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Es ist Sommer und unerträglich heiß. Die Sonne prallt mit unerträglicher Wut auf die Erde und die Wolken sind vor zwei Wochen endgültig gestorben. Die Ferien beginnen bevor du überhaupt über das vergangene Schuljahr nachdenken konntest.
Pünktlich zum Montag nach dem ersten Wochenende geht dein Tagesrythmus komplett in die Brüche. Du wachst auf, verbringst ein paar Stunden am Handy, isst zu Mittag, legst dich bis zum Nachmittag in dein Bett, wachst komplett übermüdet und schlecht gelaunt auf, isst zu Abend und verbringst einige Stunden damit Kopflos Youtube-Videos auf dem Handy zu kucken.
Nachdem du endlich eingeschlafen bist, wachst du am nächsten Tag zu einer völlig anderen anderen Uhrzeit auf wie am letzten Tag.
Deine Freunde hast du mitlerweile seit 2 Wochen nicht mehr gesehen und du beginnst, die Schule zu vermissen. Selbst den komischen, alten Mathelehrer der Hausaufgaben und schlechte Witze liebt.
Du hast die vorgenommen über die Ferien endlich dieses Buch durchzulesen, das du dir gekauft hast aber du hast noch nichtmal angefangen.
Außerdem möchtest du ins Schwimmbad gehen. Bisher war der Weg dir immer zu weit aber heute fühlst du dich aktiv und packst nach dem Essen deinen Rucksack. Geld, Handtuch, Brille... du gehst los und bist schon bald an besagtem Freibad.
Ein kleines Becken mit minimalem Chlor und maximalen Menschen. Du wusstest nicht einmal, dass so viele Menschen in der Nähe wohnen.
Das Ticket von einem Euro kriegst du bezahlt, du musst als nur noch Spaß haben. Spaß haben...
Nachdem du dir einen Platz im Schatten gesucht hast, läufst du langsam die Stufen in das Becken. Du fühlst dich immernoch nicht aktiv oder arbeitsbereit genug um zu Springen. Du schwimmst ein paar Runden und beginnst dann zu tauchen. Sobald das auch langweilig geworden ist, stellst du dich auf den schmalen Rand und schaust dich um.
Im Nichtschwimmerbereich bekämpfen sich Grundschulkinder mit ihren Wasserpistolen aufs Blut und daneben schwimmen 2 Rentner im Schneckentempo ihre Bahnen. Jedesmal, wenn sie sich in der Mitte treffen unterhalten sie sich ein paar Minuten lang.
Die Jugendlichen bei den Sprungtürmen kennst du nicht aber du willst sie auch nicht kennen. Sie albern herum, versuchen Fortnite tänze und beleidigen sich gegenseitig auf Sprachen, die niemand einschließlich ihnen versteht.
Da kommt die Frage das erste mal: "Warum bin ich hier?"
Du entschließt dich noch ein paar Runden zu tauchen aber du merkst schnell, dass du keine Lust hast. Du weißt nicht was du tun sollst aber du schaust die anderen an. Die Kinder sind weg und den Rentnern war es zu warm. Du steigst aus und setzt dich auf deine etwas zu kleine Badedecke. Das chlorige Wasser, das von deinen Haaren auf dein T-Shirt tropft ist nicht unangenehm aber auch nicht angenehm.
Du schaust wieder in die Runde. die Jugendlichen sitzen am anderen Ende der Wiese und die Rentner sind augenscheinlich komplett verschwunden. Zwischen dir und jedem in deiner Altersgruppe sind drei Großfamilien, die sich jeweils mit mehreren Strandtüchern eine große Matte gebaut haben, auf der die Kleinkinder herumrollen.
Es ist laut geworden. Die Kinder benehmen sich allesamt nicht und ihre jungen Mütter brüllen Chantalle und Justin an, sie würden gleich wieder nach Hause gehen. Die von gegenüber haben eine Shisha aufgebaut und unterhalten sich lautstark über die ganze Wiese hinweg. Da ist sie wieder: "Weshalb hatte ich Lust hier zu sein?"
Du gehst fast panisch zum Kiosk. bis auf winzige Flaschen Klopfer kostet alles zu viel für dein Budget. Dann gehst du zum Büro des Freibads. Seit dem letzten mal das du hier warst haben sie Leihkosten für Wasserobjekte eingeführt. Du entschließt dich vom Turm zu springen. Du setzt an und...

Bleibst stehen. von oben ist alles so klein. Warum möchtest du springen?
Es würde dir doch eh keinen Spaß machen. Du bist in den letzten Jahren schon gesprungen. So spaßig war es jetzt auch wieder nicht. Warum bist du hier? Um Spaß zu haben. Aber hast du Spaß? Nein, es ist Langweilig. Und plötzlich legt sich ein kleiner Stein auf deine Brust. Dachtest du wirklich, du könntest alleine in diesem winzigen Bad Spaß haben? Ja. Es war doch sonst immer so schön. Der Stein wird größer, während du an deine vergangenen Erinnerungen in diesem Freibad denkst.
Du beobachtest die anderen Menschen von oben. Alle sind sie hier und alle haben sie Spaß. Und natürlich um der heißen Sonne zu entfliehen, die den Asphalt schmilzt. Aber wenn du so drüber nachdenkst, du fühlst die Sonne seit einer halben Stunde nicht mehr brennen. Sie ist immernoch heiß aber du fühlst sie nicht mehr...
Alle sind sie hier, sie lächeln und lachen und kreischen und planschen. Sie haben Spaß. Aber du sitzt hier oben und hast dabei versagt, Spaß zu haben. Du versuchst dir das Gefühl zu erklären. Es ist als würdest du durch ein milchiges Fenster kucken an dem all der Spaß abprallt. Ein Fels bricht auf dein Herz: Wenn du so drüber nachdenkst, dringt kein Gefühl durch das Fenster. Schon seit ein paar Tagen nicht. Du bist nicht glücklich, du bist nicht wütend, du findest nichts schönes an dem Sonnenuntergang von vorgestern.
Das hattest du doch schonmal gehört... wenn man Sonnenuntergänge nicht schön findet. Ein Freund hat es dir schonmal erklärt. Nein. Das ist es nicht. Das kann es nicht sein. Du legst dich auf dein Strandtuch so wie die unzähligen Sonnenbaderinnen um für ein paar Minuten deine Augen zu schließen aber dein Kopf dreht kreise: Du fühlst nichts, du willst etwas fühlen, es ist nicht so aber das ist die beste Erklärung. Plötzlich kommt dir soetwas wie ein Gefühl. Dir steigen die Tränen in die Augen aber du bist nicht verzweifelt genug um zu weinen. "Ich kann nicht heulen, weil es mir egal ist, das ich nicht heulen kann."
Und dann wirst du schrecklich nervös obwohl du keine Ahnung hast, wieso.  Etwas ist falsch. Wenn du genau drüber nachdenkst ist alles falsch. Und nachdem du 20 Sekunden die Augen geschlossen hast und versucht hast zu Weinen gestehst du es dir ein. Du weißt, was es ist.
Du kannst nicht mehr fühlen, positiv wie negativ, du denkst im Kreis, möchtest heulen, kannst aber nicht, du hast vergessen wie es ist glücklich zu sein auch wenn du es so dringend brauchst.
Du hast keinen aktiven Lebenswillen mehr.

Du hast eine Sommerdepression

drafts und IdeenWhere stories live. Discover now