5; Milan

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Die getönte Scheibe in der Tür zur Damentoilette zeigt eine verzerrte Hand, sodass ich denke, jemand anderes würde die Tür von Innen öffnen. Erst nach einer kurzen Pause realisiere ich, dass es bloß die Spiegelung meines eigenen Arms ist.
,,Mach mal schneller. Sonst sind dir Regeln doch auch egal!", fährt mich Jule an. Sie stützt Natia, die etwas zu tief ins Glas geguckt hat, solange ich die Tür öffne und das Mädchen daher nicht mehr tragen kann. Bei Natia schlägt Alkohol immer viel schneller an, was allein schon an ihrer Figur liegt, doch sie wollte ja nicht aussetzen, als wir Shots getrunken haben.
,,Geb sie wieder her.", ich habe einen Fuß in den Spalt gestellt. Natia ist leicht wie eine Feder, geht es mir durch den Kopf, als ich ihren Körper an meine Brust drücke. Geschickt bugsiere ich uns nun hinein.
Ich weiß nicht, ob ich überrascht sein soll, dass dieser grau geflieste Raum genau meiner Erwartung entspricht. Nur der Automat mit Tampons und Schmerztabletten und die größere Kabinenanzahl unterscheidet ihn von der Männertoilette.
Weiter kann ich mich nicht auf die Suche nach Gemeinsamkeiten machen, da ich über etwas stolpere und mit Natia in meinem Arm in eine Kabine falle, da diese grüne Tür eben offen war.
,,Hoppala.", kommentiere ich die Bruchlandung. Es hat mich buchstäblich in die Knie gezwungen, da ich bemüht bin, Natia möglichst ruhig zu halten. Ihrer Übelkeit würden ruckartige Erschütterungen sicher nicht gut tun. Ich halte inne, um mich zu sammeln. Von Jule höre ich in der Zeit keinen Ton.
,,Jule alles okay bei dir?"
,,Komm mal her.", ertönt ihre gehauchte Antwort.

spiegelschönWhere stories live. Discover now