Feelings suck

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Viele Leute sagen sowas wie 'Ach das hat doch jeder mal' oder 'Das ist doch ganz normal' wenn man versucht zu erklären, dass es einem wirklich richtig beschissen geht.

Deshalb merken manche Menschen auch nicht, wenn jemand suicidal oder depressiv ist.

Am Anfang habe ich noch Trauer, Einsamkeit und Wut empfunden, die ich durch die Selbstverletzung fürs erste neutralisieren konnte. Irgendwann habe ich mich nur noch leer gefühlt. Abends saß ich in meinem Bett, dachte mal wieder nach und fühlte mich einfach nur benommen.

Ich dachte einfach nur nach und fühlte dabei nichts. Manchmal aber auch einfach nur Selbsthass. Dafür, dass ich dachte ich wäre schwach, dafür dass ich mir selber wehtat, obwohl ich keinen richtigen Grund hatte und mein Leben in manchen Situationen gar nicht mal so schlecht schien.

Und in anderen Momenten wollte ich einfach nur noch verschwinden. Nicht mehr da sein. Das war, was ich mir wünschte, eigentlich die ganze Zeit. Nur um diesen Schmerz und Hass nicht mehr ertragen zu müssen. Diese Lügen, es ginge mir gut. Um den ganzen Problemen zu entgehen, die auf mich zukamen.

Wenn man einmal angefangen hat, Gedanken über sich selbst zu haben, die einen so stark runtermachen, ist es schwer sich wieder vom Gegenteil zu überzeugen. Es ist, als würde man immer tiefer in diese Gefühle sinken, von Hass, Schuld, Wut, Trauer und Einsamkeit.

Keiner kann so richtig nachvollziehen, was in einem vorgeht und erklären kann man es auch nicht richtig. Man ist einfach von sich selber enttäuscht.

Wenn ich Nachts in meinem Bett lag, weinte und Panikattacken bekam, sodass ich anfing zu zittern, war es meistens, weil ich mir Dinge einredete. Ich redete mir ein, dass ich nichts wert war und zu nichts gut war. Dass ich nur Probleme machte und einfach nur zu schwach war, um diesem Drang, mich selbst dafür bestrafen zu müssen, widerstehen zu können.

Jedes mal wenn ich meinen Körper ansah und die Schnitte und Wunden sah, erinnerte es mich an das, was ich glaubte zu verdienen. Es sah schrecklich aus, schmerzhaft und einfach nur gebrochen. Auf der anderen Seite gefiel es mir. Es zeigte mir, wie lächerlich ich eigentlich war. Dass die ganze Situation nichts Ernstes wäre und ich mich reinsteigere.

Irgendwann weinte ich nicht mehr, das Selbstverletzen war einfach nur noch Routine. Ich schraubte Schrauben aus Spitzern und entfernte die Klingen, um sie zu benutzen. Ich verletzte mich an meinen Oberschenkeln, meinem Bauch, meinen Hüftknochen und meinen Armen.

Wenn Leute die Wunden sahen, ignorierten sie sie. Das bestärkte mich darin, zu glauben, dass ich nichts wert war und allen egal war. Es interessierte mich nicht wirklich, dass man mich nicht drauf ansprach, dafür war ich den Leuten sogar dankbar.

Ich wünschte mir manchmal, dass ich einfach einen Unfall haben würde und sterben würde. Ich fand mich so abscheulich, dass ich mir etwas wünschte, das manchen widerfuhr, die es gar nicht wollten oder verdienten. Auch wenn ich dankbar hätte sein sollen, für das was ich hatte, hätte ich mein Leben lieber jemandem anderen geschenkt. Ich dachte ich verdiente es nicht zu leben, da ich es sowieso am liebsten weggegschmissen hätte. Manchmal wünschte ich mir sogar, dass ich keine Freunde haben würde, damit ich einfach nur alleine sein und nachdenken konnte. Um nicht mit anderen Leuten reden zu müsssen.

Ich hielt es sogar manchmal ein oder zwei Tage aus mich nicht zu verletzen und als ich dachte, dass ich es geschafft hätte, holten mich meine Gedanken wieder ein und ich tat es wieder. Es war ein Kreislauf. Bei jedem Rückfall wurde es schlimmer und ich machte mir mehr Vorwürfe, dass ich zu schwach wäre, um es zu schaffen.

Irgendwann gab ich auf. Versuchte es nicht mal mehr. Ich gab mich der Dunkelheit einfach hin und ließ mich ohne Wehr in das schwarze Loch der negativen Gefühle ziehen. Ich wollte nicht mehr, dass es mir besser ging. Das war der Tiefpunkt, wo ich wirklich einfach nur noch sterben wollte.

Ich wollte weg. Weg von dem Chaos, welches ich in mir selber anrichtete. Ich zerstörte mich selber und war so unglaublich enttäuscht von mir selbst, dass ich mich einfach nur noch abgrundtief hasste. Ich war nur noch mein eigener Feind und eine einzige Blockade, die mich daran hinderte, wieder glücklich zu sein.

Ich suchte nach Pillen, die mich einfach nur noch schmerzlos umbringen würden. Ich wollte nicht noch mehr Schmerz ertragen müssen.

Und dann dachte ich an meine Familie. Meine Mutter und mein Bruder. Sie waren die einzigen Personen, die ich von ganzen Herzen liebte und ich wusste, dass es genau so andersrum war. Mein Vater hat meine Familie zerstört, indem er meine Mutter betrogen hat. Von ihm erwartet ich daher sowieso nichts und ehrlich gesagt, interessiert er mich auch nicht richtig. Vielleicht würde es seine Strafe sein, wenn ich mich umbringen würde, dachte ich.

Das war ein Grund, wieso ich so wütend auf mich selber war. Ich wusste, dass es Menschen gab, denen ich wichtig war und trotzdem fing mich immer wieder dieser Gedanke wertlos zu sein.

Ich konnte sie nicht einfach so der Trauer überlassen und sie das fühlen lassen, was ich fühlte. Das wollte ich ihnen nicht antun. Also verletzte ich mich weiter und ließ meinen Frust an mir selber aus.

Es war eine Methode, um meinen Stress zu regulieren. Ich fing an mich zu verletzen, weil mir alles zu viel wurde und wenn ich sehr gestresst war, nutzte ich dies, um wieder runter zu kommen. Es wurde zur Gewohnheit, fast schon zu einem Drang.

Ich dachte darüber nach, wie es sein würde in der Zukunft, ich war so gebrochen, dass ich mir nicht mal vorstellen konnte, dass ich noch da sein würde, wenn ich die Schule abschließen würde.

Diese Gefühle, die man hat, sind schwer zu verstehen und es ist verdammt hart, da raus zu kommen. Man fühlt sich leer und einfach unverstanden. Den Hass, den man gegenüber sich selber fühlt, ist so stark, dass man sich am liebsten einfach nur noch bestrafen möchte, mit selbstverletzen und sich Schmerzen hinzufügen möchte und einfach nur noch sterben will. Man fängt an, sich Dinge einzubilden und einzureden. Man wird unsicher und verliert das Selbstbewusstsein.

Man verliert sich ganz einfach selber.

Suicide is not an optionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt