Kapitel 4: Eine Hexe schwört Rache

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Die nächsten Tage überlebte ich durch Vorräte an Essen in Dosen und Konserven. Ich schlief lange und kam wieder zu Kräften. Meine Narbe hatte ich versorgt und meine Haare hatte ich schulterlang mit einem alten Taschenmesser geschnitten. Ich fühlte mich nach einer ausgiebigen Dusche wieder wie neu geboren und unfassbar mächtig. Seltsamerweise funktionierte im ganzen Camp noch das Wasser und der Strom, was mich verwunderte. Sicher traute sich niemand hier raus, um dies abzustellen.

Jetzt konnte ich mich endlich auf mein nächstes Ziel konzentrieren: Rache.
Und ich hatte bereits einen Plan parat...
Ich würde Sara aufsuchen und meine ehemaligen Schwestern hierherlocken. Dann würde ich aus ihnen herausbekommen, wer im hohen Rat war und wo er sich aufhielt. Dafür musste ich aber zuerst nachhause und ich musste meine Hexenutensilien besorgen....

Sara war die naivste und ängstlichste unter uns gewesen. Eine Streberin und Langweilern in meinen Augen. Immer brav. Sie fürchtete sich vor allem und jeden. Sie würde mir sicher glauben, wenn ich mich nachts als Wasserleiche verkleidet aufsuchen würde. Bei diesem Gedanken musste ich grinsen.
Am Abend suchte ich nach Jason, denn er war meiner Meinung nach ständig an einem anderen Ort. Fast so, als wäre er übermenschlich...
Ich fand ihn in seiner Hütte, wie er gerade seine Machete schleifte und wusste, dass ich nichts zu befürchten hatte.
„Hey Jason.", sprach ich und winkte ihm zu.
Sofort hörte er auf und kam auf mich zu.
Ich blickte zu ihm hinauf und fuhr fort: "Ich muss noch einmal fort. Ich muss meine Hexensachen retten. Und meinen Kater. Aber keine Sorge, ich komme so schnell es geht wieder zu dir zurück, hast du das verstanden?"
Erwartungsvoll sah ich zu ihm hoch und drehte mich dann um.
Plötzlich packte er mich unsanft am Handgelenk, sodass ich fast meinte er würde es mir brechen.
So viel Kraft hatte er.
Langsam drehte ich mich um und strich mit meiner anderen Hand vorsichtig über seine Hand, die mich festhielt.
„Jason.", flüsterte ich leise," Ich werde zurückkommen. Versprochen."
Er ließ mich los und ich lief aus dem Camp in Richtung der Hauptstraße.

Kaum war ich einige Kilometer gelaufen, hielt ein Polizeiauto neben mir. Darin saß ein etwa 30-Jähriger Polizist, der mich sofort ansprach. Ich trug eine alte Cheerleading Uniform und rote Chucks, die ich in einer der Kommoden gefunden hatte.
„Hey, was machst du denn hier? Hier ist es verdammt gefährlich und das noch um diese Uhrzeit und in der Dunkelheit. Soll ich dich mit in die nächste Stadt nehmen? Da gibt einen Bus der fährt zurück in die Großstadt."
Ich räusperte mich und sah zu ihm.
„Oh, das wäre fantastisch. Mein Freund hat mich im Camp sitzengelassen, als ich ihm gesagt habe, dass ich mit dem Quarterback geknutscht habe.", sagte ich theatralisch seufzend und nahm neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz. Während der Fahrt konnte ich beobachten, dass er ständig abwechselnd auf meinen Ausschnitt oder meine Schenkel schielte und das wollte ich mir zu nutzen machen. Das Straßenschild zeigte den nächsten Halt in 4 Kilometern an. Solange musste ich mich noch gedulden.
„Ihr Kids lernt wohl nichts dazu, was?"
„Wie meinen Sie das, Sir?", fragte ich unschuldig.
„Na, ihr Kids müsst wohl immer das Schicksal rausfordern, wenn ihr dieses furchtbare Camp Blood aufsucht, was?"
Ich fand es toll, mich vor Männern dumm zu stellen und mir Sachen erklären zu lassen, weil sie meinten alles besser zu wissen.
„Camp Blood?"
„Na, Mädchen. Da gibt es doch so einen entstellten Freak, der da rumläuft und Teenager abschlachtet."
„Habe ich noch nie von gehört."
„Ach, dann bist du wohl nicht aus der Gegend, was? Wo kommst du denn her, Kleine?"
Ich lächelte süß und unschuldig.
„Ähm, können wir mal kurz rechts ranfahren?"
„Natürlich."
Er brachte das Auto zum Stehen, ich schnippte kurz mit dem Finger und sprach einen Zauber.
Sofort brach er ohnmächtig zusammen.
Ich seufzte erleichtert.
Abgelenkte Männer waren so leicht außer Gefecht zu setzen.
Dann schleifte ich ihn auf die Rückbank und deckte ihn zu. Der schlief noch für ein paar Stunden.
An der ersten Raststätte bestellte ich mir einen vor fetttriefenden Cheeseburger, Pommes und eine Cola. Die Umstehenden beobachteten mich kritisch, ich zahlte und fuhr weiter nachhause.
Mittlerweile war es weit nach Mitternacht.

Ich brach in mein eigenes Haus ein, nur um festzustellen, dass Mum alle Familienbilder mit oder von mir ausgetauscht hatte. Für sie und Dad war ich also wirklich gestorben... Schulterzuckend schlich ich mich in mein Zimmer. Es war komplett leer. Am liebsten hätte ich geschrien. Nichts. Alles weg. Im Keller fand ich Kartons mit der Aufschrift „AMY". Ich packte meine Lieblingsklamotten, Kleider und meine Bücher und Hexenutensilien in zwei riesige Reisetaschen. Als ich aus unserer Ausfahrt schlich, nahm ich ein vertrautes Miauen wahr. Es war Barney. Er war ausgehungert und sein Fell ganz struppig. Ich klemmte mir den Kater unter den Arm. Einen Punkt musste ich noch abarbeiten.
Das Geschehene ließ sich wie folgt zusammenfassen: Ich besuchte Sara in einem weißen Nachthemd und hatte vorher einige weiße Kerzen in ihrem Zimmer aufgebaut. Ich flüsterte ihren Namen und sie wachte auf.
„SARA! Suche meine Leiche im Camp Crystal Lake, damit meine Seele Ruhe finden kann. Komm nicht alleine. Bitte hilf mir. Ich kann nicht zu Ruhe kommen."
„Wwwwas?"
„Du hast mich richtig verstanden. Komm morgen oder ich suche dich noch einmal auf."
An ihrem angstverzerrten Gesicht wusste ich, dass sie morgen kommen würde und dann war sie ein gefundenes Fressen für mich.
Auf der Rückfahrt, die ich immer noch mit dem Polizeiauto tätige, hielt ich an einem 24 Stunden Supermarkt und besorgte mir alles Mögliche an Essensvorräten, Kosmetika und Getränken. Das Geld hatte ich meinen Eltern aus ihrem Versteck unter der Spüle geklaut. Sie bunkerten dort so viel, da würden sie es eh nicht merken.
Ich stellte das Auto einige hundert Meter vor dem Camp ab. Wenn der Polizist aufwachen würde, hatte er alles vergessen, denn auch dafür gab es einen Zauber.

Also schleppte ich meine Vorräte, Kleidung und meinen Kater zum Camp.
Am vermoderten Schild am Anfang des Camps wartete zu meiner Überraschung Jason auf mich.
Er hatte wirklich auf mich gewartet...
Als er mich bemerkte legte er den Kopf schief zu Seite.
Er schien wohl erleichtert und froh, dass ich zurückgekommen war.
Ich räumte meine Vorräte in meine Hüte und setzte mich auf die Treppe vor der Hütte. Erleichtert blickte ich in die Stille der Nacht, bis es mich ein wenig fror.
Ich trug vor lauter Gespensterspielerei immer noch die Cheerleader Uniform, das Nachthemd hatte ich ausgezogen.
Plötzlich wie aus dem Nichts tauchte Jason aus einem der Büsche auf und erschreckte mich wohl eher unfreiwillig.
Seelenruhig nahm er neben mir auf der Treppe Platz.
Mich überkam unfreiwillig ein kalter Schauer.
Jason sah mich an, zog plötzlich sein halbzerfetztes Hemd aus und hing es mir über meine Schultern.
Ich drehte mich zu ihm herüber und flüsterte ein leises Dankeschön.
Jetzt wo er nur noch im T-Shirt bekleidet neben mir saß, sah ich alte und neuere Narben auf seinen starken Oberarmen und seinen großen Unterarmen.
Vorsichtig strich ich über sie, ihn schien es nicht zu stören.
„Sie haben dir weh getan, Jason. Solange ich bei dir bin, wird dir niemand mehr weh tun. Menschen sind Monster.", sprach ich und legte zögerlich meinen Kopf auf seine breite Schulter.

Und in diesem Moment war Jason sich nicht sicher, ob die Stimme seiner Mutter diese Sätze zu ihm gesprochen hatte oder das zarte Mädchen neben ihm.
Er blickte in die Ferne und schloss seine Augen.

The Witch of Camp Crystal LakeWhere stories live. Discover now