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Entgegen meinem Willen beschließt mein Wecker, dass ich genug Schlaf für diese Nacht abbekommen habe. Er bimmelt unentwegt, weswegen ich tastend nach meinem Handy suche, damit dieser nervtötende Klang endlich aufhört.

» Es ist zu früh « murre ich, anscheinend zu mir selbst und meinem Wecker. Schützend lege ich meinen Arm über mein Gesicht. Warum ist es so hell? Ich habe doch ein Zimmer mit Fenster in Richtung Norden... ach ne. Langsam erkenne ich die Situation wieder. Ich befinde mich in einem Wirr-Warr aus um mich verschlungenen Decken und quer liegenden Kissen auf dem Fußboden. Irgendwie schaffe ich es, mich aufzurichten und fühle mich gleich mehr wie ein Zombie. Meine motorischen Fähigkeiten sind anscheinend durch den Schlafmangel auf die eines Greis runter gestuft worden und mein Rücken hat anscheinend den Plan mich langsam und qualvoll sterben zu lassen. Zu der schlechten Laune gesellen sich jetzt auch noch melodramatische Gedanken. Große Klasse.

Aber ich bin ja selbst schuld daran. Wenn man wie eine Bekloppte gegen Mitternacht durch den Wald stapft und dementsprechend auch nur fünf Stunden schlafen kann, dann kann das ja nur in einem blöden Montag enden. Ach du Schreck, Montag! Mit einem Mal fällt mir ein, dass ich mich leider nicht mehr zurück in die Kissen schmeißen kann, denn ich muss aufstehen und zur Schule.

Schnell trample ich nach unten und treffe dort auf Dad. Mit einem Kaffee in der Hand und einem Stift hinter dem Ohr sitzt er stirnrunzelnd vor einem Chaos aus Papier.

» Guten Morgen « begrüße ich ihn und gebe ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. Er schaut auf und lächelt.

» Guten Morgen, Leni. Na, gut geschlafen? « fragt er, während ich in den Schränken nach der Cornflakespackung suche, die mir gestern in die Hände gefallen ist. Ein Schmunzeln schleicht sich in mein Gesicht. Mein Dad ist der einzige, der mich so nennt, da ich von Spitznamen in der Regel nicht so begeistert bin und jeder einen 1A Killerblick kassiert, wenn er mich so nennt. Doch Dad ist eine Ausnahme und wie heißt es so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich glaube, es ist ihm nie richtig aufgefallen, dass ich den Namen gar nicht mag, doch irgendwie freue ich mich trotzdem, wenn er mich so nennt. Absurd, ich weiß. Nach ein paar Sekunden sitze ich ihm gegenüber und schiebe mir den ersten Löffel in den Mund.

» Na geht so. Mir fehlt meine Matratze. Und was passiert bei dir so? « frage ich ihn und deute auf die Zettelwirtschaft. Ich bin nur kurz angebunden, da ich mir Löffel um Löffel in den Mund schiebe. Außerdem bin ich morgens eigentlich nie so gesprächig, aber ich versuche meinen Dad bei guter Laune zu behalten. Auch wenn das heißt, dass ich mich unterhalten muss.

» Ach das hier? Ich arbeite an einem neuen Buch und sortiere gerade meine angefangenen Notizen. Wenn ich nur wüsste wo mein Stift ist « erklärt er und schiebt das Chaos von links nach rechts.

» Hinter deinem Ohr « sage ich, nachdem ich hinter gekaut habe. Seine Finger tasten zum Stift und sein Gesicht erhellt sich. Schon beginnt er, weiter eifrig Notizen zu machen; hier und da wird noch etwas ergänzt. Ich schaue auf die Uhr und rechne im Kopf kurz nach.

» Kannst du mich heute bitte zur Schule fahren? Sonst komme ich glaube zu spät « meine ich und lasse ihn kurz aus seinen Papierkram aufsehen. Großartig würde es mich auch nicht stören, nur wäre der erste Eindruck für'n Arsch. Aber wozu eigentlich die Mühe? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dann gleich beim zweiten Eindruck alles versaue. Irgendwie schaffe ich es immer, das Falsche zu sagen und Menschen dann eben auf meine charmante Art und Weise zu vergraulen. Mir lag noch nie dieses: „Hallo-schön-dich-kennenzulernen-wollen-wir-Freunde-sein-und-uns-die-Haare-flechten?", da ich Smalltalk und Oberflächlichkeit hasse. Das alles ist doch nur verschwendete Energie und ich habe keine Lust sie an verlogene Menschen aufzubrauchen. Deswegen bin ich auch Typ Einzelgänger. Einfaches Prinzip: stör mich nicht, dann wirst du mich gar nicht wahrnehmen.

Just the moon, you and meWhere stories live. Discover now