Kapitel 4

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Das Gemetzel geht noch eine Stunde so weiter, in der sie die übrigen Krieger und Drachen aufspüren und töten. Doch kurz vor Ende der Schlacht wird Ajara plötzlich von einem großen Mann gepackt und zum Rand der Schlucht geschleift. Mit einem lauten „Aufhören! Oder ich werde sie von der Klippe werfen!" macht er alle auf sich aufmerksam. Ihr Vater, der bei ihr in der Nähe gekämpft hat, hält mitten in der Bewegung inne und führt die restlichen Krieger zu seiner Tochter. Auch Tharris, die tapfer gegen die Menschenkrieger gekämpft hat, geht mit blutverschmiertem Schwert zu den beiden. Das junge Mädchen sieht, dass Tharris sich die Seite hält und humpelt. Ajara hat Todesangst und klammert sich an den Arm ihres Entführers. Der Drache wendet sich an Tharris. „Jetzt muss ich das berichtigen, was du angerichtet hast." Dann stößt er Ajara von der Klippe.

Mit einem Schrei stürzt das junge Mädchen hinab. Sie hört ihren Vater vor Wut brüllen. Plötzlich taucht Tharris über ihr auf und streckt die Arme aus, um sie zu packen, doch sie erreicht sie nicht. Ajara hat sich schon mit dem Tod abgefunden, als sie sieht, wie Tharris ihr hinterher springt. Kurz darauf hat sie sie erreicht, packt sie mit den Füßen und schreit ihr gegen den Wind zu: „Halt dich fest!" Verzweifelt klammert Ajara sich an ihre Freundin, während sie versucht, ihre Flügel zu verwandeln, doch es gelingt ihr nicht. Ajara sieht hinter sich und erkennt voller Panik, dass es nur noch wenige Meter sind. Tharris umklammert ihre Freundin und dreht sie einmal rum, sodass Tharris unten liegt. Dann prallen sie mit einem ekeleregenden Geräusch auf dem Fels auf. Ajara schreit vor Schmerzen, doch die meiste Wucht des Aufpralls wird von Tharris abgefangen. Das junge Mädchen rollt sich mit von ihr runter und bleibt vor Schmerzen stöhnend neben ihr liegen. „Ich... Ich lebe..." Sie weiß nicht, ob sie sich freuen oder weinen soll, aber nach kurzer Zeit lacht sie vor Freude. „Ich lebe!" Sie stützt sich auf, zuckt aber zusammen, als sie einen tiefen Atemzug tut. Dann blickt sie zu Tharris und sieht, dass ihre Retterin sehr schwer verletzt ist. Ajaras Glücksgefühl verschwindet sofort. „Tharris!" Ihre Freundin öffnet die Augen und lächelt schwach. „Hasst du mich jetzt immer noch?" Ajara steigen die Tränen in die Augen. „Nein... Das... Das ist alles meine Schuld! Wenn ich dich nicht verraten hätte, wäre das alles nicht passiert!" Sie schlägt die Hände vors Gesicht und beginnt, zu schluchzen. Dann fühlt sie Tharris' Hand auf ihrer Schulter. „Ich allein trage Schuld. Ich hätte die Drachen nicht verraten sollen. Ich hätte sterben sollen, als ihr mich gefoltert habt." Ajara hat, trotz ihrer Schuldgefühle, etwas gegen diese Aussage. „Du hast genau das richtige getan. Aber trotzdem hättest du mich nicht retten müssen!" „Doch, ich musste. Sonst wäre die letzte Hoffnung der Drachen gestorben." Jetzt ist Ajara komplett verwirrt. Sie ist doch nicht die letzte Hoffnung der Drachen! „Ich weiß, du bist wirklich sehr verwirrt, aber es gibt ein Geheimnis über dich, das nur deine Mutter und ich wussten." Jetzt ist Ajaras Interesse geweckt. „Was meinst du?" Doch Tharris hat die Augen geschlossen. Ajara schüttelt sie. Tharris bewegt die Lippen und Ajara beugt sich vor, bis ihr Ohr ganz dicht an dem Mund ihrer Freundin ist. „Du... Bist kein normaler Mensch. Als deine Mutter den Angriff auf mich an führte, und dein Vater sie in den Flammen verschwinden sah, habe ich sie, nachdem ich sie so schwer verletzt habe, versucht zu heilen, aber die Wunden waren zu tief. Dann hat sie mir ein Geheimnis anvertraut. Über dich." Tharris holt noch einmal tief Luft, ist aber schon deutlich schwächer als zuvor. „Deine Mutter hat erkannt, dass du ein Drache bist. Zum ersten Mal hat sie es bemerkt, als du auf sehr weite Entfernung etwas eigentlich unmögliches gesehen hast." Ajara erinnert sich. Sie war sieben gewesen und hatte im Wald einen Hasen zwischen den Bäumen gesehen. Als sie ihrer Mutter davon erzählt hat, hat ihre Mutter sie komisch angesehen. „Seit sie das gesehen hat, versuchte sie immer wieder mit einem Drachen Kontakt aufzunehmen, doch sie hat noch nie einem davon erzählen können. Als deine Mutter mir das gesagt hat, bat sie mich noch, auf dich aufzupassen und dann ist sie gestorben." Ajara ist entsetzt. Sie hat noch nie die Wahrheit über Mutter gehört. „Aber, was bedeutet das für mich?", fragt sie Tharris, doch ihre Freundin hat wieder die Augen geschlossen. Vorsichtig tastet Ajara nach ihrem Puls, doch da ist keiner. Verzweifelt sucht sie an dem Hals ihrer Freundin, doch es ist zwecklos. Ajara kämpft um Fassung, doch dann bricht es aus ihr heraus. Sie weint haltlos und legt, vor Tränen blind, ihren Kopf auf den toten Körper.

Dragongirl - Zwischen zwei Welten Where stories live. Discover now