Die ersten Tage

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Als die ersten Sonnenstrahlen durch mein Fenster fielen, wachte ich auf. Mein erster Gedanke galt immer meiner Mutter, aber meinen zweiten schenkte ich Kathi. Apropos Kathi, wo war sie eigentlich. Ich machte mich bemerkbar, aber als sie dann nicht kam, nahm ich an, dass sie nicht da war. Hatte sie mich etwa vergessen? Ließ sie mich hier zurück? So wie meine Mama es getan hatte? Mama, sie ging mir nicht aus dem Kopf. Wie gerne ich sie trotz allem an meiner Seite hätte, wie gerne ich meine ersten Schritte zusammen mit ihr gemacht hätte. Wie gerne wollte ich sie einfach nur noch einmal sehen. In dem Moment kam auch Kathi rein. Okay. Kurz nach den ersten Sonnenstrahlen kam sie also. Gut zu wissen. Mein Magen knurrte noch lauter. Ich hatte Hunger! Also machte ich mich zum zweiten Mal bemerkbar und siehe da, das kannte sie also schon. Diese Art von schreien hieß, dass ich habe Hunger hatte und zwar auf die doppelte Portion. Auch das hatte Kathi schon gelernt, denn als die erste Flasche leer war, gab sie mir gleich die zweite. Das funktionierte doch wie am Schnürchen. Wir beide werden uns verstehen.

So, nachdem ich jetzt satt war, wollte ich bitte mein Zimmer erkunden. Ich überlegte aber zuerst, wie ich mein Geschrei abwandeln konnte, damit Kathi es als „Bewegen" interpretieren konnte. Also wandelte ich einfach schnell die Abfolge ab und schrie somit dann immer kurz, kurz, lang. Das sollte Kathi doch lernen. Also fing ich an, mich mal wieder zu bemerkbar machen. Es dauerte dieses Mal länger, bis Kathi verstand, dass ich mich bewegen wollte, aber solange sie das überhaupt merkte, war mir die Zeitspanne eigentlich egal. Nun hob sie mich hoch und legte mich auf den Boden. Schon bald fing ich an, mein neues Zimmer zu erkunden. Es war sehr groß und ich beschloss, einen halben Tag damit zu verbringen, den größten Teil zu erkunden.

Ganz hinten in der Ecke stand mein Bett. Hinten rechts, wenn man von der Tür aus reinschaute. Gleich daneben, an der linken Wand, war ein Wickeltisch. Und dann ganz vorne rechts stand ein weiterer Tisch. Dort drauf waren verschiede Sachen und Kathi saß die ganze Zeit davor, also nahm ich mal an, dass das ihr Tisch war. In der Mitte meines Zimmer war ein großer abgezäunter Bereich. Puh, wer wollte da schon rein. Aber immerhin waren da Spielsachen drin. Apropos Spielsachen. Da waren ja noch mehr hinten links in der Ecke. Jede Menge. Dafür wollte ich mir einen weiteren Tag nehmen, um die zu erkunden. Vorne links in der Ecke war ein sehr großer Schrank. Dort würde ich doch bestimmt drei oder viermal reinpassen. Was da wohl alles drin war? Ich musste das auch noch rausfinden, nahm ich mir ganz fest vor.

Ich hatte mir mein Zimmer von der Eingangstür aus angeschaut, doch da war ja noch eine weitere gleich gegenüber. Die andere Tür war aus Glas und dahinter war genauso ein Vorsprung, wie in dem Zimmer, wo ich nur eine Nacht drin war. Da wollte ich unbedingt noch einmal raus! Also schrie ich ein bisschen, mein Alles-Mögliche-Geschrei, wie ich es liebevoll nannte und Kathi machte mir diese Tür sogar auf! Das war genial! Der Vorsprung war an den Wänden aus Glas, sodass auch ich in die Ferne schauen konnte. Doch nach ein paar Minuten holte Kathi mich schon wieder herein und legte mich in mein Bett, mit der Entschuldigung, dass sie mal wegmusste. Doch ich wollte nicht in meinem Bett vergammeln! Da ging ich doch lieber in den abgezäunten Bereich und erkunde den! Nach meinen Protest, der etwas lauter als geplant ausgefallen war, hob mich Kathi wieder hoch und legte mich in den abgezäunten Bereich. So schlimm war es hier gar nicht drin.

Dann war Kathi gegangen und ich war alleine in meinem Zimmer. Nachdenklich legte ich mich auf den Boden und dachte an Mama. Was sie wohl gerade machte? Wahrscheinlich irgendetwas cooles mit meinen Geschwistern. Ob sie wohl noch an mich dachte? Wohl eher nicht, denn sonst hätte sie mich nicht verlassen. Oder sie bereute diese Entscheidung fürchterlich und wollte mich zurück, konnte mich aber nicht mehr finden. Ja, diesen Gedanken musste ich behalten! Was für eine Persönlichkeit war meine Mama überhaupt? War sie nett oder freundlich oder streng? Mochte sie meine Geschwister? Ich hoffte ja, denn ich wünschte das hier niemandem. Plötzlich riss mich ein Geschrei wieder in die Wirklichkeit. Ich musste aufhören, immer in meinen Gedanken zu versinken, aber was hatte ich ja sonst zu tun?

Saphira - DrachenblutWhere stories live. Discover now