Kapitel 2. Ein Hang zur Dramatik

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Nach nur wenigen Tagen waren die Vorbereitungen für Eveline's Abreise getroffen und umgesetzt worden. Nach ihrem kleinen Zwischenfall, wobei sie deutlich gemacht hatte, auf keinster Art und Weise das Boykottieren von Arbeit in ihrem Haus zu unterstützen, hatte sich die Stimmung im Haus und vor allem bei den Bediensteten merklich verändert. Eveline hatte ihre Position nur zu deutlich dargestellt. Jeder mied es die junge Frau unverschämt anzusprechen, wenn diese beschäftigt zu sein schien oder sie anderweitig durch falsches Verhalten zu verärgern. Sie war schon keine einfache Persönlichkeit das wusste Eveline nur zu gut. In solchen Momenten wünschte sie sich die ruhige und ausgeglichen Art ihrer Mutter. Diese bewies in jeglicher Gegebenheit und Lage einen kühlen Kopf. Eine Eigenschaft, welche Eveline nur mäßig umsetzen konnte. Meist trat dann das Naturell ihres Vaters auf. Skrupellosigkeit, Unbarmherzigkeit, Ungeduld und eine einzigartige Schärfe ihren Willen durchzusetzen. Ihr war das Wort "Liebe" unbekannt. Ihr Vater hatte nur eine einzige Frau in seinem Leben geliebt und das war nicht Eveline oder Evelines Mutter- Nein. Pearl hatte ihren Vater schon immer fasziniert, wahrscheinlich auch ein Grund, weshalb er sie mit nach London nahm, als Eveline gerade mal 7 Jahre alt war. Doch genug von diesen alten Geschichten sie wirbelten nur wieder Gefühle auf und Eveline wollte sich in Anwesenheit anderer Leute nicht erklären müssen. So lehnte sie sich an die Reling und sah auf das Wasser des Hafens herab. Das Schiff war soeben für die Überfahrt von Frankreich nach Britannien aufgebrochen und die letzten Anlegepoller huschten durch das Bild. Das Wasser war gräulich bis grünbraun gefärbt. Nur ungerne würde jemand sich darin Waschen, geschweige denn darin Baden. Ein kühler Luftzug hauchte an Eveline vorbei, dass sie automatisch mit ihren Händen versuchte, durch festes Streichen über ihre Oberarme, die Kälte aus diesen heraus zu wischen. Einer ihrer Gehilfen reagierte sofort und reichte der Blondine ihren fell- besetzten Mantel, welchen die junge Frau dankend annahm. Der junge Bursche wusste nicht recht mit ihrer freundlichen Antwort umzugehen und nickte nur stumm, wandte sich dann eilig ab, um nicht einen fiesen Spruch ihrerseits zu riskieren. Unbeeindruckt und voller Desinteresse kuschelte sich Eveline in ihren warmen Fellmantel. Er reichte ihr bis zu den Knien und umhüllte sie in eine angenehme Wärme. Das Schiff war recht zügig und kalt, einige Passagiere hatten sich in ihre kleinen Kammern verzogen, nicht nur wegen der Kälte, auch weil einige unter ihnen schrecklich an der Seekrankheit litten. Auch Eveline wurde etwas flau im Magen, sie musste gestehen nicht die größte Anhängerin des Seefahrens zu sein und es wahrscheinlich auch nie werden wird. Sie hatte lieber festen Boden unter den Füßen. Boden der ihr Sicherheit und einen festen stabilen Stand gab. Auch in der Höhe hatte sie so manchmal ihre Schwierigkeiten auch wenn sie das Klettern perfektioniert hatte, gab es immer noch Gebäude die ihr einfach zu hoch waren. Um sich nicht vor allen Anwesenden zu übergeben, konzentrierte sie sich darauf ihre Atmung zu kontrollieren und stumm auf den Horizont zu schauen. Nach einer gewissen Zeit hatte sie sich an das gleichmäßige Schaukeln des Schiffes gewöhnt und gönnte sich an der kleinen Bar, eigens für die feine Gesellschaft an Bord eingerichtet, einen kleinen Schluck Champagner, was sie erst recht vergessen ließ, auf einem Schiff zu sein.

Die Überfahrt dauerte ein paar Stunden. Stunden die sich für Eveline wie endlose Tage anfühlten, ehe sie wieder auf dem Deck stand und Land auf sich zukommen sah. England - Ihr Geburtsland. Ein eigenartiges Gefühl keimte in Eveline auf, es durchzuckte sie am ganzen Körper. Sehnsucht lag in der kühlen Luft und auch das Wetter hatte sich über die Fahrt hinweg verändert. Der Mantel war überflüssig geworden und so streifte sie diesen von ihren Schultern, dass eine schlichte weiße Bluse (Chemisette) mit eng anliegenden Ärmeln an ihren schlanken Armen, die sich ab dem Handgelenk weiteten und ein hochgeschlossener geknöpfter Kragen am Hals, zum Vorschein kam. Es tat gut mal nicht in einem Korsett oder einem unbequemen Kleid zu stecken, was ihr das Atmen schwer machte. Eine einfache schwarze Hose aus Leder, welche hoch an ihrer Taille, mit Frackknöpfen, ansetzte und somit ihre schlanke Figur betonte, war eine angenehmere Form der Kleidung, als ein lästiger Reifrock mit Unmengen an Stoff und verzierten Schleifen. Die wadenhohen Stiefel mit einem kleinen Stiletto Absatz und hautenge schwarze Handschuhe an ihren Händen, rundeten das Gesamtbild der jungen Lady ab. Von der feinen Etikette Frankreichs weit entfernt. Hier in London ging es allein darum immer auf der Hut zu sein als Spionin verstand sich. Versteckt unter ihrer Bluse war an ihrem linken Arm eine Binde mit dem Templersymbol zu erkennen.

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⏰ Last updated: Mar 20, 2019 ⏰

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Das Frye VermächtnisWhere stories live. Discover now