Kapitel 1. Auf den Tod folgt die Zerstörung

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~ 1868 Waterloo Station

Sie stand mit dem Rücken zur Tür ihres Zugabteils und studierte die unzählingen Dokumente auf dem Schreibtisch, auf welchen sie sich stützte. Crawford hatte ihr ein Angebot gemacht, aber Pearl würde ihm nicht so leicht in die Finger spielen. Mit einem siegessicheren Lächlen auf ihren dünnen geschminkten Lippen malte sie sich aus, wie sie es ihrem geliebten Cousin schwer machen konnte, ihre Pläne für weitere Ausbauten der Omnibusse und der Netzwerke zu durchkreuzen. Völlig unerwartet zersplitterten plötzlich die Glasscheiben des Daches über ihr in tausend Teile. Der Assassine sprang geradewegs auf sie drauf und tötete sie mit einem gekonnten Schnitt durch die Kehle. Anschließend befand sie sich im Elysium, über ihr, ihr Mörder. Jacob Frye, wer auch sonst hätte dahinter kommen können, dass Sie eine Templerin ist und dazu noch die Cousine des wohl mächtigsten Mannes Londons?

"Eine Schande. Gute Partnerschaft ist äußerst selten", sprach sie den Assassinen mit einem gespielt bedauernden Unterton an.

"Unsere ist mit Sicherheit aufgelöst.", stellte Jacob klar und sah der sterbenden Frau dabei ernst in das blutbefleckte Gesicht.

"So läuft das Geschäft Mister Fyre. Man tut, was man muss, um an die Spitze zu kommen. Crawford wird meinen Tod nicht auf die leichte Schulter nehmen ", erklärte sie weiter " Er wird sehr...", kurz überlegte sie wie sich ausdrücken sollte " Unangenehm, wenn er verärgert ist.", ihr Gesicht verdunkelte sich bei diesem Satz, welcher vor Gift sprühte und ihrer Boshaftigkeit Ausdruck verlieh. "Ich habe so viel geopfert. Ich will meine Busse nicht verlieren." , waren die letzten Worte der Templerin in dem purpur farbenen Kleid und der eindrucksvollen Kette. Ein Geschenk ihres Cousins. Tot sackte sie dann zusammen und Jacob hatte seine Mission erfüllt. ~

**

Jacob thronte über der ermordeten Pearl Attaway. Wieso ist er nicht schon früher dahinter gekommen, dass sie Dreck mit dem Großmeister am Stecken hatte? Ihm hätte schon viel früher auffallen müssen, dass es Parallelen gab, aber Jacob hatte sich etwas von seinem Wahn blenden lassen. Eifrig begutachtete er die Dokumente auf dem Schreibtisch der verstorbenen Frau, um Hinweise oder ähnlich Hilfreiches zu finden. Dabei fiel der Blick auf einen Brief, welcher zur Hälfte geöffnet war. Neugierig wie der junge Mann war, schnappte er sich den Brief und verstaute diesen in einer seiner unzähligen Manteltaschen. Erschrocken zuckte er zusammen, als er die aufgebrachten Stimmen der Blighters vernahm, welche sich bedrohlich dem Zugabteil nährten. Jetzt hieß es Flucht nach vorne und weg von diesem verdammten Ort. Eilig zog er sich wieder seine Assassinenkapuze über, knöpfte seinen Zylinder an einen kleinen Widerhaken an seinen Gürtel und zückte dann seinen Kukri aus Jade gefertigt aus seiner Scheide. Keinen Augenblick zu spät, den schon stand einer dieser Templer - Hunde vor ihm und zückte sein kleines Messerchen. Gekonnt stieß Jacob ihn mit der Schulter nach hinten, was den Blighter nach hinten straucheln ließ. Diese Gelegenheit nutzte Jacob aus und verpasste dem Mann einen Kinnhaken, holte mit der gebogenen Klinge des Kurkis, auf Höhe der Brust, aus und spürte wie diese erst durch den festen Stoff des Blighters Mantels hindurch rauschte, anschließend durch ein Hemd und dann die zarte Haut zerschnitt. Die Klinge hinterließ eine blutige Linie und der Blighter rutschte schwer atmend zusammen. Es blieb keine Zeit diesen noch zu plündern, denn bereits der nächste Schläger dieser Templerbande stand vor dem jungen Assassinen und setzte mit erhobener Pistole zu einem Schuss an. Doch Jacob wäre nicht umsonst Assassine geworden, wenn ihm seine Schnelligkeit nicht einen kleinen Vorteil verschaffen würde. Er wich dem Schuss aus, holte selbst seinen Revolver hervor und drückte ab, traf damit den Mann am Arm woraufhin dieser die Waffe fallen ließ, dafür jedoch sein Messer heraus holte und Jacob attackierte. Doch Jacob war schneller und erwischte in einem günstigen Moment, die ungeschützte Seite des Templers und stieß mit dem Kukri zu. Sich vor Schmerzen die getroffene Seite haltend taumelte der Mann zur Seite, dass es dem Assassinen ein leichtes war, ihm mit einem letzten Hieb seiner versteckten Klinge am linken Unterarm zur Strecke zu bringen. Tot sackte der Blighter zusammen und das Blut klebte an Jacobs Händen und einige Blutspritzer klebten rötlich an dem edlen Holz des Zugabteils und auf dem feinen Stoff des Teppichs. Die drei Leichen ergaben ein skurriles Bild und ähnelte einer sarkastischen Karikatur - einem Kunstwerk. Nun blieb jedoch wirklich keine Zeit mehr, Jacob müsste einen schnellen Weg heraus aus diesem abstrusen Schauplatz finden und wenn möglichst ohne dabei Aufsehen zu erregen. Der schnellste Weg wäre, den Zug abzukoppeln und die gestohlenen Waren zu seinen Landsmännern zu bringen. So sprang Jacob aus dem Abteil heraus auf den Bahnsteig und rannte mit flinken Füßen zum Schaffnerhäuschen nach vorne. Der verdutzte Mann sah Jacob erschrocken an und hatte dann im nächsten Moment schon Jacobs versteckte Klinge im Hals stecken, dass der Mann in deren Armen erschalfte. Eilig warf dieser die Leiche auf die Schienen und betätigte den Hebel und die Eisenbahn fuhr ruckelnd an. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen beobachtete der braunhaarige junge Mann wie seine "Rooks" die gelandene Fracht in Sicherheit verfrachteten und ihrem Anführer dabei nett grüßten. Erfolgreich hatte er es geschafft die Verbrennungskraftmaschinen den Templern zu entreißen und somit einen weiteren Stein, zum Fall Crawford's, ins Rollen gebracht.

Das Frye VermächtnisWhere stories live. Discover now