McKeen

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Das McKeen irgendwie nicht ganz normal war, wusste jeder hier an der Schule.
Er war der Psycho, der Kranke, der Irre und vom heutigen Tag an war er auch der, der den Tod einer Schülerin seiner Klasse zu verantworten hatte.
Der 14-Jährige, der jetzt in der Klapse saß.
Hinter Gittern, wahrscheinlich mit Zwangsjacke.
Und so weiter und so weiter.
Natürlich hatte jemand wie er sich immer irgendwelche Sprüche anhören müssen, aber es schien nie, als hätte er sie sich zu Herzen, beziehungsweise überhaupt wahr genommen.
Die seltsamen Dinge, die er tat waren zwar nie vorhersehbar gewesen und niemand hatte sich noch gewundert, wenn er wieder einmal etwas Bizarres, wie ein Glas voller blanker Vogelschädel aus dem Rucksack kramte, um es die Mathestunde über bloß stumm zu betrachten, aber dass er ein gezielter Messerwerfer war, hatte kein Einziger kommen sehen.
Vor allem nicht die hübsche Fiona, die von jedem gemocht wurde, gerade den Jungs, die in den Pausen auf der Toilette über sie schwärmten.

Es passierte ganz plötzlich im Chemieunterricht.
Wir saßen alle - so gut wie alle - mit gesenkten Köpfen über unseren Testblättern, im Versuch zu überspielen, dass wir keine Ahnung hatten, was zu tun war.
Fiona war nicht nur hübsch sondern auch schlau und sie erhob sich nach Hälfte der gegebenen Zeit, gab ihren Test jedoch niemals ab, denn nur Sekunden später, vielleicht sogar Millisekunden später, steckte ein kurzes Silbermesser, dem Anschein nach ein Taschenmesser, in ihrer Stirn.
Das Zischen der Luft hatte niemand wahrgenommen.
Fiona schrie eine ganze Weile wie am Spieß.
Ihr Blut spritzte in die Höhe, wie eine Wasserfontäne.
Ihre Freundinnen stimmten in ihr Kreischen mit ein und schlugen sich auf ihren Plätzen die Hände vor den Mund.
Es war faszinierend zu beobachten, wie Fiona erst zu schreien stoppte, als sie in sich zusammenfiel.
Und die Jungs in den hinteren Reihen, die Jungs, die so gern darüber fantasiert hatten, wie es sei, sie wohl anzufassen, ergriffen ihre Chance nicht, sie stürmten aus dem Raum und ließen sogar ihre Taschen zurück.
Taschen voller Geheimnisse.

Als der Notarzt kam, war Fiona schon tot und ihr Gesicht blass und ihr Körper kalt.
Und als die Polizei kam hatte McKeen schon zu mir gesagt »Sie wollte nach ihrem Tod verbrannt werden.«, mich angegrinst und war zwischen zwei Beamten aus der Tür gegangen.
Mir war ein Rätsel, woher die Polizisten gewusst hatten, dass er der Schuldige war.
Aber sie hatten Recht.
Genauso wie McKeen Recht hatte.
Fiona wurde verbrannt und McKeen nicht mehr gesehen.

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Everything and NothingWhere stories live. Discover now