Mein Leben

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Völlig K.o von dem Tag schmiss ich mich aufs Sofa.
Mir fiel auf, dass ich immer noch Vinents Pulli anhatte. Ich verschränkte die Arme und atmete seinen Duft ein.
Schnell fielen mir die Augen zu und ich schlief ein.
Es war wieder der Traum von letzter Nacht.
Vincent und ich standen im strömenden Regen und küssten uns.
Doch dann änderte sich die Szene dramatisch und ich stand in der Küche meines Elternhauses. Der Geruch von Alkohol und Zigaretten stieg mir in die Nase.
Ich bekam Angst, denn ich hörte jemanden meinen Namen rufen.
„Vanessa! Beweg deinen Arsch hier her und bring mir ein Bier!"
Ich konnte mich nicht bewegen. Panisch sah ich mich um. Wo war Vincent? Eben war er doch noch da!
„Vanessa! Wenn du nicht in 10 Sekunden hier bist Gnade Dir Gott!" ich erinnerte mich an den Tag, es war der Tag an dem ich von zu Hause abgehauen bin.
Plötzlich stand mein Vater vor mir, wie immer betrunken und wie immer aggressiv. Ich wollte mich wehren, aber als ich in die Reflektion im Fenster sah, war ich wieder 12....
Er zog seinen Gürtel aus.
„So du faules Miststück, das wird dir eine Lehre sein." er holte aus und kurz bevor mich der Gürtel im Gesicht traf wurde ich schreiend wach.
Sekunden später standen Stephie und Claas vor mir. „Es tut mir leid, ich hatte nur einen Albtraum. Ihr könnt wieder schlafen gehen." Stephie sah mich mitleidig an „hast du wieder von deinem Vater geträumt? Das hattest du doch schon Jahre nicht mehr. Ich dachte die Therapien hätten was gebracht" sie nahm mich nochmal in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Wange.
An Schlaf war für mich nicht mehr zu denken. Ich nahm mein Handy und wollte Vincent anrufen, ich wollte einfach seine Stimme hören. Aber ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es 04:00 früh war, er schläft bestimmt. Aus Langeweile surfte ich auf meinem Handy im Internet, aber meine Gedanken kreisten immer nur darum, wie gerne ich jetzt bei Vincent wäre.
Da kam mir eine Idee, er hat doch eine Band, evtl finde ich  ein paar Videos von Ihnen.
„Ich weiß immer noch nicht, wie die Band heißt" ich lächelte und musste an das Kaffeetrinken denken. Da hielt Vincent mich noch für einen Groupie. Ich googelte einfach nach ‚Vincent Dag Band' und fand den Namen ‚SDP'. Was für ein komischer Name dachte ich und dachte über die Bedeutung der Buchstaben nach.... „Super Durchgeknallte Proleten" gefiel mir am besten nachdem ich einige ihrer Songs gehört hatte.
Um 08:00 stand ich auf und machte Frühstück. „Mmmmh, Pfannkuchen, womit haben wir das denn verdient?" Stephie stand hinter mir und klaute sich schon den ersten. „Einfach nur so, weil du meine beste Freundin bist" sagte ich zu ihr und umarmte sie.
„Jetzt Erzähl schon, wie wars gestern? Hast du ihn rangelassen?" war das erste was ich von Claas hörte. Bevor ich etwas sagen konnte hatte Stephie ihn schon einen leichten Schlag auf die Schulter gegeben. „Sei nicht so unsensibel, Penner" sagte sie, aber schaute mich dann auch fragend an.
„Nein, wir haben uns nur geküsst" ich legte meine Finger auf die Lippen, als ob ich seine immer noch spüren könnte.
Wir aßen und redeten nicht mehr über mein Date. Stephie und ich wollten uns einen Mädelstag machen und Shoppen gehen. Ich ging also ins Bad und duschte. Als ich aus der Dusche stieg und in den Spiegel sah erschrak ich, ich sah zwar mich, aber als Kind, mit blutverschmiertem Gesicht und  verweinten Augen. 
Schnell schloss ich sie und als ich sie wieder öffnete, war das schreckliche Bild weg. Ich atmete einmal tief ein und zog mich an.
Ich versuchte nicht mehr an meine Vergangenheit zu denken, aber seit gestern kommt alles wieder.
Gegen 11:00 fuhren Stephie und ich los. Wir waren gefühlt in jedem Laden und hatten jede 5 Tüten in der Hand. An einem Café beschlossen wir eine Pause einzulegen und setzten uns hin. „Jetzt Erzähl! Wie war es gestern? Ist er nett? Küsst er gut?..." Stephie wollte alles wissen. Ich erzählte also von meinem Tag mit Vincent, verschwieg aber die Sache mit seiner Band. „Süße, warum hast du mich nicht angerufen? Du kannst doch nicht Nachts alleine durch Berlin rennen, was wenn dir was passiert wäre?"
„Es ist ja nichts passiert, Dag war ja da" ich versuchte sie zu beruhigen.
„Dag scheint ja ein netter Kerl zu sein, er hat dich doch nur 5 Minuten gesehen." „Ja, aber er ist halt Vincents bester Freund, und ich hatte Glück, dass er gerade an dieser Brücke lang gelaufen ist." Mir wurde in dem Moment erst klar, wie viel Glück ich hatte.
Wir redeten noch eine ganze Weile, bis plötzlich ein Mann neben unserem Tisch stand. „Guten Tag die Damen" wir sahen den Mann an. „Können wir Ihnen helfen?" ich versuchte freundlich zu sein. „Erkennst du mich nicht, Nessa?" er zog die Kapuze seines Sweaters ab. „Dag! Nein, ich hab dich nicht erkannt!" freudig sprang ich auf und umarmte ihn.
„Stephie, dass ist Dag, mein Held in glänzender Rüstung gestern Abend. Dag, das ist Stephie, meine aller beste Freundin" stellte ich die beiden einander vor.

Mit dir in ein neues Leben Where stories live. Discover now