrücktes Seufzen am anderen Ende der Leitung lassen mich die Augen schließen. Ich weiß genau, was das bedeutet. Es fallen Bomben. „Ich muss auflegen. Ich liebe dich. Vergiss das nie", flüstert mein Freund, ehe er auch schon das Gespräch beendet.

„Ich liebe dich auch. Bitte pass auf dich auf", hauche ich, auch wenn er die Worte nicht mehr hört. Was gäbe ich dafür, ihn jetzt bei mir zu haben. Ich will ihn in die Arme schließen, ihn berühren und alles vergessen, was dieser Afghanistaneinsatz mit uns macht. Stattdessen halte ich mein Handy noch immer am Ohr und lausche der Stille nach. Vielleicht ist es ja nur ein Irrtum. Vielleicht hat man sich getäuscht. Vielleicht war der Knall einfach nur der Überschall eines Flugzeuges. Jedes Mal versuche ich mir das einzureden.

Ich zucke zusammen, als eine Träne auf meine Hand tropft, mit der ich mich an der Küchentheke abstütze. Seufzend lege ich das Handy beiseite, um mir übers Gesicht zu fahren. Bitte lass alles gutgehen.

Mit einem traurigen Lächeln greife ich zum roten Kugelschreiber, der am Wandkalender klemmt, um das gestrige Datum durchzustreichen. Noch 57 Tage. Knapp zwei Monate. Dann kommt Louis endlich wieder. Doch bis dahin dauert es noch gefühlte Ewigkeiten und auch die bevorstehenden Weihnachtstage sowie Louis' Geburtstag werden wir nicht gemeinsam verbringen. Ich schlucke und denke zurück an das eben geführte Telefonat.

Hoffentlich werden wir uns überhaupt wiedersehen. Was soll ich nur machen, wenn Louis im Dienst fällt? Ich würde es nicht verkraften, wenn der Krieg mir meinen Freund nimmt. Ich habe solche Angst vor diesem Anruf, der mir meinen Lebensinhalt raubt. Ich weiß, im Himmel würde man sich gut um seine Seele sorgen. Und auch wenn ich mein Herz gäbe, um ihn zurückzuholen, ist mir bewusst, dass er das nicht wollen würde. Es wäre seine letzte Reise. Eine Reise, auf der ich ihn nicht begleiten könnte. Das Schicksal würde wollen, dass ich bei dieser Reise nicht dabei wäre. Aber das darf einfach nicht passieren.

Nur leider war mein Gefühl selten so schlecht wie in diesem Moment.

Mit abgehaktem Atem wende ich mich vom Kalender ab und lasse den Blick durch die Küche streifen. Irgendwie muss ich mich ablenken, ansonsten werde ich verrückt. Mein Blick fällt zurück auf das Handy, das ich mir kurzerhand schnappe, um die Nummer meiner Schwester zu wählen. Sie ist mir in solchen Momenten immer eine große Stütze.

Bis Gemma hier ist, setze ich mich auf den Hocker im Wohnzimmer und lasse meine Finger ohne zu überlegen über die Klaviatur unseres Flügels gleiten. Es ist unser Schmuckstück, für das wir lange gespart haben. Vielleicht ist es unsere gemeinsame Leidenschaft zur Musik, dass ich mich Louis während des Spielens verbundener fühle, obwohl er tausende Kilometer entfernt ist.

Die Zeit verfliegt und es dauert einige Momente, bis ich realisiere, dass die Tür aufgeschlossen wird. Meine Schwester hat einen Schlüssel für unser Haus, weil ich jedes Mal kurz vor einer Panikattacke stehe, wenn es an der Tür klingelt. Und wenn es dann auch noch jemand ohne Ankündigung ist, traue ich mich überhaupt nicht, sie zu öffnen. Gemma sagt nichts, doch ich spüre ihre Anwesenheit hinter mir und einen Augenblick später ihre Hand auf meiner Schulter. Mit geschlossenen Augen lächle ich in mich hinein, denn Gemma fragt nicht nach. Sie bemitleidet mich nicht, denn sie weiß genau, dass ich sonst immer tiefer in mein Loch kriechen würde.

Larry-OS Adventskalender/2018Where stories live. Discover now