Prolog

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Eine ständige und quälende Hitze breitete sich in Armadillo aus, die Luft begann bereits zu flimmern. Alle Menschen hier wussten, dass sich ein mächtiger Sturm anbahnte, auch ich. Deshalb saß ich unter dem Vordach des Hauses, mit dem linken Fuß stützte ich mich an dem hölzernen und, mittlerweile, morschen Geländer ab, während ich den ausgetrockneten Grashalm in meinem Mund von links nach rechts schob. Drei Monate hatte es hier schon nicht mehr geregnet und mittlerweile wurde die Dürre als Strafe betrachtet. Manche behaupteten auch, es sei der Fluch der Indianer, die einst dieses Land bewohnt hatten. Für mich war das der reinste Irrsinn, denn Armadillo wurde inmitten der Wüste gebaut, also war es kein Wunder, dass es hier selten regnete. Doch die Menschen würden mir nicht glauben, weshalb ich Ihnen ihren Glauben ließ. Ich hätte schon längst von hier verschwinden können, doch das tat ich nicht. Denn meine Mutter brauchte mich. Sie war unheilbar an einer Lungenentzündung erkrankt. Schon davor ging es ihr nicht gut, seitdem dieser elendige Köter sie angefallen hat und man ihr den rechten Arm amputieren musste. Trotzdem hatte sie sich wacker sechs Jahre gehalten. Doch ich wusste, dass der Tag, an dem sie diese Welt für immer verlassen würde, näher kam. Viel näher und viel schneller, als ich es wollte.
Obwohl ich, kurz nachdem meine Mutter von diesem Hund angegriffen wurde, hier aufgetaucht wer und, trotz dessen, dass ich mittlerweile sechs Jahre mit ihr zusammen lebe, fühlt es sich manchmal so an, als sei mir der Großteil ihres Wesen's noch unbekannt.
Das knarzen alter Dielen riss mich aus meinen Gedanken und sofort drehte ich den Kopf, nur um zu sehen, wie sich meine Mutter in ihrem Lieblingsstuhl nieder ließ, begleitet von einem Hustenanfall. Wortlos verzog ich das Gesicht und blickte in den dunkler werdenden Himmel.
„Du solltest im Haus sein und dich ausruhen, Mutter..." sagte ich nach einer Weile des Schweigens und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Frau neben mir. Für einige Momente kam Nichts, außer der ständige Husten von ihr. „Deine Großmutter hat immer gesagt, dass es hilft, wenn man bei Stürmen außen sitzt." sagte sie und lehnte sich dann in dem Stuhl zurück. Schweigend nickte ich, bevor ich mir den Hut über die Augen zog und jene schloss. Ich hoffte darauf, etwas Schlaf zu bekommen, denn heute Nacht bekam ich kein Auge zu, so schlecht ging es meiner Mutter.
Ein lauter Knall ließ mich aufschrecken und sofort riss ich mir den Hut vom Haupt, wodurch einige Strähnen meines schwarzen Haares in mein Gesicht fielen. Ein ständiges prasseln hatte eingesetzt und als ich meinen Blick wandern ließ, erkannte ich, dass sich der Boden in ein matschiges Gebiet verwandelt hatte. Endlich, der lang ersehnte Regen hatte eingesetzt! „Mutter! Es regnet!" rief ich glücklich aus und drehte mich zu meiner Mutter, welche noch immer seelenruhig in ihrem Stuhl schlief. Dieser Anblick ließ mich Lächeln, doch nach wenigen Herzschlägen würde ich misstrauisch. Das donnern war so laut gewesen, dass sie hätte aufwachen müssen! Langsam ging ich näher und legte meine Hand auf die ihre. Kalt. „Mutter?" fragte ich und konnte nicht verhindern, dass sich ein zittern in meine Stimme Schlich. Es kam keine Reaktion. Verflucht. „NEIN! MUTTER!" schrie ich und rüttelte verzweifelt an den Schultern der Frau. Doch es brachte nichts. Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen ansammelten und anschließend über die Wangen rannen. Meine Beine gaben nach und ich sackte zu Boden, vergrub meinen Kopf in der Kleidung der Toten. So verblieb ich, während sich ein wahrer Regenschauer über dem Land ergab. Ich wusste, warum dies so war, doch redete ich mir ein, dass auch der Himmel um meine Mutter trauerte.
Mittlerweile hatten sich die Wolken aufgelöst und das letzte Licht der untergehenden Sonne erstrahlte vor mir. Das Kreuz auf dem Hügel wurde in sanftes, goldiges Licht gebaden und die Rosen auf dem Grab erhielten eine Blutrote Färbung. Ein letztes Gebet huschte über meine Lippen, bevor ich mich in das Haus begab, um mit frische Kleidung anzuziehen. Denn ich hatte, kurz nachdem der Sturm angefangen hatte, ein Grab für meine Mutter ausgehoben, sodass ich ihr eine würdevolle Bestattung geben konnte. Doch nun gab es eine Person, der ich von dem Tod erzählen musste, sofern er noch lebte. Ich entledigte mich des Rocks und der Bluse, welche mir meine Mutter gegeben hat. Es war schade um die Kleidung, doch ich war nie wirklich begeistert gewesen. Schweigend griff ich nach meiner schwarzen Hose und zog mir diese an, gefolgt von dem dunkelgrauen Hemd, über welches ich meinen Mantel zog. Danach ergriff ich meinen Hut und setzte ihn mir auf. Ein letztes Mal ging ich die Treppen hinab und in die Küche, wo ich mir bereits Nahrung und trinken bereit gelegt hatte, immerhin würde die Reise ins Unbekannte gehen. Wortlos brachte ich die Sachen nach draußen, direkt in den Stall. Dort stand er, mein geliebter schwarzer Mustang, Nero. Fertig zum Aufbruch. Ich verteilte die Reisevorräte gleichmäßig in den Satteltaschen und prüfte noch einmal, ob das Leinentuch, sowie mein gefütterter Schlafsack und der Sattel fest saßen.
Als ich mir sicher war, dass alles hielt und ich nichts vergessen hatte, brachte ich den schwarzen aus dem Stall, nur um mich in den Sattel zu schwingen. Mein erstes Ziel war Blackwater, obwohl ich bezweifelte, dass mein Vater noch dort wäre. Deshalb ritt ich in Richtung Nordost, meinen Blick auf den länger werdenden Schatten vor mir gerichtet. Unwillkürlich musste ich an die Worte meines Vaters denken. „Du bist Erbin einer mächtigen Familie... die Van der Linde's haben schon ewig den Wilden Westen beherrscht.." schwang mir seine Stimme im Ohr und Entschlossenheit funkelte in meinen Augen auf.
Ich bin Akira van der Linde und ich werde meinen Vater, Dutch van der Linde, finden! Komme, was wolle.

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