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,,Hanna, willst du nicht langsam mal aufstehen?" Meine Mutter riss mich aus meinem Schlaf. ,,Wieso?" Ich hatte keine Ahnung, warum ich jetzt aufstehen sollte. Mein Wecker hatte noch nichtmal geklingelt. ,,Warum? Weil es schon 7 ist!?" Plötzlich riss ich meine Augen auf und sprang aus dem Bett. ,,Oh shit!" Besserwisserisch schaute meine Mutter mir hinterher. ,,Ach wirklich?"

Ich sprintete zu meinem Schrank, der sich auf dem Flur befand. Schnell zog ich mir eine x-beliebige Jeans und ein schlichtes weißes Shirt mit einem Karo-Hemd darüber an. Das Hemd lies ich offen. Mein Weg führte mich weiter in das Bad. Ich griff zu meiner Zahnbürste und der Zahnpasta. Und natürlich -wie sollte es auch anders sein, wenn ich es eilig hatte- war diese leer. Geil... Jetzt hatte ich nicht nur ziemlich wenig Zeit bis ich zum Bus musste, sondern auch noch eine Laune, die war, wie bei Oma unterm' Rock. Schnell kramte ich eine andere Zahnpasta raus, um mir endlich die Zähne zu putzen.

Als nächstes ging ich in die Küche, in der ich mir die Brotdose vom Tisch nahm, die meine Mutter wohl schon fertig gemacht hatte, und packte sie ein. Es sollte der letzte Blick in den Spiegel werden, als ich jedoch bemerkte, dass ich meine Haare noch gar nicht gekemmt hatte.
Fuck! Ich hatte noch 5 Minuten. Wahnsinn, wie schnell die Zeit manchmal verging.

Ich sprintete also wieder nach oben in mein Zimmer und schnappte mir meine Bürste. Verzweifelt versuchte ich das Vogelnest auf meinem Kopf zu bändigen. Fertig! Ich nickte meinem Spiegelbild einmal zu. Die Haare -ja, ich hatte nur wegen meiner Haare riskiert, den Bus zu verpassen- hatte ich mir zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen gebunden. Es war 7:19 Uhr und ich war fertig. Wow, sogar eine Minute früher!

Begeistert von meiner Rekordzeit setzte ich mich in Bewegung in Richtung Bushaltestelle. Um zwanzig nach traf ich dort ein. Erneut suchte ich nach meinen Kopfhörern. Wenn ich die jetzt vergessen habe, dann ist mein Tag gelaufen. Just in dem Moment, in dem ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, erfühlte ich meine Kopfhörer. Ich atmete erleichtert auf. Der Bus fuhr vor und ich holte meine Busfahrkarte aus der Jackentasche.

Ich setzte mich auf einen der freien Plätze und drehte die Musik noch etwas lauter. Wie kann man um diese Uhrzeit bitte schon so leit sein? Ich hasse Kinder. Ne, nicht nur Kinder sondern Menschen im Allgemeinen.

An der Schule angekommen, tat ich eigentlich genau das, was ich am Tag zuvor getan hatte. Mit einer Ausnahme; Emma war heute schon früher als ich da. Wir setzten uns an den Tisch vor der Klasse und redeten.

,,Es ist schon 49! Jetzt aber los!" Ich schnappte mir meine Tasche und ging ein Stockwerk höher zu Philo. Emma trottete mir hinter her.

,,Sag mal Hanna, wie schaffst du es eigentlich so motiviert zu sein?" Lachte sie, als wir in dem Raum ankamen und uns setzten. ,,Ich bin nicht motiviert, aber irgendwie vergeht die Zeit dann schneller." Erklärte ich ihr lachend. ,,Gar nicht mal so doof. Ich denk da mal weiter drüber nach." Ich hörte die Türklinke. Oh neee! Kann er nicht einmal krank sein? Es schien, als hätte Emma meine Gedanken gelesen. ,,Ich wünschte auch, dass er wenigstens einmal krank wäre!"

Das klingt jetzt vielleicht übertrieben, aber wir hatten halt nicht so richtig Lust auf Philo. Und wenn wir ehrlich sind, hat sich das doch auch jeder schon mal gewünscht oder?

,,Guten Morgen." Der Philosphie-Kurs murmelte etwas vor sich her.  Der Unterricht ging schleppend voran. Nach einer halben Ewigkeit schaute ich auf die Uhr. Endlich ist es 10 vor!  Ich wollte gerade aufspringen, als mein Lehrer mich mahnend an sah. ,,Der Lehrer beendet den Unterricht!" Ich verdrehte die Augen. ,,Und warum haben wir dann eine Klingel?" Murmelte ich in einer Lautstärke, dass man meine Worte durchaus hören konnte. ,,Bitte?" Entsetzt sah mein Lehrer mich erneut an. Er wandte sich wieder dem Kurs zu. ,,So ihr dürft gehen, alle außer -sein  Blick fiel auf mich-" Oh neee, wegen so einem Kleinkram bekomme ich jetzt ein Gespräch? Ernsthaft!?  Es kostete mich fiel Kraft, nicht ein lautes Schnauben von mir zu geben. ,,Viel Glück in der Hölle!" Bekam ich von Emma im Vorbeigehen zugeflüstert. ,,Danke, kann ich gebrauchen." Knurrte ich.

Als alle aus dem Raum waren, kam mein Lehrer auf mich zu. ,,Hanna, was ist los mit dir? Heute bist du nur negativ aufgefallen." Der soll sich mal nicht wegen ein paar Gesprächen mit Emma aufregen. ,,Sonst bist du doch immer so ambitioniert dabei." Ich zuckte nur mit den Schultern als Antwort. Er kam einen Schritt auf mich zu und ich machte aus Reflex ebenfalls einen in die gleiche Richtung. Jetzt wird es weird... Er ließ sich gar nicht von meinem Schritt nach hinten beirren und machte noch einen Schritt auf mich zu. Ich wollte ebenfalls nach hinten, stieß dabei aber an den Tisch. FUCK! Wie in Zeitlupe hob er seine Hand und legte sie an meine Wange. STOOOOP! Voller Panik stieß ich den Tisch hinter mir um, nutze aus, dass mein Lehrer abgelenkt war und rannte aus dem Kursraum.

Ich knallte die Tür hinter mir zu und wollte gerade wieder eine Etage tiefer sprinten, als mir die so ziemlich strengste Lehrerin entgegen kam. ,,Was soll das? Mitkommen!" Oh hell no!  Das hieß nichts gutes.  Entgegen ihres Willen rannte ich einfach weiter. Nun nicht mehr zu meiner Klasse, sondern auf eine andere Tür zu. Ich riss sie auf und drückte diese hinter mir wieder zu. Ohne drauf zu achten, ob jemand in diesem Raum war, setzte ich mich vor die Tür und fing an zu heulen. Es hämmerte an der Tür und draußen zog irgendwer einen Stuhl weg. Ich ignorierte alles und ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich schluchzte einmal laut, nun konnte ich für nichts mehr garantieren. Eigentlich dachte ich, dass ich nie wieder aufhören würde zu heulen, aber als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte, erschrak ich. ,,Was ist denn mit dir passiert?" Hörte ich die Stimme meiner Klassenlehrerin. Oh nein...Bin ich etwa in das Zimmer der Vertrauenslehrer gerannt?  Statt zu antworten, schluchzte ich laut. Ich konnte nicht anders und umarmte sie.

Hatte ich vorhin gesagt, dass ich nie wieder aufhören würde zu heulen? Das war ja Garnichts im Gegensatz zu jetzt! Erneut hämmerte es an die Tür. ,,Junge Dame, würdest du jetzt bitte daraus kommen? Erst mit den Türen schmeißen und sich jetzt verstecken? So geht es nicht!" Meine Lehrerin löste sich aus meinen Armen und bat mich, mich ein Stück von der Tür wegzusetzen. Als sie diese aufmachte, wollte die empörte Frau vor der Tür zu einer Standpauke ansetzten, doch meine Lehrerin schnitt ihr das Wort ab. ,,Ich werde mich darum kümmern." Sie schloss die Tür wieder.


,,Und nun zu dir, was ist passiert?" Mittlerweile hatte ich mich etwas beruhigt, dennoch brachte ich  keinen ganzen Satz heraus. ,,Philo...Lehrer...küssen.." Sie zog die Augenbrauen hoch, sie hatte offensichtlich verstanden. ,,Wollte dein Philolehrer dich küssen?" Ich nickte nur, um nicht gleich erneut in Tränen auszubrechen. Sie reichte mir ein Taschentuch für die Tränen, ich nahm es ihr ab und wollte sie dankend ansehen. Vielleicht war das ein Ticken zu lang. Diese wunderschönen Augen waren so voller Mitleid mir gegenüber, dass ich gar nicht mehr wegsehen wollte und konnte.

,,Darf ich Sie was fragen?" Brachte ich zwischen zwei Schluchzern hervor. ,,Immer raus damit!"-,,Darf ich Sie umarmen?"-,,Hast du vorhin sowieso schon." Schmunzelte sie. Warte! Ich hab sie Umarmt? Wo war ich da mit meinen Gedanken!?  Am liebsten hätte ich mir mit der flachen Hand an die Stirn geschlagen. Meine Lehrerin schien zu bemerken, was ich gedacht hatte. ,,Ist nicht so schlimm. Dafür bin ich als Vertrauenslehrerin in gewisser Weise ja auch da." Also streckte ich meine Arme nach ihr aus und legte meinen Kopf auf ihre Schulter. ,,Danke." Es tat gut, jemanden zu haben, der das hier gerade verstand und einfach da war. ,,Bitte." Als sie dann jedoch meine Umarmung erwiderte, schlug mein Herz höher und ich hoffte, dass sie das nicht spürte.

,,Du hast jetzt Unterricht." Sagte sie, während sie sich aus der Umarmung löste. ,,Ich kann nicht." Eigentlich wollte ich gar nicht wissen, wie ich aussah. Und wie ich mich kannte, war ich in den letzten zwanzig Minuten nicht unbedingt schöner geworden. ,,Dann melde ich dich ab. Was habt ihr jetzt?"-,,Mathe." Sie ging in Richtung Tür. ,,Ich bin gleich wieder da." Ich nickte, obwohl das komplett irrelevant war, weil sie es ja eh nicht mehr sah.



Terrible LoveWhere stories live. Discover now