Die Bitte meiner Freundin

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Es ist Montagnachmittag. 16:30 Uhr - Feierabend. Gerade sammle mein Schwester ein, die in der selben Unternehmen wie ich arbeitet. Ich muss ich in die Stadt - etwas umtauschen.  Also haben wir uns dazu entschlossen aus der Umtauschaktion einen Shopping-Trip nach Dortmund zu machen. Wie immer hören wir laut Musik auf der Fahrt als plötzlich mein Handy klingelt. 

>Hallo...? < sage ich nichtsahnend, weil ich nicht auf meinen Bildschirm blicke.
>Goedendag!< Es ist Jenny, meine Freundin, von der ich gefühlt eine halbe Ewigkeit nichts gehört habe.
>Du lebst und du hast mich scheinbar doch noch nicht vergessen.< Sage ich zynisch.
>Och Phie...du weißt ich habe so viel zu tun. Ich lebe mehr im Hotel als in meinem eigenen Haus. Die Firma meiner Eltern gehört nun mir und mit ihr tauchen 1.000 Probleme auf. Gestern ist einer unserer größten Drucker kaputt gegangen. Es ist so schwierig das mit meiner Firma unter einen Hut zu bekommen. Aber bevor ich meinen Eltern jemand Fremdes in "ihre" Firma setze, die sie doch jahrelang mit Schweiß und Blut aufgebaut haben, zerteile ich mich eben. Zumindest so gut es geht.< Man hört ihr die Verzweiflung förmlich an. Arme Jenny ich möchte nicht in ihrer Haut stecken.

Jenny, ist 34. Ich kenne sie schon seit zehn Jahren. Sie ist meine beste Freundin aber seit sie quasi zwei sehr gut laufende Firmen besitzt, ist sie für mich immer seltener greifbar. Jenny ist seit neun Jahren sehr erfolgreich selbständig mit einer Event-Management Firma in Dortmund. Sie hat schon sehr große Events und Konzerte betreut und hat oft mit wichtigen und bekannten Leuten zu tun. Abgehoben ist sie aber nie. Das bewundere ich. Mit 30 hat sie sich ihr eigenes Haus gebaut. Ein Palast für meinen Geschmack. Aber sie hofft ja immer, dass vielleicht eines Tages ihr Traumprinz einzieht und sie dann schon mal genügend Platz für Kinder hat. Seit etwas über zehn Monaten hat sie die Firma ihrer Eltern übernommen. Eine Werbeagentur mit eigener Druckerei in Amsterdam. Eigentlich eine gute Ergänzung zu ihrem Event-Management aber unglaublich zeitraubend.

>...also was ich eigentlich von dir wollte. Ich brauche dringend deine Hilfe und zwar heute noch. Ich muss dich um einen Gefallen bitten. Es ist wirklich wichtig, sonst würde ich dich nicht so überfallen.< Schon wieder Verzweiflung in ihrer Stimme. Das kenne ich nicht. Jenny ist oft überfordert mit den Firmen aber normalerweise würde sie sich das nie anmerken lassen.
>Ja...?< Sage ich fragend und sehe unseren Shopping-Trip schon dahin schmelzen.
>Was machst du heute?..<
>Marie und ich sind gerade auf...< Und ehe ich ihr von unserem geplanten Shopping-Trip erzählen kann, fällt Sie mir ins Wort.
>Pass auf ich hänge am Flughafen in Amsterdam fest, hier ist so ein scheiß Sturm und mein Flieger geht nicht los. Ich könnte ausrasten aber das bringt mich hier leider auch nicht weg. Also...Ich muss heute noch jemandem einen Vertrag bringen. Das muss heute sein, weil das Event schon nächste Woche stattfindet.<
>Und das soll ich jetzt übernehmen?< frage ich in voller Gewissheit, dass das nicht alles ist.
>Das ist aber nicht alles.< Ich sage nichts...Wusste ich's doch
>Also. Ich habe eine Ausschreibung gewonnen von einem Radio-Sender. Die haben jemanden gesucht, der ein Event organisiert und plant. Es soll nächsten Samstag ein Benefiz-Konzert in München geben. Die Künstler wurden vom Radiosender ausgewählt, die haben auch alle zugesagt. Aber Zusagen reicht in unserem Business nun mal nicht. Jede Zusage muss vertraglich festgehalten werden. Das ist jetzt eine meiner Aufgaben. Der letzte, der mir noch fehlt ist "NoArrest". Der tritt heute in Dortmund in der Westfalenhalle auf. Also alles was du tun musst, ist dahin zu fahren und ihn den Vertrag unterzeichnen lassen. Oder eben sein Management, das spielt keine Rolle.Eigentlich ganz einfach.< Ganz einfach? Ich komme gerade aus dem Büro und sehe aus wie eine Spießerin....
>Und da spazier' ich einfach hin und lass ihn da mal eben unterschreiben? Also ich meine ich kenne diesen.... "NoWas" nicht aber, wenn er bekannt ist, dann kann ich da doch nicht so einfach hingehen?!<

Jenny erklärte mir dann, dass "NoArrest" einer bekanntesten Rapper der Republik sei und sie bereits mehrmals mit ihm und seinem Management Kontakt hatte und, "dass er ganz bodenständig rüberkomme". 

>Das einzige Problem, dass es aktuell noch gibt, ist, dass du keinen Zugangsausweis hast. Weil ich da natürlich eingetragen wurde. Aber ich rufe da jetzt an und kläre das. Deinen Personalausweis hast du ja hoffentlich dabei.<

Nichtsahnend, was da auf mich zukommt stimme ich zu. Natürlich stimme ich zu, sie ist meine beste Freundin und wenn ich in der Klemme stecke hilft sie mir auch raus. Marie, meine Schwester, ist nicht begeistert, dass unser Shopping-Trip gerade abgesagt wurde aber das nehme ich in Kauf. Also drehen wir um, fahren zu Jenny's Haus und holen den Vertrag ab, den sie schon abholbereit auf ihrem Schreibtisch liegen hatte.
Als Jenny uns dann noch per Whatsapp mitteilte, dass es eventuell möglich sei nach der Vertragsunterzeichnung noch auf das Konzert zu gehen, ist selbst Marie wieder zufrieden gestellt.

>Hast du alles?< Es ist Jenny, die mich jetzt gefühlt das 10. mal anrief. Ihre Stimme klingt nervös. Natürlich ist sie das, schließlich geht es für sie um was, wenn man bei so großen Events unter Beweis stellt, das man ein Organisationstalent ist, warten zahlreiche Nachbuchungen. Ich werde sie nicht enttäuschen. Kann ja schließlich nicht so schwer sein. Mein Job fordert mich sicher manchmal mehr heraus.
>
Vertrag, Personalausweis, einen Kugelschreiber. Was ich jetzt noch brauche ist deinen Zugangsausweis und dein Parkticket. Das kannst du mir ja bei Whatsapp schicken.< 
>Genau. Das sende ich dir gleich. Sobald die Dame am Empfang - Frau... Kenter übrigens - mir das abgeändert zugeschickt hat. Melde dich bei ihr sie weiß bescheid, wenn irgendetwas nicht klappt mit dem Ausweis.< 
>Jenny, jetzt beruhig' dich mal. Ich mache das, versprochen. Heute Abend hast du den Vertrag unterschrieben auf deinem Tisch liegen.<

Ich bin inzwischen schon fast da. Auch in mir hatte sich mittlerweile Nervosität breitgemacht.
Eigentlich ist der Gefallen ja ganz einfach. Rein gehen. Vertrag unterschreiben lassen. Rausgehen. Fertig. Wenn da nicht mein spießiger Bürolook wäre. Was denkt der bloß von mir. Stehe mit weißem Blüs'chen und Bleistiftrock vor einem Gangsterrapper.. na bravo. 

Ich arbeite seit 3 Jahren als Assistentin des Geschäftsführers in einem mittelständischen Industrieunternehmen, in dem ich auch gelernt habe. Der Job erfüllt mich. Es gibt ständig neue Dinge zu tun. Der Chef ist nett und kann sich seinen Kaffee auch ganz gut mal selbst kochen. Es ist eben nicht der typische "Ich-schnibbel-den-ganzen-Tag-Äpfelchen-koche-Kaffee-und-mache-nebenbei-ein-paar-Kopien-Job". Nein in Wirklichkeit betreue ich den Import von Handelswaren aus aller Welt, setze Schreiben im Namen des Chefs auf und organisiere sämtliche Kunden- und Mitarbeiter-Veranstaltungen für ihn.

Ich schweife in Gedanken als meine Schwester mich anschreit. 
> Sophie! Du hättest da abbiegen müssen. Wir müssen in P1.< Scheiße.

Meine Schwester hatte indes nach "NoArrest" gegoogelt und seine Lieder über Bluetooth laufen lassen. Ich musste mir ja eingestehen, dass das was ich da hörte gar nicht schlecht klang. 
Die Bilder, die meine Schwester mir unter die Nase hielt, erkannte ich nur verschwommen, weil ich mich auf das Autofahren konzentrieren musste. Aber tätowiert und muskulös war er, dass hatte ich unschwer erkennen können.

Ich wendete bei der nächsten Gelegenheit und versuchte meiner Schwester klar zu machen, dass ich lediglich den kürzeren Weg nehmen wollte. Natürlich war das nicht wahr, aber ich hasste es, wenn sie recht hatte. Und ich war ohnehin schon so aufgeregt.

Da standen wir nun. In dieser riesengroßen Tiefgarage. Auf einem Vip-Parkplatz - natürlich wie sollte es auch anders sein. Meine Schwester beschloss kurzerhand im Auto zu warten, weil es peinlich wäre gleich zu zweit da aufzutauchen. Ja, irgendwie richtig. Sieht immer so aus als könnte man sowas nicht alleine regeln.

Was wohl dadrinnen auf mich zukommt? Klappt das mit dem Zugangsausweis Würde ich ihn persönlich treffen?


Nur ein GefallenWhere stories live. Discover now