Minerva kam hinzu und sie versanken in ein langes Gespräch über Schuld, Vertrauen und all das, was geschehen war. Lupin erfuhr, dass die Todesser über ein Verschwindekabinett, dessen Gegenstück sich bei Borgin und Burkes befand, in den Raum der Wünsche und somit in die Schule eindringen konnten, dass Draco Dumbledore hatte töten sollen, aber dass es letztendlich doch Snape gewesen war...Snape, der zuvor noch Flitwick außer Gefecht gesetzt und Hermine und Luna angewiesen hatte, sich um ihn zu kümmern... wie konnte ein so großartiger Magier wie Albus sich in einer Person nur so geirrt haben?
Molly, Arthur und Fleur betraten panisch den Raum und hasteten auf sie zu. Automatisch standen Lupin und Tonks auf, um ihnen Platz zu machen.
Jedes Wort der Erklärung, das gesprochen werden musste, fiel Lupin schwer, doch die Klage des Phönix machte es erträglicher.
Molly beugte sich zitternd über ihren Sohn und tupfte so gut sie konnte seine Wunden mit der Salbe ab, die sie Madam Pomfrey abgenommen hatte, ehe sie zu schluchzen begann. Tränen fielen auf Bills entstelltes Gesicht. „Natürlich, es ist egal, wie er aussieht ... das ist nicht w-wirklich wichtig ... aber er war so ein hübscher kleiner J-Junge ... immer sehr hübsch ... und er w-wollte bald heiraten!"
„Und was meinst du damit?", fragte Fleur entrüstet, „was soll das 'eißen, er wollte bald 'erraten?"
Lupin lächelte milde. Er glaubte zu wissen, in welche Richtung diese Konversation verlaufen würde, und wenn er richtig lag, war die Hochzeit nicht abgesagt.
„Also – nur, dass –", entgegnete Molly so überrumpelt, dass sie sogar aufhörte zu weinen.
„Du glaubst, Bill will misch nischt mehr 'eiraten?", fuhr Fleur erregt fort, „du glaubst, weil er so gebissen wurde, wird er misch nischt mehr lieben?"
„Nein, das habe ich nicht –"
„Das wird er sehr wohl!" Fleur richtete sich zu voller Größe auf und warf ihre silbrigen Haare in den Nacken. „Es wäre mehr als ein Werwolf nötisch, damit Bill auf'ört misch su lieben!"
„Also, ja, da bin ich sicher", murmelte Molly unschlüssig, „aber ich dachte, vielleicht – so, wie er – wie er –"
„Du 'ast geglaubt, isch würde ihn nischt 'eiraten wollen? Oder vielleischt 'ast du es ge'offt?", fragte Fleur mit bebenden Nasenflügeln. „Was kümmert es misch, wie er aussieht? Isch se'e gut genug aus für uns beide, glaube isch! Alle diese Narben seigen nur, dass mein Mann mutig ist! Und das 'ier erledige isch selbst!", ergänzte sie grimmig, schob Molly beiseite und entriss ihr die Salbe.
Molly fiel rücklings gegen Arthur, während Fleur mit einem äußerst merkwürdigen Gesichtsabdruck Bills Wunden abtupfte. Keiner sprach, niemand rührte sich, als warteten sie alle auf eine gewaltige Explosion.
„Unser Großtantchen Muriel", sagte Molly überraschend, „hat ein sehr schönes Diadem – von Kobolden gefertigt – und ich könnte sie sicher überreden, es dir für die Hochzeit zu leihen. Sie hängt sehr an Bill, weißt du, und es würde wunderbar zu deinem Haar passen."
„Danke serr", entgegnete Fleur steif. „Isch bin sischer, es wird wunderbar sein."
In ihrem Gesicht zeichnete sich der Anflug eines Lächelns ab und ehe Lupin sich versah, lagen sich die beiden Frauen weinend in den Armen.
„Da siehst du mal!" Ein ungutes Gefühl keimte in Lupin auf, als Tonks sich ihm zuwandte. „Sie will ihn trotzdem heiraten, obwohl er gebissen wurde! Es ist ihr egal!"
„Das ist was anderes", antwortete er ausweichend. Er spürte ein nervöses Kribbeln in seiner Magengegend und hoffte, dass er den Verlauf dieses Gespräches nicht ebenfalls richtig voraussah. „Bill wird kein richtiger Werwolf sein. Die beiden Fälle sind vollkommen –"
„Aber mir ist es auch egal, mir ist es egal!", rief Tonks heftig. Sie packte ihn vorn am Umhang und zerrte daran. Lupin spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Sofort blickte er auf den Boden und doch spürte er ihren Blick auf sich ruhen. „Ich hab dir tausendmal erklärt –"
„Und ich hab dir tausendmal erklärt...", unterbrach Lupin sie und räusperte sich, als seine Stimme zu versagen schien, „dass ich zu alt bin für dich, zu arm ... zu gefährlich."
Seine Emotionen, die die Melodie des Phönix bislang versiegelt hatte, brachen wieder vollends auf und er hatte Mühe, sich zu kontrollieren. Wieso konnte sie nicht verstehen, dass es unmöglich war? Wieso musste sie alles so unendlich, so unerträglich viel schwerer machen? Und wieso noch vor all diesen Leuten?
„Ich sage dir schon die ganze Zeit, dass du dich in diesem Punkt einfach lächerlich verhältst", sagte Molly energisch und tätschelte Fleurs Rücken.
„Das ist nicht lächerlich", beharrte Lupin. „Tonks hat jemanden verdient, der jung und gesund ist." ‚Jemanden, wie ich es nie sein könnte, wie ich niemals war ', fügte er in Gedanken hinzu.
„Aber sie will dich", antwortete Arthur mit einem leisen Lächeln. „Und im Übrigen, Remus, bleiben junge und gesunde Männer nicht unbedingt so." Er wies traurig auf Bill zwischen ihnen.
„Das ist ... nicht der Moment, um darüber zu diskutieren." Müde blickte Lupin durch den Raum und mied ihre Blicke. „Dumbledore ist tot..."
„Dumbledore hätte sich mehr als jeder andere gefreut, wenn er erfahren hätte, dass ein wenig mehr Liebe in der Welt ist", rief Minerva schroff. Die Türen des Krankenflügels öffneten sich erneut und Hagrid trat ein. Seine dunklen Augen waren rot und verquollen, sein Gesicht tränennass. Mit zittrigen Händen hielt er ein riesiges gepunktetes Taschentuch, das bereits vollständig durchweicht war.
„Es is' ... es is' erledigt, Professor. Ich hab ihn w-weggetragen. Professor Sprout hat die Kinder wieder ins Bett geschickt. Professor Flitwick hat sich hingelegt, aber er sagt, er is' im Nu wieder aufm Damm, und Professor Slughorn sagt, dass das Ministerium informiert is'."
„Danke, Hagrid", antwortete Minerva, wohl versucht, wieder ihren Verantwortungen nachzukommen und wandte sich ihnen zu. „Ich werde mit den Vertretern des Ministeriums sprechen müssen, sobald sie hier sind. Hagrid, bitte richten Sie den Hauslehrern aus – Slughorn kann Slytherin übernehmen –, sie möchten sich umgehend in meinem Büro einfinden. Und ich wünsche, dass Sie auch dabei sind", fügte sie wieder an Hagrid gewandt hinzu, der nickte und aus dem Krankenflügel hinausschlurfte.
„Vor diesem Treffen hätte ich gerne ein kurzes Gespräch mit Ihnen, Harry. Wenn sie bitte mit mir kommen..."
Als Harry den Krankensaal verließ, hatte Lupin den Anflug einer Hoffnung, das Thema sei vorerst erledigt, doch kaum waren die Türen zugefallen, ergriff Tonks schon wieder das Wort: „Remus, wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass mir dein Alter verdammt nochmal egal ist, dass ich als Aurorin gut für uns beide sorgen kann und ich einen todsicheren Weg gefunden hab, diese Werwolfs-Gefahren zu umgehen?!"
„Zum einen, Tonks", antwortete Lupin gereizt, „ist der Weg eben nicht todsicher, es kann immer irgendwas passieren, und –"
„Es ist sicherer als das, was ihr früher gemacht habt! Du hast den Wolfsbanntrank, du würdest mich auch so nicht angreifen, und ich habe meine Tränke und kann notfalls noch wegfliegen, es ist todsicher!"
Lupin nahm wahr, wie Hermine, Fleur und die vier Weasleys, die bei Bewusstsein waren, ihn anstarrten und er fühlte sich noch unbehaglicher. Nur Luna schaute verträumt in der Gegend umher.
„Nichts ist jemals todsicher, Tonks! Früher – ich – ich war jung und naiv! Heute würde ich –"
„Was kann denn bitte schiefgehen?", fragte Tonks gereizt, „nur zwei Mal hat es mit dem Wolfsbanntrank in den ganzen vergangenen Jahren nicht geklappt, und ein Mal war es meine Schuld, wie du weißt! Also eigentlich nur ein Mal! Und selbst, wenn es wieder so wäre, ich habe noch eine doppelte Sicherung! Es ist wahrscheinlicher, dass du im Schlaf einen Sprengzauber abfeuerst, der das Haus zum Einsturz bringt und du so irgendjemanden begräbst, der zufällig auch darin ist! Und ganz abgesehen davon heißt das noch lange nicht, dass ich, nur weil wir zusammen wären, in den Vollmondnächten bei dir sein muss –"
Lupin biss sich unmerklich auf die Lippe. Wie hatte er nur so töricht sein können, auf ein Argument anzuspringen, auf das er kein überzeugendes Gegenargument parat hatte?
„Ich bin trotzdem zu alt, und zu arm – auch mit deinem Gehalt wäre es für uns beide sehr knapp... und außerdem bin ich abgekämpft, ich bin andauernd krank und –!"
„Ich sage es dir ein letztes Mal, Remus Lupin – das Alter ist so ziemlich der bescheuertste Grund überhaupt, um nicht zusammenzukommen – und nur zu deiner Information, es gibt Zauberer, die fünfzig Jahre auseinander sind und trotzdem glücklich! Bei uns sind es gerade einmal zwölf! Zum Thema Geld: Du hast es bisher – verdammt nochmal, sieh mich an und hör auf, dich dauernd rauszureden!"
Lupin hatte die Wand hinter ihr anvisiert und blickte nun grimmig in ihr wütendes Gesicht. „Ich rede mich nicht raus, ich erkläre dir nur, wie –"
„Zum Thema Geld", unterbrach Tonks ihn zornig, „Mir geht es finanziell sehr gut und du bist bisher auch alleine durchgekommen! Wenn das schon geklappt hat, geht es so erst recht! Und krank bist du so oder so, aber ich könnte dir wenigstens vernünftig zur Seite stehen, wenn du es nur – oh nein, komm jetzt bloß nicht wieder mit der Verachtung, mit der mich alle sehen würden!", setzte sie hinzu, als Lupin den Mund öffnete, „denn das ist meine Entscheidung! Und zu deiner Information, mir ist es scheiß egal, was andere von mir denken! Mich interessiert nur die Meinungen meiner Freunde und keiner von denen hätte irgendwas dagegen!"
„Es geht um eine Beziehung zwischen uns beiden!", entgegnete Lupin aufgewühlt, „da habe ich wohl auch noch etwas mitzureden! Du könntest niemals Kinder bekommen! Und ich sage außerdem –"
„Ich will aber keine Kinder, das weißt du! Du hast einfach keine Argumente, gar keine und versuchst verzweifelt, dir irgendwelche zu machen!", rief Tonks entrüstet, „du wiederholst dich immer und immer und immer wieder, obwohl keiner deiner Gründe Hand und Fuß hat!"
„Das haben sie sehr wohl!", beharrte Lupin und starrte in Tonks zornesrotes Gesicht, „weil es mir etwas bedeutet, wenn ich dafür verantwortlich bin, dass du behandelt wirst wie der letzte Dreck! Du glaubst vielleicht jetzt, dass du es verkraften kannst, aber du hast nicht den Hauch einer Ahnung, wie schlecht es einem danach–"
„Und jetzt geht es mir gut, oder was?!", fragte Tonks hysterisch. „Natürlich, das letzte Jahr war das reinste Paradies! Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele Nächte ich mich deinetwegen, nur deinetwegen in den Schlaf geheult habe? Aber natürlich, mir würde es so viel schlechter gehen, wenn irgendeine Person mal ein böses Wort über mich verliert!"
Lupin hielt für einen Moment inne. Sein Herz schlug bis zum Anschlag, fast, als befände er sich noch immer in einem Kampf, und seine Finger waren schwitzig. War es ihr wirklich so schlecht ergangen? Würde es ihr auf lange Sicht wirklich besser gehen, wenn er es zuließe?
„Es mag nicht einfach gewesen sein, aber es wird einfacher werden! In ein paar Monaten bist du über mich hinweg und findest irgendjemanden, der viel besser zu dir passt – und auf Dauer ist das somit viel leichter, weil du, auch wenn wir uns wieder trennen würden, immer noch geächtet wärst!"
„Hast du etwa meinen Patronus vergessen?! Du weißt, was das heißt! Es wird nie, niemals leichter! Wenn ich für mein Leben lang unglücklich bin, ist das deine Schuld!"
„Das ist nicht fair", antwortete Lupin leise und senkte den Blick. „Das ist nicht fair."
„Gib dir nen Ruck, Remus", warf Arthur ein, „ihr verdient es beide, glücklich zu sein."
Lupin wandte ruckartig den Kopf zu ihm. Er hatte fast vergessen, dass noch andere Menschen im Raum waren. „Und das wird Tonks nicht, wenn sie bei mir ist", beharrte er mit Nachdruck, doch ein Anflug von Bedauern lag in seiner Stimme.
„Erdreiste dir BLOSS nicht, darüber zu urteilen, was MICH glücklich macht!"
„Das ist ja nicht zum Aushalten!" Molly war aufgesprungen und sah fassungslos zu Lupin. „Komm endlich zur Vernunft, Remus! Tonks hat es nicht verdient, so behandelt zu werden!"
„Ich –!", begann Lupin, doch er war so außer sich, dass er den Satz nicht vollenden konnte. Jetzt tat auch noch Molly so, als sei sein Standpunkt hirnrissig und als würde er Tonks schaden! Dabei nahm er all das auf sich, um sie zu schützen...
Eine unangenehme Stille legte sich über sie. Selbst Fawkes hatte aufgehört, sein Klagelied zu singen. Nur Tonks wütender Atem erfüllte die Luft.
„Wenn Sie sich lieben, sollten Sie zusammen sein", flötete Luna unerwartet und sah Lupin mit ihren großen Glubschaugen an, ehe sie ihren Blick wieder ziellos durch den Raum schweifen ließ.
„Warum sind eigentlich alle gegen mich?", rief Lupin aufgewühlt aus. „Ich bin das hier leid!"
Zornig wandte er sich ab und schritt zum Ausgang.
„Ach, und wer verhält sich nun wie ein Kind?", rief Tonks ihm erbost nach, „du fliehst, weil du keine Argumente mehr hast! Das ist erbärmlich!"
Doch er achtete nicht auf sie und knallte laut die Türen des Krankenflügels hinter sich zu.___________________
Frage an EUCH: Hättet ihr erwartet, dass dieses Gespräch so endet? In jeder anderen LxT-FF, die ich gelesen habe, kamen die beiden nach der anfänglichen Konversation zusammen. Nun, nicht in meiner! :D Wer von euch hat sich eigentlich schon länger auf die Szene gefreut? Ich hoffe, ich habe euch nicht enttäuscht, auch wenn der Ausgang vielleicht nicht der war, den ihr euch gewünscht hättet - aber zum einen wollte ich was anders machen und zum anderen halte ich Lupin nicht für den Typen, der eine so wichtige Entscheidung einfach so fällen würde. Deswegen wird das auf anderem Wege vonstatten gehen :)

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Weil du mich zum Menschen machst
FanfictionRemus Lupin X Nymphadora Tonks. Als Remus Lupin im Kindesalter mit Lykanthropie infiziert wurde, änderte sich sein Leben schlagartig: Er musste sich fortan damit abfinden, sein Leben als Monster, als Ausgestoßener der Gesellschaft zu fristen. Nie...