Kapitel 6

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Victors pov.

Aiden war heute den ganzen Tag irgendwie komisch, weder heute Morgen auf der Autofahrt, noch den Tag über hat er viel geredet, so als würde er viel nachdenken. Vielleicht hat er das ja auch, über den Abend mit dieser Delaila. Auch wenn ich versucht habe, es mir nicht nahe kommen zu lassen. Aber trotzdem tat es weh. Ich seufze und durchquere den Tanzraum, meine Füße klacken leise auf dem Parkett und ich seufze erneut. Da heute Teambesprechung oder so ist, meinte Aiden es würde heute etwas länger dauern, bis er mich abholen kann. Nachdem ich einige Mal unsicher durch den Raum getigert bin, fasse ich den Entschluss, ihn heute abzuholen. Ich hab zwar nur eine ungefähre Ahnung wo die Mannschaftsräume sind, aber ich will ihm irgendwie beweisen, dass ich kein Klotz für ihn bin. Vielleicht will ich es auch nur mir selbst beweisen.

Also trete ich wenige Minuten mit geschultertem Rucksack aus der Schultür und atme tief durch. Es ist ganz einfach. Die Treppe runter und am Fuß der Treppe anstatt nach Links zum Parkplatz, nach rechts. Ja, da muss da irgendwo der Turnhallenkomplex sein. Davor kann ich auf ihn warten, beschließe ich und mache mich langsam auf meinen Weg.

Auf halben Weg zu den Hallen, höre ich Schritte die mir entgegen kommen, sie sind zwar viele, aber zu leicht, um von den Footballspielern zu komme. Es müssen die Cheerleader sein, die anscheinend auch länger Training hatten. Doch anders als erwartet, gehen die Schritte nicht an mir vorbei, sondern halten nur maximal einen Meter vor mir. Ich versuche ein halbwegs freundliches Lächeln auf meinen Lippen zu halten, während ich langsam einen Schritt nach vorne mache. "Na, na. Nicht so schnell." sagt eines der Mädchen dicht vor mir und ich stoße gegen einen ausgestreckten Arm, als ich einen weiteren Schritt nach vorn mache. "Du bleibst schön hier." sagt eine andere Stimme, könnte ich jetzt sehen, wären ihre Gesichter bestimmt alle hasserfüllt. "Was hast du mit ihm gemacht?" fragt eine dritte Stimme, Himmel wie viele sind das?

Als ich einen Schritt zurückmache, stoße ich ebenfalls gegen ihre Körper, anscheinend haben sie mich eingekesselt. "Also, was hast du mit ihm gemacht?" fragt eine von ihnen und versetzt mir einen Stoß vor die Brust, so dass ich in den Kreis aus Menschen hinter mir stolpere. Ein Stoß in den Rücken und dann noch einer. Ich stolpere und schaffe es noch mich aufrecht zu halten. Doch der folgende Tritt in meine Seite kommt vollkommen unerwartet und lässt mich zu Boden taumeln. "Was sieht er nur in die, du behinderte Missgeburt." fragt die erste Stimme wieder und irgendwer zieht meinen Kopf an meinen schulterlangen Haaren nach hinten. Ich schreie auf, eine Ohrfeige trifft meine Wange und die Welt beginnt sich um mich zu drehen. "Halt die Klappe, du hast ihn uns gestohlen." brüllt eine von ihnen und Speichel Tröpfchen fliegen über mein Gesicht, bevor mich ein weiterer Tritt vor die Brust trifft und ich komplett zu Boden gehe und mich zusammenrolle, die Arme über den Kopf um mich zu schützen.

Dann sind plötzlich schnelle und schwere Schritte zu hören. Irgendwer zieht die zwei Mädchen die mich gerade zu Boden drücken von mir runter und wenige Sekunden später liege ich in Aidens warmen Armen. Ich kann seinen schnellen Herzschlag spüren, während er seine Arme wie einen Schutzschild um mich schließt. "Ich bin da. Ich bin da. jetzt kann dir keiner mehr was tun." flüstert er mir sanft ins Ohr und ich stöhne leise als Antwort. "Komm, ich fahr dich zu mir. Da können wir uns um deine Verletzungen kümmern." sagt er leise und erhebt sich mit mir ihm Arm. Ich versuche zu protestieren, dass ich allein laufen kann, doch nicht einmal die Worte schaffen es über meine Lippen. "Wenn ihn einer von euch noch einmal anfasst, werde ich euch eure blondierten Haarsträhnen und aufgeklebten Nägel jeden einzeln ausreißen!" brüllt Mary gerade die anderen Cheerleaderinnen an und Aiden lacht leise. "Die kommen dir nicht noch Mal so schnell zu nahe, denn unser kleiner Kapitän macht solche Drohungen war." sagt er leise und setzt mich sanft vor seinem Auto ab, um seine Autoschlüssel zu suchen.

Die Autofahrt verläuft schweigend, allerdings liegt Aidens Hand die gesamte Fahrt über auf meiner, sofern er sie nicht gerade zum Schalten braucht. Mein gesamter Körper fühlt sich schwach an und ich muss bei jedem der Schlaglöcher auf der Straße vermeiden vor Schmerzen aufzustöhnen. Glücklicherweise ist unsere Fahrt schnell vorbei und Aiden geht um das Auto, um mir auf eine gepflasterte Einfahrt zu helfen. "Meine Eltern sind nicht Zuhause, das heißt wir sind hier ungestört. Ich werde gleich deine Schwester anrufen und ihr erzählen was passiert ist und das du am besten die nächsten Tage hier schläfst, wenn das für dich okay ist." setzt Aiden an, während er mich hochhebt und zur hübschen ordentlich lackierten Eingangstür trägt.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich bei Aiden bin, allerdings wird es das erste Mal, dass ich ihr Schlafe. Sanft setzt er mich auf der Couch im Wohnzimmer ab und streicht mir durchs Haar. "Ich bin gleich zurück. Beweg dich nicht vom Fleck." sagt er sanft und ich nicke und lausche wie er aus dem Haus geht, um vermutlich unsere Sachen zu holen. Als er zurückkommt, telefoniert er scheinbar mit meiner Schwester. Ich höre nur Satzfetze wie 'Ja, es geht ihm gut.' 'Ich passe auf ihn auf.' und eine Menge Okays, während seine Schritte und seine Stimme näher kommen, nur um sich zu entfernen und wieder näher zu kommen. Nach kurzer Zeit verabschiedet er sich von meiner Schwester und tritt wieder in den Raum.

Ich kann seinen tiefen und erzwungen ruhigen Atmen hören, als er sich mit einem Seufzen vor mich kniet. "Da bin ich wieder. Deine Schwester meint, du kannst bei mir bleiben solange, wie ich gut auf dich aufpasse." setzt Aiden an und ich nicke erleichtert. "Okay, dann lass mich jetzt Mal gucken, wo du was abbekommen hast." fährt er leise fort und ich spüre wie seine Finger den Saum meines T-Shirts umfassen und sofort versteift sich mein Körper. "Sch...es ist alles gut. Ich will dir nichts tun, aber ich muss das machen, erstens ist den T-Shirt zerrissen und schmutzig und zweitens muss ich gucken, dass sie dir keine schlimmen Verletzungen zugefügt haben." sagt er sanft und ich nicke langsam. Noch nie seit ich mein Augenlicht verloren habe, habe ich jemanden so nahe an mich rangelassen. Doch bei Aiden fühle ich mich sogar ohne T-Shirt sicher, während er meinen Oberkörper mit sanften Fingern abtastet und meine Verletzungen mit einer nach Kräuter riechenden Salbe und weichen Verbänden verarztet.

"Willst du noch irgendwas? Einen Kakao oder einen Tee?" fragt Aiden gerade sanft, nachdem er mir in eine seiner Trainingshosen und eins seiner weichen T-Shirts geholfen hat, was mir zwar beides viel zu groß ist, aber ich fühle mich sicher darin, eingehüllt von Aidens Geruch und dem Rosengeruch des Waschmittels. Ich schüttle den Kopf und will antworten, doch jetzt, jetzt wo die Anspannung nachlässt, beginnen die Tränen aus meinen Augen zu rollen.

Aiden setzt sich sanft neben mich und zieht mich auf seinen Schoß, während ich vor mich hin schluchze. Da sagt er sie plötzlich die drei Wörter, die Welten zerstören und wieder aufbauen können. "Victor ich liebe dich." flüstert er und ich weine nur noch stärker, während Aiden mich enger an sich zieht. "Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt. Es tut mir leid, dass sie dich angegriffen haben. Ich hätte dich beschützen müssen, aber ich war nicht da. Ich weiß du glaubst niemandes Priorität zu sein aber, du bist meine. Du bist mein Licht, meine Hoffnung." fährt er fort und ich höre wie seine Stimme bricht, während ich noch immer weine, strecke ich meine Hand aus und taste nach seiner Wange. Sie ist warm und nass. Sanft schließen sich seine Finger um meine und ich kuschle mich an ihn. "Ich liebe dich auch" flüstere ich, während ich meinen Kopf an seiner Schulter vergrabe.

So sitzen wir einige Zeit da, bis Aiden mich sanft hochhebt, einen Arm unter meinen Kniekehlen, den anderen hinter meinem Rücken. Vorsichtig trägt er mich in sein Zimmer und klettert mit mir noch immer im Arm ins Bett. Seine Arme sind warm und sicher und ich gähne zufrieden, während ich in die Dunkelheit gleite. Egal was ich in der Vergangenheit erlebt habe, ich weiß, dass er anders ist. Aiden wird mich nicht im Stich lassen und ich ihn nicht, denn ich liebe ihn und er mich. So schlafe ich ein, am sichersten Ort der Welt, in Aidens Armen, während seine Finger mit meinen zerzausten Haaren spielen und mein Kopf sicher an seiner Brust liegt.

Blind loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt