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„Oh, dieses dämliche Miststück!"
Das Scheppern des fallengelassenen Löffels ließ Garcy empfindlich zusammenzucken, doch Sidra war bereits auf den Beinen.
„Wa... was ist los?" Naim, die mit dem Rücken zu dem Schauspiel saß, hob verwirrt den Kopf. Neben ihrem Teller lag eine schriftliche Verwarnung, anhand derer sie versucht hatte, dem weißhaarigen Mädchen Lesen beizubringen. Vielleicht wäre ihr Unterricht fruchtbarer gewesen, wenn es sich nicht um eine Ermahnung über ihre schlechten Noten gehandelt hätte. Es stellte ihre Qualifikation deutlich in Frage, doch Sidra hatte mit derartigen Aufgaben nichts zu tun haben wollen.
Mit hochgekrempelten Ärmeln stampfte sie auf den Schulleiter zu, bereit, das Mädchen vor ihm mit einem un-damenhaften Tritt durch eines der Fenster zu befördern. Selbst ihre sonst weichen roten Haare waren auf Streit aus. In struppigen Locken bekämpften sie den schlichten Zopf und erzählten auf ihre Art die Geschichte der letzten Wochen.
„Oh nein, sie startet schon wieder einen Versuch", kommentierte Naim, kaum da sie gefunden hatte, worauf ihre beste Freundin entschlossen zusteuerte. Eilig faltete sie das Papier zusammen und bedeutete Garcy, ihr zu folgen.
„Dass sie uns keinen Tag Ruhe lässt."Mit ‚sie' war Amila gemeint. Sie stand zwischen dem Schulleiter und einem schäbig aussehenden Kerl, den man in neuere, wenn auch zu kleine, Kleidung gezwängt hatte. Auf seinem Kinn kämpften Pickel und Bartstoppel um die verbliebene Fläche und ein Muttermal nahm fast die gesamte linke Seite seiner Stirn ein.
Unter normalen Umständen hätte Sidra nicht einmal in demselben Raum sein wollen wie so etwas, ganz zu schweigen von der Vorstellung dieselbe Luft zu atmen. Aber die Müdigkeit, die sich seit den vergangenen Wochen unter ihren Augen sammelte, hätte sie beinahe gegen ihn laufen lassen.
„Sidra!", begrüßte Sir Kenrik das Mädchen mit gleichen Anteilen an Überraschung und Freude, „Du kommst gerade richtig. Amila bringt wundervolle Nachrichten!"
Daran zweifelte Sidra zwar enorm, behielt diesen Gedanken jedoch vorerst für sich, um nicht versehentlich eine Flut an Beschimpfungen auf das dunkelhaarige Mädchen niederprasseln zu lassen. Am liebsten hätte sie ihr jedes bunte Band einzeln aus den Haaren gerissen. Nur so zum Spaß.
„Das hier ist Jossua Timmens, ein Abgesandter der Hand des Lichts. Wir haben eine zweite Chance bekommen. Er ist hier, um unsere besten Schüler mit zu den Rebellen zu nehmen. Eine Schutzmaßnahme vor den Vogelfängern." Begeistert klopfte Sir Kenrik dem schlaksigen Kerl auf die Schulter, sodass dieser beinahe vornüberkippte. „Darf ich Ihnen mein Kollegium vorstellen? Alles großartige Lehrer..."
Was für ein ruhmverliebter Idiot.
Seine Worte verschwammen mit dem Hintergrundsummen des Speisesaals, während er den pickeligen Jungen zu dem Tisch am anderen Ende des Raumes führte. Amila folgte ihnen mit einem breiten Grinsen und einem kleinen Winken an Garcy, was das Mädchen beinahe zurück in Naims Arme drängte.
„Bin das nur ich, oder sah der Typ ein bisschen ungewaschen aus?", fragte Naim in das zurückbleibende Schweigen.
Sidra schnaubte abfällig und machte auf dem Absatz kehrt. Ihre Freundin und Garcy hatten Probleme ihr aus dem Zimmer zu folgen, so direkt nahm sie Kurs auf das Büro des Schulleiters.
Dabei reichte ihr stechender Blick und die geballten Fäuste an ihrer Seite, um die herumstehenden Schüler auseinanderspringen zu lassen.
„Er ist vor allem kein Rebell oder irgendeine Form eines Abgesandten", verkündete sie vor der Tür und warf sie mit so viel Schwung auf, dass sie von dem Bücherregal wieder zurücksprang.
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Jagd der Nebelflüsterer - Der Wunschdompteur
FantasyB A N D I I - Jagd der Nebelflüsterer "Wie wäre es damit: Wir löschen deine Erinnerungen und gleichzeitig all deine Probleme mit deiner kleinen Schwester? Du hast Ruhe, ich hab Ruhe und niemand versucht mehr zu fliehen." "Kann ich 'nein' sagen?" ...