Silent Hill // L.P. [editing]

Kapitel 23

Stille herrschte in dem Zimmer. Keiner sagte etwas. Es hatte angefangen zu regnen, weshalb man nur noch hörte, wie der Regen gegen das Fenster prasselte. Während ich den Regentropfen dabei zusah, wie sie an der Scheibe hinunter liefen, dachte ich nach. Konnten wir Louis trauen? Konnten wir uns auf seinen Plan einlassen und sicher sein, dass es nicht wieder nur eine Falle war?

Eigentlich hatte ich schon längst eine Entscheidung getroffen. Ja, wir mussten ihm trauen. Es war womöglich unsere einzige Möglichkeit aus Silent Hill zu entkommen und die sollten wir uns nicht entgehen lassen. An Liams' Gesichtsausdruck, mit dem er ins Leere starrte, wusste ich, dass auch er so dachte.

"Also gut.", seufzte Liam,"Wir sind dabei. Aber nur unter einer Bedingung. Bevor wir von hier verschwinden, möchte ich mich rächen an den Forschern. Und ich möchte, dass sie meine Gene irgendwie wieder hinbekommen. Ich habe keine Lust darauf nicht zu altern."

Auf meiner Stirn bildeten sich Falten, als ich angestrengt nachdachte. Bis eben gerade hatte ich völlig vergessen, dass Liam gar nicht alterte. Doch nun kam alles wie ein Schlag wieder in mein Gedächtnis. Die gesamte Fluchtaktion würde so höchstwahrscheinlich noch schwieriger werden. Wie sollten wir die Forscher dazu bewegen, Liams' Alterungsprozess wieder herzustellen? War das überhaupt möglich? Konnte man die Gene, die sie ihm ausgetauscht hatten, erneut austauschen, sodass er seine alten wiederbekam?

"Das wird verdammt schwer werden. Ich verstehe, dass du wieder altern möchtest, aber wie bitte willst du das schaffen? Mein Vater wird es sicherlich nicht machen. Und ist das denn möglich?", sagte Louis und sprach damit meine Gedanken aus.

"Immerhin haben sie es auch geschafft, dass ich nicht mehr älter werde, also können sie das bestimmt auch rückgängig machen. Sie müssen es einfach können.", sagte Liam. Seine Stimme war so voller Hoffnung, dass ich ihn am liebsten sofort in meine Arme schließen und ihm versprechen wollte, dass er bald wieder "normal" werden würde. Doch ich konnte es nicht, denn ich wollte ihm nichts versprechen, was in meinen Augen quasi unmöglich war.

"Ich will deine Hoffnungen nur ungern trüben, aber ich glaube kaum, dass sie zu so etwas fähig sind. Zwar habe ich keine Ahnung von diesem ganzen Zeug rund um Gene und Alterungsprozesse, aber die Forscher sind nicht so schlau wie sie scheinen. Alles was sie wissen haben sie aus einem Buch, die sie damals in Silent Hill gefunden haben. Sie machen also das, was in diesem Buch steht und viel mehr wissen sie auch nicht.", erklärte Louis und sah Liam mitleidig an. 

Ein Buch? Es gab also ein Buch, in dem solche Experimente beschrieben wurden? Welcher Hirnkranke dachte sich denn sowas aus? Aber wenn in dem Buch eine Möglichkeit beschrieben wurde, wie man den Alterungsprozess stoppen konnte, dann bestand theoretisch die Möglichkeit, dass auch beschrieben wurde, wie man sie wieder rückgängig machen konnte. Mit ganz viel Glück jedenfalls.

Ich teilte meine Gedanken Liam und Louis mit, der darauf nur mit den Schultern zuckte. "Vielleicht. Wir sollten uns jetzt aber erstmal einen Plan überlegen, wie wir es schaffen, Liams' Rache, die Flucht und so weiter unter einen Hut zu bekommen. Ich habe etwas wichtiges mitgebracht."

Louis zog etwas aus seiner Jackentasche hervor und legte es auf den verstaubten Holztisch vor der Couch. "Das ist ein Stadtplan, den ich von meinem Vater gestohlen habe.", sagte er und faltete das Papier auseinander. Liam erhob sich von dem Sessel und quetschte sich neben mich auf das Sofa, welches ziemlich eng für drei Leute war. Wir rückten dichter zusammen, damit wir alle raufpassten. Liam schenkte mir ein kleines Lächeln, welches mein Herz erwärmte und sah dann auf den Stadtplan. Interessiert wendete auch ich meinen Blick wieder zu dem Papier. 

Der Stadtplan musste schon ziemlich alt sein, denn er war bereits verblasst und zerknittert, dennoch konnte man alles gut erkennen. Silent Hill war kleiner als ich gedacht hatte. Wenn man einsam durch die Straßen lief, wirkte es immer so groß, doch in Wirklichkeit war es eher überschaulich. Es gab viele kleine Straßen und Gassen, an denen sich die Häuser dicht an dicht reihten und einen dichten Wald rund um die Stadt. Jede Straße und Gasse trug einen Namen und viele Gebäude waren ebenfalls beschriftet, jedoch musste dies nachträglich und vor nicht allzu langer Zeit geschehen sein, denn die Namen waren mit Kugelschreiber geschrieben und sahen relativ frisch aus im Vergleich mit dem Rest der Karte.