Das Märchen der zwei Schwestern

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Es war einmal vor langer Zeit ein junger Prinz, der von seinem Volk sehr geliebt wurde

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Es war einmal vor langer Zeit ein junger Prinz, der von seinem Volk sehr geliebt wurde. Er war wunderschön und gütig, hilfsbereit und immer freundlich zu allen. Doch er würde nie König werden, denn dieses Privileg galt seinem älteren Bruder. Der Prinz hasste seinen Bruder. Er war nicht dafür gemacht einmal König zu werden und er selbst war ohnehin viel besser geeignet. Und so beschloss der Prinz eines Tages, als er zusammen mit seinem älteren Bruder auf der Jagd war sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Er machte nicht länger Jagd auf ein Reh, sondern auf seinen Bruder. In vielerlei Hinsicht könnte man sagen der Prinz habe sein Land so vor einem furchtbar schlechten Herrscher gerettet. Wenn man es so sah, dann war der Prinz, der nun König werden würde, durchaus ein Held.

Jahre vergingen, bevor sein Vater starb und aus dem jungen, schönen Prinzen ein junger, schöner König wurde.

An dieser Stelle eines Märchens sollte wohl die Jungfrau in Not kommen, die der König retten und anschließend zu seiner Frau nehmen würde. Doch es schien, als wäre das Schicksal doch nicht ganz einverstanden mit seiner Heldentat, denn sie schickten ihm keine Jungfrau in Not. Vielmehr musste der König ein junges Mädchen eines verfeindeten Königreichs heiraten, als Teil der Friedensverhandlungen. Der Name des Mädchens war Katharyna. Sie war ebenso schön wie er und auch wenn sie nicht wirklich eine Jungfrau in Not war, so verliebte sich der junge König dennoch in sie. Und sie sich in ihn.

Wieder vergingen Jahre und ein Hunger wuchs in dem jungen König. Er brauchte einen Erben. Doch Katharyna, seine wunderschöne Königin, brachte ihm nur tote Kinder zur Welt. Keines von ihnen sah je das Tageslicht. Zorn und Wut blendeten den König und er wand sich immer mehr von seiner Frau ab, als das Schicksal sich ihnen endlich wieder zuwandte und sie ihm eine kleine Tochter gebar.

Der König war nicht erfreut. Was sollte er mit einem Mädchen? Er brauchte einen Erben, kein nutzloses kleines Mädchen. Nicht länger hatte er Augen für seine schöne Königin, sondern wand sich einer anderen zu. Eine junge Frau war an den Hof gekommen. Margary. Sie war das genaue Gegenteil von Katharyna. Der König sehnte sich nach einer Ablenkung und die fand er in ihr. Es dauerte nicht lange, bis er sich von seiner geliebten Ehefrau lossagte, auch wenn er dafür von seinem Glauben absagen musste und einen erneuten Krieg riskierte. Doch er hatte nur noch Augen für Magary.

Er würde einen erneuten Krieg gewinnen. Und wenn sein alter Glaube ihm nicht geben konnte, was er wollte, dann würde er eben einen neuen kreieren. Es dauerte nicht lange, da waren Katharyna und ihre kleine Tochter lange vergessen.

Doch auch Margary konnte den König nicht glücklich machen und seine Liebe zu ihr zerfloss wie der Schnee im Frühling, als sie ihm keinen Sohn gebar, sondern zwei Töchter. Zwillinge. Die eine mit blutrotem Haar, die andere mit schneeweißen. Die zweite Königin des Königs liebte ihre Kinder sehr, doch die Angst vor dem König wuchs mit jeden Tag. Er schien die Zwillinge förmlich zu hassen und auch seine Abneigung gegenüber Margary wuchs mit jedem Tag. Aus Angst, das er ihren Mädchen etwas antun könnte, nahm die Königin den drohenden Krieg als Ausrede und verließ das Königreich zusammen mit den Zwillingen und ihrer älteren Schwester Gwayana. Sie segelten durch ein Meer aus Nebel, bis sie auf einer kleinen mystischen Insel an Land setzen. Auf dieser Insel glaubte man an ein Orakel, das einem in Form von Orakelgöttern den Weg wies. Manche der Menschen, die auf dieser Insel lebten, waren mit besonderen Gaben beschenkt, die sie vom Orakel bekommen hatten.

Margary fühlte sich sicher auf der Insel. Sie würde nie wieder zu ihrem König zurückkehren und er würde nicht nach ihr oder seinen Töchtern suchen, denn er hatte sie sowieso loswerden wollen. Aber auch auf der Insel fand sie kein Glück. Trauer und Sorge durchzog sie bereits nach kurzer Zeit. Vor ihren Augen wuchsen ihre Mädchen heran, wunderschöne Kinder, glücklich und voller Leben, doch Margary konnte den Gedanken, dass ihre beiden Mädchen einmal alt und dann sterben würden, einfach nicht ertragen.

Die Orakelgöttin Silgean, die Göttin der Schönheit und der Liebe, hatte ein Auge auf die rote und die weiße Schwester geworfen. Die beiden Mädchen waren schön. Zu schön, um Sterbliche zu sein. Es war das erste Mal in ihrem langen Leben, das die Göttin Eifersucht in sich aufkommen spürte. Aber sie war doch die schönste Person, die es gab, die Göttin der Schönheit! Angst machte sich in ihr breit und sie begann den Tag zu fürchten, an dem die beiden Mädchen tot sein würden und in das Reich der Götter kommen würden. Was würden die anderen Götter sagen, wenn sie die beiden sahen? Was wenn sie der Meinung waren, sie seien schöner als sie?
Dann hörte Silgean das Bitten der Mutter. Und sie hatte eine Idee. Eines Nachts, als Margary allein draußen war und sowohl die Götter ihrer Heimat, als auch die Götter des Orakels, die auf der Insel verehrt wurden, anflehte, erschien Silgean ihr und nannte ihr einen Preis, wie ihre beiden Mädchen für immer leben könnten. Dies kam nur für einen furchtbaren Preis, doch der verzweifelten Mutter war kein Preis zu hoch, damit ihre Kinder auf ewig jung bleiben konnten.
Und so tötete sie in der nächsten Vollmondnacht zwölf Neugeborene und sammelte ihr Blut in einem silbernen Kelch. Danach zerrte sie ihre beiden Mädchen, die von Angst zerfressen, von der Grausamkeit, die ihre einst liebende Mutter an den Tag legte, auf einen hohen Hügel außerhalb der Stadt, in der sie all die Jahre gelebt hatten. Dort zwang sie die Beiden das Blut der Neugeborenen zu trinken und sprach Worte in einer alten, unbekannten Sprache, die ihr Silgean gesagt hatte. Sie wusste nicht, was sie bedeuteten, doch der Zauber schien zu wirken. Die beiden Schwestern begannen zu leuchten und der Mantel der Unsterblichkeit legte sich um sie. Doch er legte sich nicht nur um die beiden Mädchen, sondern um die gesamte Insel. Die Mutter störte nichts davon, denn sie hatte bekommen, was sie wollte, auch wenn ihr noch nicht bewusst war, was sie dafür alles aufgegeben musste und für immer zerstört hatte.

Es dauerte nicht lange, bis die Menschen der Insel erfuhren, was geschehen war. Viele waren dankbar für ihre neue Unsterblichkeit und dankten ihrem Orakel und auch den beiden Schwestern und ihrer Mutter. Doch es dauerte nicht lange, bis eine Plage das Land heimsuchte. Menschen wuchsen Krallen und Reißzähne, es lüstete sie nach menschlichem Blut und ihre Herzen wurden so schwarz wie ihre Hände. Schnell wurde aus der einzigen Dankbarkeit für Margary und ihre Kinder ungehaltener Hass, denn man machte ihren Zauber für die Plage verantwortlich. Die Plage war die Antwort darauf, das sie versucht hatten sich mit den Göttern gleichzusetzen.

Und so blieb der Mutter, die noch immer eine Königin war, nichts weiter übrig, als nach Hause zu ihrem König zu gehen. Ihre Schwester Gwayna an ihrer Seite, in der Hoffnung, sie würde ihr zur Seite stehen und sie beschützen. Doch der König hatte sich verändert. Und nicht zum Besseren. Er hatte sich in eine andere Frau verliebt, ein junges Mädchen, langweilig und nicht einmal besonders hübsch. Doch die Königin wusste, dass sie verloren hatte, als sie sah, wie der König seine neue Geliebte ansah. Genau so, wie er sie einst angesehen hatte, als er sie noch geliebt hatte. Es dauerte nicht lange, bis die Königin für alles bezahlen musste, weil sie ihre Kinder unsterblich gemacht hatte.

Zuerst färbten sich die Hände ihrer reinen, weißen Tochter schwarz. Ihr wuchsen Klauen und Reißzähne und ihr Herz wurde schwarz, sodass man ihr das Mädchen nahm und in den Keller sperrte. Und kurz darauf kam man auch, um sie zu holen. Der König wollte seine Geliebte zu seiner neuen Königin machen und dafür musste seine alte Königin verschwinden. Man beschuldigte die Königin für tausend Dinge, manche davon hatte sie getan, viele nicht. Und während man beschloss, der Königin für ihre Taten den Kopf abzuschlagen stand ihre Schwester stumm daneben und half ihr nicht. Das Letzte, was Margary sah, als man das Urteil ausführte, war die Tochter, die ihr noch geblieben war. Ihre rote Tochter. Sie weinte nicht, aber in ihren Augen glühte das Versprechen, ihre Mutter eines Tages zu rächen...

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