24. Vampire

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Sie wusste nicht wie sie hier hin gekommen war, aber es war als wäre ein Schalter umgelegt wurden. Gerade eben noch lag sie in Hanabusas Armen, der ihr mit blutroten Augen entgegenblickte und nun saß sie auf dem Sofa im Wohnzimmer des Rektors. Über ihren Schultern lag eine Decke und in ihren verbundenen Händen hielt sie eine dampfende Tasse. Kaum zu glauben, dass sie noch vor wenigen Stunden hier mit ihren Freundinnen gesessen und Spaß gehabt hatte. Es kam ihr vor als wäre dies Wochen her.
Neben ihr an einer Wand lehnte Kiryu und sie hörte wie Yuki im Flur auf Kaname einsprach. Der Mann mit der Augenkappe, derjenige, der auf sie geschossen hatte, war nicht hier. Sora meinte, dass jemand gesagt hätte, er würde zum Direktor gehen, doch war sie sich nicht sicher, ob sie sich das ausgedacht hatte oder es tatsächlich gehört hatte.
Sie blickte auf den heißen Tee, den sie in ihrer Hand hielt. Der Dampf stieg auf und hüllte ihr Gesicht mit einer Wärme, die ihr in diesem Moment völlig fehl am Platz wirkte. Den ganzen Abend lang hatte sie eine vertraute Kälte begleitet, die sie nun schmerzhaft vermisste. Ein Kloß saß in ihrem Hals und sie schluckte schwer. Die Erinnerungen an das Geschehene zogen an ihrem Auge vorbei. Sie war auf der Toilette gewesen, um sich nach dem schrecklichen Vorfall bei Kaname frisch zu machen. Dann waren da zwei Mädchen gewesen, die schlecht über sie sprachen. Daraufhin hatte sie entschieden den Abend für sich zu beenden. Als sie auf dem Weg zur Halle gewesen war, stand da plötzlich dieser Mann mit der Augenklappe. Sie wusste nicht mehr warum, aber plötzlich hatte sie sich umgedreht und hatte versucht wegzulaufen. Und dann schoss er. Sie fiel und landete auf den Scherben ihres Glases. Dann waren Hanabusa, Yuki, Kiryu und Kaname da gewesen. Während Kiryu und Kaname mit dem Fremden sprachen, lag Sora in den Armen Hanabusas.
Jetzt im Nachhinein wusste sie gar nicht mehr, ob sie den Schuss überhaupt gehört hatte. Sie hatte etwas leuchten sehen und es war keine Patrone gewesen. Je länger sie darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich, dass sich ein Leuchten aus der Pistole gelöst hatte und es keine Patrone gewesen war. Und dann war da noch, was der Fremde gesagt hatte. Das, was ihr am meisten Kopfzerbrechen bereiten sollte. Das, wofür man meinen könnte, sie hätte sich das eingebildet. Das, bei dem sie sich sicher war, er meinte es ernst. Das was sie nicht so sehr schockierte, wie die Augen Hanabusas.
Sie waren rot gewesen. Aber nicht so rot, als wäre ein Äderchen geplatzt. Nein, das Eisblau seiner Augen war völlig weg, als ob es nie da gewesen wäre. Stattdessen hatten sie so rot wie Blut geglüht.
Sie hörte, wie die Stimme im Flur verstummten. Sie sah auf und Kiryu löste sich von der Wand. Seine gesamte Körperhaltung war angespannt und sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich, als Kaname den Raum betrat. Sein Blick schweifte kurz zu ihr hinüber, um dann Kiryu anzublicken.
Momente des Schweigens vergingen, bis der Vertrauensschüler es schließlich mit knurrender Stimme brach. „Ich werde sie nicht mit einem Blutsauger alleine lassen."
Kaname wartete noch einen Augenblick, bis er scheinbar ergeben seufzte und zu Sora hinüber ging. Er murmelte noch etwas, von wegen, dass dies der richtige sagen würde, woraufhin Kiryu noch stärker anfing zu knurren. Vor ihr kniete Kaname sich hin. Sie spürte den sanften Druck seiner Hand auf ihrem Kopf. „Es tut mir Leid, Sora-chan."
Überfordert blinzelte sie ihn an. „Was denn?"
„Dass du die Wahrheit so erfahren musstest."
Sie brauchte nicht zu fragen, um welche Wahrheit es sich handelte. Sie wusste es. Sie hatte es gewusste in dem Augenblick, als sie Hanabusas rote Augen gesehen hatte. Ihre Hände krampften sich fester um die Tasse. „Was passiert jetzt?"
„Du wirst bestimmt Fragen haben und ich werde sie dir beantworten."
Stumm sah sie ihn an. Ihr Kopf war leer. Gerade eben noch waren ihre hunderte von Fragen durch den Kopf geflogen, doch nun spürte sie wieder diese Müdigkeit und wollte nur noch ins Bett. Langsam schüttelte sie ihren Kopf und Kaname verstand sie. Schon früher, als Kinder, hatte er sie stets ohne Worte verstanden.
„Das ist in Ordnung. Ruhe dich aus. Yuki steht im Flur und bringt dich ins Bett. Komm, sobald du ausgeruht bist, ins Hause Mond. Ich warte auf dich." Er stand auf, ließ seine Hand noch kurz auf ihren Kopf, bevor er sich abwandte.
„Wo ist er?", schlüpfte ihr die einzige Frage über die Lippen, die sie in diesem Moment quälte. Doch schüttelte Kaname nur den Kopf und verließ den Raum.

Nicht nur Yuki, sondern auch Kiryu begleiteten Sora schweigend in ihr Zimmer. Sie spürte die sorgenvollen Blicke der beiden auf sich, doch hatte sie keine Kraft mehr um mit einen von ihnen zu sprechen. Ehe sie sich versah, war sie eingeschlafen und zum ersten Mal seit langem träumte sie von Nichts.


Als sie am nächsten Morgen erwachte lagen Yori und Yuki noch in ihren Betten und schliefen tief und fest. Obwohl Sora so früh wach war, fühlte sie sich erholt. Ihre Gedanken vermieden bestimmte Dinge und sie ging ihrer morgendlichen Routine nach. Im Waschraum war es leer, es lagen wohl noch alle in ihren Betten und schliefen tief und fest. Der Abend war für alle lang gewesen. Sie machte sich in völliger Ruhe fertig und klebte neue Pflaster an ihre verwundeten Stellen. Sie entschied für heute noch einen Verband an den Händen zu tragen, denn die Wunden sahen tiefer aus, als sie angenommen hatte. Nachdem sie ausgiebig und in Ruhe gefrühstückt hatte, blieb sie auf der Treppe im Haus Sonne stehen. Nachdenklich blickte sie aus ein Fenster hinaus. Auf den kahlen Ästen hatte sich Schnee gesammelt. Über Nacht musste es kräftig geschneit haben, denn sie konnte auf dem Boden nichts außer der weißen Decke entdecken.
Sie konnte jetzt nicht zurück in ihr Zimmer, wie ihr bewusst wurde. Ihre Freundinnen schliefen und sie wollte sie nicht wecken. Sayori hatte ihren Verlobten kennen gelernt und der war nicht so, wie sie sich ihn vorgestellt hatten. Auch sie musste viel verarbeiten, da sollte Sora ihr nicht den Schlaf rauben. Kurzerhand entschloss sich Sora dazu raus zu gehen.
Draußen empfing sie klare, frische Luft, die sie tief in ihre Lungen sog. Sie ging auf eine Bank zu, die dank einem Vordach nicht verschneit war, und setzte sich hin. Etwas von ihr entfernt, hörte sie ein Knirschen vom Schnee und kurz darauf erblickte sie Kuro, der sich zu ihr gesellte. Er strich ihr über die Füße, bevor er auf ihren Schoss sprang und sich dort hinlegte. Als sie ihn streichelte, fing er an zu schnurren. Zum ersten Mal an diesem Tag öffnete sie bewusst ihre Gedanken an den Vorfall von gestern.
Vampir.
Hanabusa war ein Vampir. Nicht nur er, nein. Ihr war klar, dass die gesamte Nightclass Vampire sein mussten. Matsunos Gedanken, wie man in die Nightclass aufgenommen wurde, waren nicht unberechtigt. Nur würde er nie allein auf die Wahrheit kommen. Man musste ein Vampir sein. Sie hätte sich bei den Gedanken dumm vorkommen, schließlich hatte keiner von ihnen es ihr gegenüber zugegeben, aber sie war sich so sicher, wie sie sich der Tatsache bewusst war, dass die Erde die Sonne umkreiste. Waren sie alle schon als Vampire geboren oder wurden sie im Laufe ihres Lebens verwandelt? Sie hatte Kaname schon früh gekannt, da war ihr nichts der gleichen aufgefallen. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Schließlich hatte sie in den letzten Wochen einen intimen Kontakt mit einem Vampir gehabt und auch da wäre ihr das nie in den Sinn gekommen. Sie überlegte, was die Nightclass gemeinsam hatte. Sie alle sahen gut aus und strahlten eine gewisse Aura aus, als würden sie nicht dazu gehören. Als wären sie unnahbar. Sie wusste nicht ob es auf alle zutraf, aber Hanabusa und Kaname waren beide überdurchschnittlich intelligent und verfügten über Wissen, dass man als einfacher Teenager nicht haben konnte. Vielleicht stimmte das, was Hanabusa zu Matsuno gesagt hatte: dass sie Unterricht auf Universitätsniveau bekamen. Aber, wozu überhaupt? Wozu brauchten sie Bildung? Und dann auch noch direkt neben Menschen? Vampire jagten doch Menschen. Aber taten sie das wirklich? Dass sie nachts unterrichtet wurden, klang mit einem Mal ganz logisch. Es galt als allgemein bekannt, dass Vampire die Nacht bevorzugten. In der meisten Literatur verbrannten sie in der Sonne.
Sora erinnerte sich an ihr Date mit Hanabusa zurück. Sie waren im Kino gewesen und hatten einen Film gesehen, der von Vampire handelte. Danach hatte er sich darüber beschwert, dass die Vampire dort, wie eine Discokugel leuchteten. An dem Tag schien zu anfangs die Sonne und Hanabusa war weder verbrannt, noch hatte er geleuchtet. Sie versuchte sich genauer an den Tag zu erinnern. Er hatte es vermieden in die Sonne zu gucken. War das etwa ein Zeichen gewesen? Waren Vampire in Wirklichkeit einfach nur Lichtempfindlich? Das könnte sein. Sie ließ das Date noch einmal Revue passieren. Nach dem Kino waren sie in ein Café gegangen. Er hatte sich Kuchen bestellt und sie meinte, er hätte auch davon probiert. Aßen Vampire das gleiche wie Menschen? Brauchten sie die gleichen Nährstoffe wie sie oder taten sie es nur um den Schein zu waren? Sora sah auf ihre verbundenen Hände hinunter, die Kuro streichelten. Sie hatte gestern stark geblutet und danach waren Hanabusas Augen blutrot gewesen. Er musste es gerochen und danach Verlangen gespürt haben. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter, doch vermied sie es diesen zu interpretieren.
Sie musste zu Kaname um Sicherheit zu erlangen.


Er hatte gesagt, sie könne zu ihm kommen. Ob er es tatsächlich so gemeint hatte, würde sie gleich herausfinden. Es würde sie nicht wundern, wenn sie vor dem verschossenem Tor stoppen musste. Schließlich wusste er doch gar nicht, dass sie jetzt kommen würde. Vor ihr ging Kuro und er schien genau zu wissen, wo es lang ging. Na egal, dachte sich Sora und ihre Schuhe knirschten durch den Schnee. Wenn sie nicht durchkam, würde sie eben ein anderes Mal vorbei kommen.
Doch das musste sie nicht, denn sie erkannte wie eine Person vor dem Tor stand und auf jemanden zu warten schien. Im ersten Augenblick dachte sie, es wäre Hanabusa. Ihr Herz klopfte schon vor Aufregung, bis es vor Enttäuschung langsamer wurde. Er war es nicht. Ein anderer Junge mit blondem Haar stand dort. Es war derjenige der sie gestern, im Gegensatz zu allen anderen Nightclassschülern, freundlich angelächelt hatte. Sie kannte seinen Namen nicht, er dagegen den ihren schon.
„Sora-chan, Kaname-sama wartet bereits auf dich." Auch jetzt lächelte er sie freundlich an und Sora musste sich in Erinnerung rufen, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vampir sein musste. Sie zögerte, als er das Tor öffnete und hinein ging. Kuro schlüpfte an ihren Beinen vorbei und betrat das Gelände der Night Class unter dem verwunderten Blick des Jungen. Seltsamerweise gab das ihr den nötigen Mut, um es ebenfalls zu betreten.
„Nur keine Scheu, dir passiert hier nichts.", versuchte der Junge neben ihr sie zu beruhigen, schaffte aber eher das Gegenteil. So ängstlich kannte sie sich nur, wenn alle Aufmerksamkeit auf ihr lag. Aber solch eine Situation hatte sie auch noch nie zuvor erlebt. Sie wusste nicht zu was ein Vampir in der Lage war und jetzt war sie dort, wo mehrere Dutzend von ihnen lebten! Der Junge schien ihr steigerndes Unbehagen zu merken und versuchte wohl das Thema zu wechseln. „Ist dir nicht kalt? Du bist nur in einem Pullover und einer Hose unterwegs und wir haben hier Minusgrade."
Verwundert blickte sie an sich hinunter. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie keinerlei Jacke mit sich trug. Nicht einmal einen Schal. Als sie ihr Zimmer verlassen hatte, hatte sie nicht vorgehabt nach draußen zu gehen. Deswegen hatte sie es nicht dabei. Aber spätestens als sie draußen war, hätte ihr das doch auffallen müssen! Doch hatte sie nicht gefroren und auch jetzt spürte sie die Kälte nur wie einen angenehmen Hauch auf ihrer Haut. Sie zuckte mit den Schultern. Vielleicht waren das noch die Nebenwirkungen von dem Schock.
Sie hatte das Haus Mond schon oft vom Weiten gesehen, wenn sie am See war. Es sah dem von Haus Sonne von außen recht ähnlich. Doch im Inneren unterschieden sich beide stark voneinander. Eine große Treppe führte nach oben und ein elegantes Geländer war daran fest gemacht. Als er sie nach oben führte, mussten sie erst an einer Sitzgruppe vorbei. Sie fragte sich, ob Hanabusa oft dort saß. Schmerzhaft wurde ihr bewusst, dass sie kaum etwas über ihn wusste. Sie gingen einen langen Flur mit mehreren Türen entlang. Eine dieser Türen würde sie bestimmt in Hanabusas Zimmer führen. Sora war froh den Kater an ihrer Seite zu haben. Er gab ihr die nötige Sicherheit weiterzugehen. Es war still. Im ganzen Haus konnte man nur die Schritte von dem Jungen und Sora, sowie das Tapsen von Kuro hören. Waren sie alle ausgeflogen? Sogar heute morgen im Hause Sonne war es nicht völlig still, denn vereinzelt war Geflüster zu hören gewesen. Doch hier war es, als wären sie völlig allein.
Sie blieben am Ende des Flures vor einer Tür stehen. Der Junge klopfte kurz daran, bevor er sie öffnete und Sora erwartungsvoll anblickte. Hatten Vampire nicht übermenschliche Kräfte? Kaname musste doch gehört haben, wie sie den Flur entlang gingen, oder? Unsicher sah sie die Tür und dann ihn an. „Kaname-sama wartet dort drinnen auf dich."
„Okay.", hauchte sie und spürte Kuros Körper an ihren Knöcheln, bevor sie beide den Raum betraten. Der Junge schloss die Tür von außen.
Kaname stand an einem der Fenster und schien hinaus geblickt zu haben, eher er sich Sora zuwandte. Mit großen Schritten ging er auf sie zu, ehe er vor ihr stehen blieb. „Ich bin froh, dass du gekommen bist, Sora-chan. Wie geht es dir?"
Unsicher blickte sie ihn an. „Ich habe Fragen. Eine Menge Fragen."
„Setz dich." Er deutete auf ein dunkelrotes Sofa, dass in der Mitte des Raumes stand.
Zögerlich setzte sich Sora hin und deutete auf den Platz neben sich. „Mir wäre es lieber, du würdest dich auch setzten."
„Sicher."
Nachdem Kaname neben ihr saß, kam auch Kuro zu Sora und legte sich zu ihren Füßen nieder. Sie beide blickten schweigend zu dem Kater hinunter. Sie wusste nicht, wie sie es anfangen sollte. So viele Fragen schwirrten in ihrem Kopf umher, aber keine kam ihr über die Lippen. Aber auch Kaname fing nicht an zu sprechen und schien auf sie zu warten.
Als das Schweigen weiter andauerte, fing sie schließlich stotternd mit dem Thema an. „Also... Du, nein, ihr... ihr seid...", sie stoppte und blickte Kaname erwartungsvoll an. In ihren Gedanken hörte es sich schon lächerlich an, es aber auszusprechen kam ihr unmöglich vor. Doch nahm er es ihr die Last nicht ab. Er erwiderte lediglich ihren Blick abwartend. „Du weißt schon... Vampire." Es fühlte sich seltsam an es auszusprechen. Sie meinte, dass dieses Wort ihre Lippen seit Ewigkeiten nicht mehr verlassen hatten und sie fühlte eine seltsame Vertrautheit.
Kaname nickte und fing endlich an zu sprechen. „Wir leben schon seit Urzeiten neben den Menschen und die meisten von uns werden als diese geboren. Ich und die anderen Nightclassschüler leben hier auf der Academy um zu beweisen, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Vampiren durchaus möglich ist."
„Und der Rektor...?"
„Von ihm stammt die Idee. Die wenigsten Lehrer, nur welche die uns auch unterrichten, wissen davon."
„Ihr werdet also wirklich unterrichtet?"
„Natürlich lernen wir nicht die gleichen Dinge wie ihr und es läuft auch etwas anders, aber ja."
Sora nahm einen tiefen Atemzug, ehe sie weiter fragte. „Warum müsst ihr etwas beweisen?"
Kaname beugte sich vor und stützte seine Ellenbogen auf seine Knie ab. „Um uns Vampire rangen sich viele, verschiedene Legenden. In Wahrheit verbrennen wir in der Sonne nicht, wir sind ihr gegenüber lediglich empfindlich und bevorzugen die Nacht. Das Vampire Blut von Menschen trinken stimmt. Sie machen es nicht, weil es ihnen als Nahrung dient, sondern wegen der Begierde, die instinktiv in uns allen steckt."
Unruhig rutschte Sora auf dem Sofa herum als sie das hörte, doch blieb sie still und hörte aufmerksam zu.
„Es gibt Vampire die der Begierde zu weit nachgehen und Menschen leer trinken, bis diese sterben."
Sora biss sich auf die Lippe und dachte an Hanabusa. Er hatte gestern Verlangen nach ihrem Blut gespürt. „Und dann werden sie auch zu Vampiren.", sagte sie flüsternd.
„Nein."
Überrascht hörte sie auf an ihren Lippen zu knabbern und sah zu Kaname.
„Menschen verwandeln sich nur von einem Biss von Reinblütern in einen ehemals-Mensch-Vampir. Reinblüter sind selten und in ihnen fließt keinerlei menschliches Blut. Wir hier an der Cross-Academy haben ein striktes Blutsaugen-Verbot."
„Du bist ein Reinblüter.", riet sie und bekam ein Nicken als Antwort. Wahrscheinlich sprachen seine Schulkameraden wohl deswegen so respektvoll mit ihm. Sie verstand so langsam, dass die Vampire eine eigene Gesellschaft neben ihr, den Menschen, hatten.
Kaname sprach weiter. Er erklärte ihr, dass es Vampire gab die sich für etwas besseres, als es die Menschen waren, hielten. Und von den Vampirjägern. Der Mann der sie gestern angeschossen hatte, war ein Hunter. Er war schon einmal auf der Cross-Academy gewesen und hatte eine Zeit lang als Lehrer unterrichtet. Nun war er wieder gekommen und hatte Sora mit einem Vampir verwechselt.
„Und er darf dann einfach so schießen?", ihre Stimme zitterte bei der Erinnerung.
„Er hatte die Information, dass sich zur Zeit ein gefährlicher Vampir in der Gegend aufhält und da dachte er wohl, dass du es sein musst."
Eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen. „Ein gefährlicher Vampir?"
„Mach dir keine Sorgen. Wir sind auch bereits auf der Suche nach ihm und in der Academy bist du sicher."
„Okay." Auch wenn sie keinen Beweis hatte, so vertraute sie Kaname und fühlte sich sogleich wohler. „Sind deswegen Yuki und Kiryu da? Für die Sicherheit?"
„Ja. Sie achten darauf, dass Night- und Dayclassschüler nicht zu nah miteinander in Kontakt kommen, da sonst das Vampir-Geheimnis gelüftet werden kann und man nie wissen kann, ob sich einer nicht an das Blutsaugen-Verbot hält."
Wieder biss sie sich auf die Lippe. Wochenlang hatte sie einen sehr engen Kontakt zu einem Vampire gehabt und am Ende hatte Yuki davon erfahren. Sie wusste um die Gefahr und doch hatte sie nichts dagegen unternommen. Wenn das jemand erfuhr wäre Yuki in sehr großen Schwierigkeiten! Sie hatte Glück gehabt, dass Hanabusa sie niemals beißen würde und sie wiederum so blind durch die Gegend lief, als das ihr aufgefallen wäre, dass er ein Vampir war.
„Hanabusa und du", erschrocken sah Sora Kaname an, der auch sie nun wieder anblickte. „Ich wusste stets, dass ihr euch trefft. Wäre er zu weit gegangen, hätte ich eingegriffen."
Das Blut stieg in Soras Wangen. Sollte das heißen, dass Kaname sie beobachtet hatte? Wie peinlich. Auch er hatte die ganze Zeit darüber gewusst – viel länger als Yuki – und hatte nichts dagegen unternommen. Vielleicht hielt auch er nichts von dem Kontaktverbot zwischen Mensch und Vampir. „Und, was heißt das jetzt alles? Was bedeutet das für mich, dass ich das weiß?"
„Du lebst weiter wie bisher."
„Einfach so? Ich muss nichts für dieses Wissen tun?"
„Es reicht vorerst, dass du damit klar kommst."
„Und die Sache mit Hanabusa?"
„Gestern konnte er sich unter Kontrolle halten. Das beweist, dass es nun an euch beiden liegt, wie ihr weiter macht. Es ging über Wochen hinweg gut. Und ich habe dir gesagt, dass du nun jeder Zeit zu uns ins Hause Mond kommen kannst. Der Pförtner weiß Bescheid."
Hatte er? Sie versuchte sich daran zu erinnern. Ja, er hatte erwähnt, dass sie sich bald öfters sehen würden, aber dass es gleich hieß, sie könne ihn jeder Zeit besuchen, hatte sie dabei nicht herausgehört. „Dankeschön, Kaname-kun."

Sie blieb noch etwas länger bei Kaname und beide holten die letzten verlorenen Jahre nach. Es kam Sora vor, als wäre er ihr gegenüber nun viel offener, da sie nun die ganze Wahrheit wusste. Als sie aus dem Fenster blickte, war die Sonne schon wieder am untergehen. Sie hatte den ganzen Tag bei Kaname verbracht. Takuma Ichijo – der Junge, der sie hinein begleitet hatte – brachte sie zurück auf das allgemeine Schulgelände. Als sie im Flur an den Türen vorbei ging hoffte sie Hanabusa zu begegnen, doch leider kam es nicht dazu.

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Der rote Schimmer - Vampire KnightWhere stories live. Discover now